Hier finden Sie alle Texte der Rubrik „MUT MACHEN“, die von März 2020 bis März 2022 auf der Homepage unserer Kirchengemeinde veröffentlicht wurden. Die ersten Texte sind unten, die neuesten oben.


16. März 2022 MUT MACHEN 145

Betet für die Ukraine

Liebe Gemeinde, der Jesus im Garten Gethsemane sagt dasselbe, was er dem Teufel in der Wüste sagt: ‚Ich will nicht der Herr der Welt sein. Ich will ein Mensch bleiben.‘

Jesus will nicht so tun, als hätte er keine Angst. Er will nicht so tun, als stünde er über der Versuchung, als könne sie ihm nichts anhaben.

Im Gegenteil, deshalb bittet er seine Freunde eindringlich: Wachet und betet mit mir, damit ihr nicht in Versuchung fallt.

Als würde Jesus ihnen sagen (und diese Worte könnte in diesem Moment ein ukrainischer Soldat auch zu uns sagen):

‚Wenn ich weiß, dass ihr mit mir und für mich betet, dann kann ich es vielleicht auch aushalten, was kaum auszuhalten ist. Bitte lasst mich nicht allein!‘


Betet für die Ukraine
Ihr/Euer Eberhard Hadem


14. März 2022 MUT MACHEN 144

Mut Machen 144 steht zum Download zur Verfügung.


26. Dezember 2021 MUT MACHEN 143

Weihnachten hat gerade erst begonnen

An alle, die heute schon überlegen, wohin sie den Weihnachtsbaum morgen oder in den nächsten Tagen entsorgen können: Kein Problem, am Weihnachtsbaum hängt nichts außer Schmuck. Aber an der Weihnachtszeit hängt viel, denn sie hat gerade erst begonnen!

Sollten Sie also noch Weihnachtskarten schreiben oder noch persönliche Grüße loswerden oder ein Überraschungspaket losschicken wollen – nur zu!

Die Weihnachtszeit geht in den Katholischen Kirchen bis Lichtmess 2. Februar. In den Evangelischen Kirchen geht sie sogar noch länger, bis zum 5. Februar, das ist der Vorabend des 4. Sonntag vor der Passionszeit. Am 25. Dezember, am Weihnachtstag, feiern wir die Geburt Jesu in der Krippe, im Verborgenen. Am 6. Januar feiern wir das öffentliche Auftreten Jesu in dieser Welt: Epiphanias = Fest der Erscheinung Jesu. Am selben Tag zelebrieren die katholischen Kirchen das Fest Heiligen-Drei-König.

Die orthodoxen Kirchen orientieren sich nach wie vor nicht am gregorianischen, sondern am julianischen Kalender und das bedeutet: Für sie beginnt Weihnachten knapp drei Wochen später.

Eine frohe Weihnachtszeit in den kommenden Tagen! Freut euch! Und hört nicht auf damit! Ihr/ Euer Eberhard Hadem


24. Dezember 2021 MUT MACHEN 142

Weihnachtswünsche

Wenn wir an Weihnachten im Herzen zum Jesuskind in der Krippe kommen, kommen wir mit einem ganz besonderen Gott ins Gespräch. Einem Gott, der nicht antworten kann, weil er ein Säugling ist.

Viele Menschen sind eine solche Art der Begegnung vom Beten her gewöhnt. Gott antwortet nicht, wie wir einander im Gespräch antworten, so ist er nicht zu hören. Doch auch wenn wir mit einem kleinen Kind reden, ist das keine Einbahnstraße. Es kommt etwas zurück. Das Kind, so glauben wir, lächelt uns zu. Oder es beginnt zu weinen, und wir fragen uns, ob es das tut wegen uns. Jemand, der das von außen betrachtet, wird vielleicht sagen: ‚Das bildest du dir doch nur ein. Du denkst, das Baby antwortet. Dabei ist es nur wie eine leere Leinwand, auf die du deine eigenen Gedanken und Gefühle projizierst. Du führst nur Selbstgespräche, wenn du mit einem Baby redest’.

Und dann finde ich Fotos von mir und meinen Kindern oder von anderen, die ihr Kind in den ersten Jahren im Arm halten und im Gespräch miteinander sind, mit und ohne Worte, doch so, dass ich sehen kann: Hier wird geredet auf eine zärtliche und nachhaltige Weise, in beide Richtungen, ohne es zu hören.

So dürfen auch wir, so darf auch ich ins Gespräch mit dem Jesuskind kommen. Ich erinnere mich, wie es war, als ich meinen Ältesten im Arm hatte. Dass ich plötzlich überwältigt war von einer Sehnsucht, die ich zugelassen habe: Wie sich in seinem Anschauen mein Ich in mir aufrichtet. Für mich ist genau das das Geheimnis der Weihnacht in der für mich persönlichsten Variante, die ich mir denken kann. Es gibt noch mehr Dimensionen dieses Geheimnisses, aber am nachhaltigsten hat sich für mich diese erwiesen. Wie ein Kind sich streckt, die Faust reckt, so erhebt sich mein Ich: Ich.Lebe. – und du auch, Kind.

Vom Schöpfer aller Dinge sind du und ich ins Leben gerufen, Tochter Gottes, Sohn Gottes, auf die Erde geboren, mit einer besonderen Berufung: Wir sind schon Gottes Kinder; es ist aber noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Weihnachten ist eine Ahnung davon.

Das Jesuskind schaut uns an, es blickt uns in die Seele, und dann schwimmt uns die Rüstung davon, wir werden auf die Knie gezwungen. Man kann kein Kind von oben nach unten anblicken. Wir müssen uns doch auf gleicher Ebene anschauen. Das Jesuskind nimmt uns in sein Vertrauen auf. Da fällt all unser verkehrtes Wesen von uns ab. Die Waffen und Zäune, der Schutzwall aus Wörtern, die Hartherzigkeit reißt auf wie eine Nebelwand, und die Sonne des Lebens erstrahlt durch uns. Und ein jeder, der solche Hoffnung auf ihn hat, der reinigt sich, wie auch jener rein ist, sagt der Schreiber des 1. Johannesbriefs.

Manche Augustusse dieser Erde zwingen, manche Chefs gängeln. Auch die Tyrannei des gelingenden Lebens quält bis in Karriereziele, Lifestyle, Luxus hinein. Deshalb empfinden viele diese Pandemie als einen Schlag ins Gesicht. Weil sie bitter schmerzlich aus der Hand schlägt, wovon viele glauben, dass ihr Leben davon abhängt: Alles machen zu können, was man will, die ganze Welt ohne Bedenken rastlos zu umfliegen, grenzenlose Freiheit auskosten, jederzeit saisonunabhängig alles einkaufen und essen zu können, ein Recht auf Glück zu haben und dergleichen mehr.

Wenn ich mich und meine Wünsche an das Leben in das Gespräch mit dem Jesuskind bringe, dann verändern sich auch meine Wünsche. Dann fällt manches weg, von dem ich dachte, dass ich es brauche. Im Gespräch mit dem Jesuskind kann es geschehen: Ich reinige mich, wie auch jenes Kind rein ist.

Ein frohes Weihnachtsfest wünsche ich uns allen!

Ihr/ Euer
Eberhard Hadem


27. November 2021 MUT MACHEN 141

Das Senken der Zahlen – unsere Gemeinschaftsaufgabe des Landkreises!

Wer spaltet die Gesellschaft? Manche meinen, es sei der Staat mit seinem Zögern und Zaudern, mit seinen Entscheidungen oder Nichtentscheidungen. Ich denke, wer das, was er für die Freiheit hält, über die Freiheit anderer stellt, ist selbst der Spaltpilz. Nur: Wie kann er das erkennen?

Gut, dass morgen die zweite Fastenzeit im Jahr beginnt. Advent auch hier als Zeit zum Nachdenken, zum Abrüsten von Freiheitsphrasen. Zum Innehalten, was hier wirklich auf dem Spiel steht. Zum Einüben, was Solidarität bedeutet, nicht die Solidarität mit Straße und Blase, sondern mit denen, die von der Krankheit gefährdet sind.

Solidarität mit den Ärzten und Pflegekräften, die immer mehr befürchten müssen, dass sie spätestens an Weihnachten den Scheitelpunkt – nicht nur der 4. Welle, sondern – einer schrecklichen Krise erleben müssen. Jene menschliche Krise der Triage, in die teuflische Fragen führen: Wen werde ich zum Tode verurteilen? Wer darf leben?

Wie das einer entscheiden können soll? Machen wir uns nichts vor: Ärzte werden das entscheiden. Und wir alle werden danebenstehen und wissen, dass wir sie im Stich gelassen haben, so dass sie gezwungen sind, solche schrecklichen Entscheidungen zu treffen – weil wir als Gesellschaft gezögert und gezaudert haben. Schon im Sommer.

Was dürfen wir hoffen? Australien ist etwas gelungen, von dem wir in Deutschland leider weit entfernt sind: In kleinen Bezirken so etwas wie ein gemeinsames Wir-Bewusstsein zu schaffen. Ein Wir-Gefühl, mit dem wir – egal, was die anderen machen – uns gemeinsam vornehmen, die Inzidenzzahlen zu senken. Das Senken der Zahlen zu unserer gemeinsamen Aufgabe zu machen. Und wenn die Zahlen fallen, dann könnte der Landrat sich an die Presse wenden und sagen: Das haben wir bisher geschafft, wir hier im Landkreis Roth. Das ist unser Erfolg. Was wir hoffen dürfen? Dass viele mitmachen und Hoffnungszeichen setzen! Dass das defätistische Schauen auf die Zahlen und die Verantwortlichen aufhört – weil wir uns selber verantwortlich machen.

Eine Gemeinschaftsaktion im Landkreis Roth: Wir senken selbst unsere Zahlen, indem wir uns selbstverpflichten! Wir starren nicht mehr ritualisiert auf die neuen Zahlen. Nein, wir senken sie. Noch betonter: Wir senken sie. Nicht unbedingt müssen es die Politiker sein, nicht die Ärzte, nicht die Wissenschaftler. Sondern: Wir. Wir fragen nicht mehr: Wo finde ich noch ein Mausloch, die Beschränkungen zu umgehen? Weil das so beschämend egoistisch ist! Stattdessen sagen wir uns gegenseitig: Wir packen das, wir machen das gemeinsam, solidarisch.

Und andere Landkreise könnten in diesen Solidar-Wettbewerb einsteigen: Wie können auch wir in Schwabach, Neumarkt, Weißenburg, Ansbach, Nürnberg durch gemeinsame Ziele unsere eigenen Zahlen senken? Das wäre mal etwas Positives, bei dem alle mitmachen können, eine Gemeinschaftsaktion der Landkreise im Wettbewerb: Wer senkt als erster Landkreis aktiv die Zahlen? Wer hat die besten Aktionen, die besten Pläne, die besten Umsetzungen? Davon möchte ich in der Zeitung lesen, in den sozialen Medien. Und alles Gemaule und Gemotze hat Pause.

Fastenzeit im Advent: Motz-Fasten ist angesagt! Schimpf-Fasten ist sowas von out bei uns! Na, wir wär’s? Haben Sie Lust auf so eine positive Fastenzeit im Advent?

Ihr/ Euer
Eberhard Hadem


24. November 2021 MUT MACHEN 140

Was dürfen wir erwarten? – Ein Kommentar

Es sind seltsame Zwischentage, in denen wir uns bewegen. Nicht nur, dass schon in wenigen Tagen der Advent beginnt, die Vorbereitung auf Weihnachten, die zweite große Fastenzeit im Jahr, damit nach der Enthaltsamkeit im Advent an Weihnachten endlich wieder der Gänsebraten schmeckt.

Aber ist das im Moment nicht alles Folklore? Angesichts der steigenden Inzidenz- und Hospitalisierungszahlen scheint niemand so recht zu wissen, wie es pandemisch weitergehen könnte. Viele sind sauer bis zornig über das, was politisch beschlossen oder eben nicht beschlossen wurde. Das politische Zaudern ist deshalb so stark, weil die beiden weitreichenden und notwendigen Alternativen scheinbar keine guten Optionen sind: Entweder ein erneuter Lockdown, in diesem Fall für Ungeimpfte. Oder eine Impfpflicht, wobei die Frage im Raum steht, ob nur für bestimmte Berufsgruppen oder für alle. Die Wahl der Optionen wird politisch entschieden.

Mich beschäftigen mehr die Gründe, warum es uns Deutschen so besonders schwerfällt, notwendige und zugleich unbequeme Beschlüsse zu fassen, die dem Einzelnen angeblich das streitig machen, was er für seine Freiheit hält. Woher kommen die Hemmungen, die Verantwortliche in anderen Staaten um uns herum nicht oder zumindest weniger haben?

Meine Vermutung ist, dass die Hemmungen zum einen mit den Erfahrungen der Nazi-Zeit zusammenhängen. Oder genauer: mit der Konsequenz, die die Westdeutschen aus diesen Erfahrungen gezogen haben, nämlich: Nie wieder staatlich sanktionierten Druck auf und gegen Einzelne ausüben! Nie wieder Gestapo! Nie wieder die Zersetzung der eigenen politischen Handlungsfähigkeit zulassen!

Zum anderen hängt es auch mit den Erfahrungen der früheren DDR-Zeit zusammen oder besser mit der Konsequenz, die die Ostdeutschen aus diesen Erfahrungen gezogen haben, nämlich genau dieselbe: Nie wieder staatlich sanktionierten Druck auf und gegen Einzelne ausüben! Nie wieder Stasi! Nie wieder die Zersetzung der eigenen politischen Handlungsfähigkeit zulassen!

So notwendig und richtig diese Konsequenzen nach undemokratischen Nazi- und DDR-Zeiten waren, so falsch sind sie heute – weil sie uns in der Demokratie nicht handlungsfähig machen, sondern zögern und zaudern lassen. Wir fürchten die Konsequenz der Autorität, als wären wir autoritäre Allmachts-Gesellen. Doch der fehlende Wille zur Autorität, wie er sich im momentanen Krisenmanagement zeigt, bewirkt das genaue Gegenteil: Wir tragen mit unserer Autoritätsunfähigkeit dazu bei, dass sie die politische Handlungsfähigkeit zersetzt. Wir merken es nur noch nicht.

Wir lassen es derzeit zu – in den westdeutschen Bundesländern nach 76 Jahren und in den ostdeutschen Bundesländern nach 32 Jahren –, dass Einzelne oder Gruppen die persönliche Freiheit über die Freiheit aller stellen. Wir haben noch nicht begriffen, dass wir dabei als demokratische Gesellschaft verantwortungslos handeln. Weil damit jede unsolidarische Meinung auf Straßen und in (Internet-) Blasen den politischen Weg für alle bestimmt.

Die Wahl eine der beiden Optionen – Lockdown oder Impflicht – wäre zumindest der Versuch, mit Autorität zu handeln. Vielleicht gibt es bessere Möglichkeiten. Dann bitte auch die mit Autorität angehen. Zu keinem Zeitpunkt werden heute diejenigen, die es als ihre Freiheit betrachten, sich nicht impfen zu wollen, dasselbe erleben müssen, was ausgegrenzte, vertriebene und ermordete Menschen in Nazi- bzw. DDR-Zeit erleben mussten. Diese Verhöhnung der Opfer ist eine Schande für uns alle. Wer im Zusammenhang mit Corona einen Judenstern trägt oder sich mit Freiheitskämpfern vergleicht, soll sich schämen.

Wir sind als Gesellschaft handlungsfähig, auch unbequeme Entscheidungen zu fassen. Und jeder, der diese Entscheidungen nicht mittragen will, darf das tun. Er muss aber die Konsequenzen seiner Entscheidung und damit die Einschränkung seines alltäglichen Lebens akzeptieren. Das ist nicht zu viel verlangt. Man nennt das: Demokratie. Und jeder kann seine Entscheidung ändern. Jederzeit. Das lerne ich aus der Geschichte. Wer nicht solidarisch ist, soll selber die Isolation wählen. Das dürfen wir als Gesellschaft von ihm oder ihr erwarten.

Eberhard Hadem


31. Oktober 2021 MUT MACHEN 139

Zum Reformationsfest – am Vorabend des Allerheiligenfests

In seiner Vorrede zum Psalter schreibt Martin Luther 1528 von den Psalmen als Heiligenbüchlein:

Ich meine, dass kein besser Exempelbuch oder Legenden der Heiligen auf Erden gekommen sei oder kommen möge, als der Psalter ist. (…) So können wir in den Grund und die Quelle ihrer [der Heiligen E.H.] Worte und Werke, das ist: in ihr Herz, sehen. (…) Denn ein menschlich Herz ist wie ein Schiff auf einem wilden Meer, welches die Sturmwinde von den vier Himmelsrichtungen der Welt hertreiben. Hier stößt her Furcht und Sorge vor zukünftigem Unglück, dort fähret Grämen her und Traurigkeit aus gegenwärtigem Übel. Hier weht Hoffnung und Vermessenheit aus zukünftigem Glück, dort bläset her Sicherheit und Freude in gegenwärtigen Gütern. Solche Sturmwinde aber lehren mit Ernst reden und das Herz öffnen und den Grund herausschütten. Denn wer in Furcht und Not steckt, redet anders vom Unglück, als der in Freuden schwebt. Und wer in Freuden schwebt, redet und singt ganz anders von Freuden, als der in Furcht steckt. (…) Und wie gesagt ist das das allerbeste, dass sie [die Heiligen] solche Worte gegen Gott und mit Gott reden. Das macht, dass zwiefältig Ernst und Leben in solchen Worten sind. Denn wo man sonst mit Menschen in solchen Sachen redet, gehet es nicht so sehr von Herzen, brennet, lebt und dringet es nicht so sehr. Daher kommt’s auch, dass (…) ein jeglicher, in was für Umständen er auch ist, Psalmen und Worte drinnen findet, die sich auf seine Sachen reimen und ihm so angemessen sind, dass er sie auch selbst nicht besser sprechen noch finden kann noch wünschen mag. Das ist denn auch dazu gut, dass, wenn einem solche Worte gefallen und sich auf ihn reimen, er gewiss wird, er sei in der Gemeinschaft der Heiligen und es sei allen Heiligen gegangen, wie es ihm gehet. Weil sie ein Liedlein mit ihm zusammen singen, insbesondere dann, wenn er sie [ihre Worte E.H.] auch so zu Gott reden kann, wie sie es getan haben – was im Glauben geschehen muss; denn einem gottlosen Menschen schmecken sie nicht.

(zitiert nach Luther Deutsch. Bd.5, hg.v. Kurt Aland, Göttingen 1963, 2. Aufl. S.32-35)

Wo katholisch und evangelisch zusammenkommen – für Martin Luther ist das noch ganz selbstverständlich. Und für uns Evangelische heute am Vorabend des Allerheiligentages?

Ein gesegnetes Reformationsfest und ein ebenso gesegnetes Allerheiligenfest wünsche ich – nicht nur unseren katholischen Geschwistern, sondern auch uns.

Ihr/ Euer
Eberhard Hadem


03. Oktober 2021 MUT MACHEN 138

Zum Erntedankfest – Das Märchen von der Kornähre

Pia und Pit spazieren mit Oma durch die abgemähten und abgeernteten Felder. „Früher“, sagt Oma, „sah es hier viel bunter aus. Kornblumen blühten zwischen den gelben Kornähren, und Klatschmohn, Rainfarn, Feldmargeriten und Kamille. Schön sah das aus.“ „Ein paar Kornblumen habe ich am Wegrand gesehen“, sagt Pia. „Es waren aber zu wenige für einen Blumenstrauß.“ „Wir können ja diese dicken Grashalme pflücken“, meint Pit und deutet auf ein paar Kornähren am Wegrand, die bei der Ernte vergessen und übriggeblieben waren.“ Oma lacht. „Man sieht, dass ihr Stadtkinder seid.“ Sie pflückt einen dieser ´Grashalme´. „Das ist kein Grashalm“, sagt sie. „Was dann?“, fragt Pit. „Ich weiß es“, ruft Pia. „Eine Kornähre ist es. So eine haben wir in der Schule gemalt.“ „Richtig“, sagt Oma. „Aus ihren Körnern wird Mehl gemahlen.“ „Aus diesen Körnern?“ Das haben Pia und Pit nun doch nicht so recht gewusst. „Das ist ja spannend“, sagt Pit. Pia aber meint: “Ich finde es aber nicht so gut, dass die Bauern so viele Kornähren beim Ernten vergessen haben. Ganz viel Brot könnte man daraus backen.“ „Stimmt“, sagt Oma. „Aber die Vögel und die Feldmäuse freuen sich auch über ein paar Körnerleckerbissen.“ „Dann geht ja doch kein Körnchen verloren, nicht?“, fragt Pia. Oma nickt und betrachtet gedankenverloren den Getreidehalm. „Da fällt mir ein altes Märchen ein“, sagt sie. „Wollt ihr es hören?“ „Aber ja!“, rufen Pia und Pit, und Oma erzählt das Märchen von der Kornähre:

„Früher, heißt es, waren die Böden viel fruchtbarer gewesen als heute, und eine Kornähre trug ihre Körner am ganzen Halm von oben bis unten. Es waren bis zu vierhundert Körner pro Halm, und Gott freute sich sehr, wenn er diese prächtigen Ähren sah. Für die Menschen aber war dieser Überfluss so normal, dass sie sich keine große Mühe gaben, die Pflanzen richtig zu pflegen. Sehr gleichgültig waren sie, und Gott ärgerte sich darüber. Eines Tages beobachtete er, wie eine Frau mit einer Handvoll Ähren das von Matsch beschmutzte Kleid ihres Kindes sauber rieb. Da riss ihm der Geduldsfaden. ´Von nun an´, rief er voller Wut, ´gibt es keine Körner mehr auf den Halmen. Ihr Menschen seid sie nicht wert.‘ Da erschraken die Menschen. ´Wir wissen, dass wir die wertvollen Körner nicht verdienen!´ flehten sie. ´Aber bitte, lass wenigstens ein paar Körnchen an den Halmen, damit wir Futter für unsere Hühner haben!´ Weil sie so sehr bettelten, gewährte ihnen Gott ihre Bitte, und so kommt es, dass an den Halmspitzen die Kornähren übrig geblieben ist, so wie ihr sie hier jetzt seht.“

Pia und Pit sind beeindruckt. „Gut, dass Gott an die Hühner gedacht hat“, sagt Pit. „Stimmt“, meint Pia, „sonst gäbe es kein Brot und keinen Kuchen. Ganz schön schlimm wäre das.“ „Eigentlich“, überlegt Pit, „müssen wir den Hühnern ´Danke´ sagen. Ich weiß auch schon wie: Wir pflücken einen Strauß von diesen vergessenen Kornähren für die Hühner!“ „Das ist eine gute Idee“, sagt Oma. „Und ein paar Ähren bewahrt ihr auf für die Vögel im Winter. Einverstanden?“ „Einverstanden“, rufen Pia und Pit und machen sich ans Pflücken. Doch nicht alle Kornähren nehmen sie mit. Die Tiere auf den Feldern sollen schließlich auch satt werden.

© Elke Bräunling nach Gebrüder Grimm


24. August 2021 MUT MACHEN 137

Die Geschichte von einem Messias-Moment

Wenn ich in einem Menschen Gott erkenne, wie er zu mir spricht, mich meint und mir Mut macht – das ist ein Messias-Moment für mich. So ist es mir mit dem World-Press-Foto des Jahres 2020 gegangen: Zwei Frauen umarmen sich, die 85-jährige Rosa Luzia Lunardi und ihre Pflegerin Adriana im Altenwohnheim. Die Pflegerin trägt Mundschutz. Durch einen Plastikvorhang sind die beiden getrennt. Es ist die erste Umarmung für Rosa Lunardi nach fünf Monaten Isolation. Durch den Plastikvorhang kann die alte Dame die Berührung und Nähe ihrer Pflegerin Adriana spüren. In dem Moment, in dem sie sich in deren Arme fallen lässt, zeigt der Vorhang zufällig den Umriss eines Engels. Natürlich ist eine Umarmung mit Plastikvorhang dazwischen nicht dasselbe wie bei einer Umarmung mit direktem Körperkontakt. Natürlich kann man sagen, dass es eine rein menschliche Begegnung ist, zufällig fotografiert, auch der Vorhang als Engel ein Zufall. Doch es geht um das Geschehen zwischen diesen beiden Menschen, voller Kraft und Energie. Mag sein, dass manche ‚nur‘ einen berührenden Moment sehen. Ich sehe einen Messias-Moment. Gott ist abwesend und zugleich anwesend. Ihr /Euer Eberhard Hadem


09. August 2021 MUT MACHEN 136

Posaunenchor Roth und Kiliansdorf beim Rothseegottesdienst

Am Sonntag, 8. August, kamen rund 200 Menschen zum Rothsee-Gottesdienst beim Strandhaus Birkach. Der Posaunenchor aus Roth und Kiliansdorf spielte unter der Leitung von Martin Burmann. Für mich war es eine Premiere, nachdem im letzten Jahr die Gottesdienste am Rothsee wegen der Pandemie abgesagt worden waren. Bei schönem Wetter und guter Stimmung wurde Gottesdienst gefeiert, vorher und nachher spielte der Posaunenchor etliche Volkslieder. Und dass am Schluss 600 Euro für den Auhof zusammenkamen, hat alle sehr gefreut. Schön war’s!

Ihr/Euer
Eberhard Hadem


24. Juli 2021 MUT MACHEN 135

Trotzig zum Himmel schreien

Gestern Abend wurde im Open-Air-Kino im Rother Freibad ein Film gezeigt mit dem Titel: ‚Gott, du kannst ein Arsch sein!‘ Darf man so mit Gott reden? Manche finden das ungehörig oder gar gotteslästerlich. Mit diesem provozierenden Titel haben die Filmemacher medial gesehen sicherlich genau das erreichen wollen: Aufmerksamkeit und Reichweite für ihren Film. Gotteslästerung ist kein Straftatbestand mehr – Gott sei Dank! Aber etwas mehr Sensibilität beim Titel hätte ich mir dennoch gewünscht.

Was mir dagegen richtig gut gefällt: Wenn Menschen ehrlich mit Gott reden. Dann darf es auch trotzig und rotzig sein. Es ist eben ein Unterschied, ob ich in einer konkreten Situation deutlich und deftig Gott sage, wie es mir geht. Oder ob ich so einen kurzen emotionalen Ausbruch ohne irgendeinen Kontext öffentlich in den Raum stelle – und niemand erkennt, was dahintersteckt. Der Filmverleih und das Produktionsstudio werden sagen, dass sie ja genau das beabsichtigen: Dass der Leser neugierig wird und sich für den Film interessiert, bei dem man den Hintergrund erfahren kann. Das ist zwar billig in der Absicht. Aber die Geschichte des jungen Mädchens, dass an Krebs erkrankt, gibt ihnen wiederum auch recht. Es geht um Steffi, ein 16jähriges Mädchen, das kurz nach ihrem Realschulabschluss erfährt, dass sie Krebs hat und nicht mehr lange leben wird. Der Hintergrund des Films wiederum ist die wahre Geschichte von Stefanie, die der Schriftsteller Frank Pape in seinem Buch „Stefanies letzte 296 Tage“ erzählt hat. Und die in vielen Teilen ganz anders ist als der Film. Was die Film-Steffi und die wahre Stefanie verbindet, ist die ungeheure Lust am Leben. Und der Schmerz, viel zu früh Abschied nehmen zu müssen. Ich empfehle das Buch und weniger den Film – dann wird auch verständlicher, warum Stefanie ihre Wut Gott entgegenschleudert.

Manche Menschen trauen sich nicht, ehrlich und rotzig mit Gott zu reden. Von Herzen und manchmal eben auch rotzig und zornig. Der Hiob schimpft über Gott und nennt ihn ‚Feind‘. Manche Worte in den Psalmen können helfen, den eigenen Emotionen der Wut, der Enttäuschung, des Zorns Worte und Stimme zu geben. Gerade in diesen Tagen der Flutkatastrophe wäre es wichtig, sich nicht den eigenen Mund zu verbieten, sondern Gott zu sagen, was das Herz sowieso denkt und fühlt. Was zum Himmel schreit, sollte auch zum Himmel geschrien werden. Und nicht in gärender Wut verborgen bleiben.

Also, wenn es nötig ist: Innig und trotzig Gott klagen, was zum Himmel schreit.

Ihr/Euer Eberhard Hadem

Siehe auch die Gedanken zur Woche vom 23. Juli im Deutschlandfunk (6:35 - 6-40 Uhr), in den es um „Klage und Käsebrötchen“ geht. Sie finden Sie online zum Nachlesen oder als Audio zum Anhören.


18. Juli 2021 MUT MACHEN 134

Was zum Himmel schreit

Die Bilder, die Nachrichten über die Katastrophe erschüttern mich. Ich liebe das Meer, überhaupt alles, was Wasser hat. Aber jetzt bin ich fassungslos. Dasselbe Element, das Leben und Freude bereithält, kann auch den Tod bringen. Gerade hat es seine unheimliche und furchtbare Kraft gezeigt. Die Wassermassen in den Straßen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben große Zerstörungen hinterlassen, Häuser, Brücken, Straßen, Wege. Und es gibt viele Tote; noch immer sind nicht alle Menschen gefunden worden, die vermisst werden. Einfach schrecklich.

Wir trauern um die, die gestorben sind. Wir denken an ihre Familien und Angehörigen, die mit den Helferinnen und Helfern vor Ort hoffen, doch noch Menschen lebendig wiederzufinden. Wir denken an die, die beim Aufräumen der Verwüstungen erst das ganze Ausmaß erfahren, ohne es wirklich begreifen zu können.

Einer sagt gestern Morgen zu mir: „Jetzt schlägt das Klima zurück.“ Und ich denke mir: Das ist doch jetzt überhaupt nicht dran! Jetzt ist Zeit fürs Helfen, das zuallererst. Ich denke an die Feuerwehrleute, an die Menschen von THW und Sanitätsdienst, Polizei und Bundeswehr, auch viele junge Menschen, die schreckliche Dinge sehen. Ich denke an die, die als Nachbarn und Freunde helfen. Die manchmal nur den Schmerz lindern können, der da ist. Hineingeworfen in eine Situation, in der sie nichts ändern können, sondern aushalten und ertragen müssen, was sie mit den verzweifelten Menschen erleben. Das ist schwer genug. Da sind politische Debatten und Schuldzuweisungen völlig daneben.

Jetzt ist Zeit für das solidarische Miteinander. Eine Kollegin von mir bringt es auf den Punkt: „Jetzt ist Zeit für die Arche. Die Ärmel hochkrempeln, Gummistiefel anziehen, Eimer und Sandsäcke holen.“

Jetzt ist Zeit für die Klage, dass das Unglück zum Himmel schreit. Die Worte der Bibel (Psalm 69, 1-4.15.17) helfen, damit unsere Klage nicht stumm bleibt:

Gott, hilf mir! Denn das Wasser geht mir bis an die Kehle. Ich versinke in tiefem Schlamm, wo kein Grund ist; ich bin in tiefe Wasser geraten, und die Flut will mich ersäufen. Ich habe mich müde geschrien, mein Hals ist heiser. Meine Augen sind trübe geworden, weil ich so lange harren muss auf meinen Gott. (…) Errette mich aus dem Schlamm, dass ich nicht versinke. (…) mir ist angst, erhöre mich eilends.

Jetzt ist Zeit fürs Mitweinen, Mittrauern, auch aus der Ferne. Auch in der Stille, aber nicht stumm, sondern innig und trotzig Gott klagen, was zum Himmel schreit.

Ihr/Euer Eberhard Hadem

Diese Andacht wurde am Freitag, dem 17. Juli, im Deutschlandfunk-Kultur als ‚Wort zum Tag‘ (6:20 - 6:23 Uhr) gehalten. Auf rundfunk.evangelisch.de finden Sie nicht nur diese ‚Wort zum Tag‘-Andacht, sondern alle sechs Andachten der vergangenen Woche zum Nachlesen oder Anhören.


04. Juli 2021 MUT MACHEN 133

Die Pandemie ist ein universaler Zivilisationsschock, und seiner Wirkung müssen wir in unserem Bewusstsein Raum geben. Sonst verpassen wir die Wahrnehmung der Zeitenwende, in der wir uns gerade bewegen (Edgar Selge). Deshalb sollte die Haltung "Egal, was passiert, Hauptsache: Regelbetrieb", nicht nur in der Schule, sondern auch in der Kirche als Irrweg angesehen werden. Was bedeutet die Erfahrung des Unvorhergesehenen und der Machtlosigkeit für unseren Glauben?


30. Mai 2021 MUT MACHEN 132

Begleiter für die besonderen Tage

Trinitatis - Fest der Dreieinigkeit



Menschen sind wie Kirchenfenster. Wenn die Sonne scheint, strahlen sie in allen Farben, aber wenn die Nacht kommt, kann nur ein Licht im Innern sie voll zur Geltung bringen. Elisabeth Kübler-Ross


Vater, Sohn und Heiliger Geist – drei Weisen, wie ich Gott erfahren kann. Im Glauben ist es wie in der Liebe.

Liebe verbindet Verschiedene, aber Liebe unterscheidet auch Verbundene. Diese drei – Liebe, Liebende und Geliebter – sind eins und gleichzeitig verschieden. Das ist das Wunder des Liebens.

So ist auch das Wunder des Glaubens an die Dreieinigkeit. Verbunden und doch verschieden.

So wie die Musik: Diese Drei – der Ton, die Stimme und das Instrument – sind eins und gleichzeitig verschieden. Ich freue mich, wenn ich wieder singen darf.


Ich bin berufen, etwas zu tun oder zu sein, wofür kein anderer berufen ist. Ich habe einen Platz in Gottes Plan, auf Gottes Erde, den keiner hat. Ob ich reich oder arm bin, verachtet oder geehrt bei den Menschen, du, Gott, kennst mich und rufst mich bei meinem Namen. Amen.

Für mich an Pfingsten

Göttliche Dreieinigkeit, ein Dreiklang. Eins im Miteinander. Vater, Sohn und Heiliger Geist – erst zusammen wird es ganz. So kann ich mir das gut vorstellen.

Ich nehme mir vor, heute mal wieder ganz bewusst Musik zu hören, dabei die Augen zu schließen und nicht nur das Ganze wahrzunehmen, sondern mein Ohrenmerk auch auf die verschiedenen Anteile zu legen.


23. Mai 2021 MUT MACHEN 131

Begleiter für die besonderen Tage

Pfingsten



Sieben Farben hat das Licht will die Nacht vertreiben. Sieh es an und fürcht dich nicht soll nicht finster bleiben. Lother Zenetti

Sieben Farben hat das Licht – Pfingsten ist die Energie Gottes, sein Geist lässt die Menschen zueinander finden, entflammt und begeistert sie für die Liebe, die Gott schenkt. Die Farbe des Lichts zeigen die Weise, wie das Licht reflektiert wird. Sie sind nicht das Licht selbst. Angestrahlt bin ich von Gottes Geist und seiner Liebe – und ich entdecke und suche die anderen. Das ist Pfingsten: Wir finden uns und verbinden uns im Geist. Das ist schon viel in diesen Zeiten.

Herr, ich werfe meine Freude wie Vögel an den Himmel. Ein neuer Tag, der glitzert und knistert, knallt und jubiliert von deiner Liebe. Jeden Tag machst du. Halleluja, Herr! Amen.

Für mich an Pfingsten

Ein Jubelfest für alle Sinne. Pralle Pfingstrosen jubeln und duften in satten Farben um die Wette.

Alles freut sich. Gottes Geist ist da und verbindet sich mit uns und die Menschen untereinander.

Die Kirche feiert Geburtstag, erklären wir den Kindern.

Die Pfingstferien versprechen einen süßen Vorgeschmack auf sommerliche Urlaubsfreuden.

Frei sein! Gottes Geist macht mich frei, daran denke ich, das spüre ich.


16. Mai 2021 MUT MACHEN 130

Begleiter für die besonderen Tage

Exaudi



Exaudi – der Sonntag vor dem Pfingstfest ist nicht jedem geläufig. „Exaudi, Domine“ (lat.) – Erhöre mich, Herr! (Psalm 27) Im Kalender ist Himmelfahrt gerade vorbei und Pfingsten und Heiliger Geist kommen erst noch. Ein merkwürdiger Zwischenzustand. So fühle ich mich auch manchmal, in so einem ‚Zwischen‘, wo ich nicht weiter weiß, wo ich keinen Trost finde. Steinwüste. Dürrer Baum. Aber ich halte aus, ungeduldig.

Gott, manchmal bin ich unsicher und ungeduldig. Alles dauert mir zu lang. Gib mir Kraft für meine Durststrecken und stärke meinen Glauben gerade dann. Amen.

Für mich an Exaudi

Für mich spiegelt dieser Sonntag auch ein Gefühl, das wohl jeder kennt: Gespannte Erwartung, Vorfreude gepaart vielleicht mit ein wenig Ungeduld. Der Sonntag vor dem großen Fest. Ich kann es kaum erwarten. Nur noch ein paar Tage durchhalten. Hoffentlich wird es so schön, wie ich es mir vorstelle. Gottes Geist wird kommen. Hör mich an, ich sehne mich so nach dir! Bitte komm bald!


13. Mai 2021 MUT MACHEN 129

Begleiter für die besonderen Tage


Wer Christi Himmelfahrt mit dem Verstand begreifen will, versteht nichts. Jesus ist nicht nur seinen Jüngerinnen und Jüngern damals nahe geblieben. Jesus geht fort, um dann mehr denn je da sein zu können – für alle Menschen, zu allen Zeiten und überall.

Felix, der Skateboarder, zeigt, wohin die Energie geht – nach oben und zurück zu uns. Der ‚oben‘ ist, will auch mir nahekommen.

‚Alles Gute kommt von oben‘, sagt das Sprichwort. Und das gilt auch für Jesus.

‚Oben‘ ist nicht der Himmel, in dem Sterne kreisen.

Es ist umgekehrt: Wo Gott ist, da ist Himmel. Überall lässt er sich finden.


Herr, mach mein Herz so offen wie der Himmel ist, meine Gedanken so frei wie die Wolken und mein Tun wirkungsvoll durch deine Kraft. Amen.

Für mich an Christi Himmelfahrt

Der 39. Tag nach Ostersonntag. Ein Feiertag, der deshalb immer auf einen Donnerstag fällt. Ein freier Tag unter der Woche, für viele ein Brücken-Tag, der ein langes Wochenende verspricht. Hinaus in die Welt gehen. Eine Brücke baut dieser Tag auch im ursprünglichen Sinne: Eine zwischen Himmel und Erde. Nicht nur für die Jünger. Für mich und dich, allezeit.


06. Mai 2021 MUT MACHEN 128

Sein Unglück ausatmen können

Heute wäre er 100 Jahre alt geworden, der österreichische Dichter Erich Fried, am 6. Mai 1921 ist er in Wien geboren (siehe auch MM 51).

In diesen Tagen haben manche Menschen kaum ein Problem mit der Pandemie, für sie ist sie eher eine unwillkommene Einschränkung, mit der sie aber leben können. Anders diejenigen, die zu arm sind, um es mit ihrer Armut auszuhalten und all den Folgeproblemen, die sich daraus ergeben. Und erst recht die Vielen, die auf der Südhalbkugel der Erde keinen Zugang zu den Impfdosen gegen das Corona-Virus haben.

Mehr denn je glaube ich, dass zurzeit die Klage eine mehr als angemessene religiöse Form der Rede zu Gott ist. Sie hatte lange keine Konjunktur. Der beste Fall war ein Dank an Gott. Wir waren oft damit beschäftigt, Gott um die Erfüllung von Wünschen zu bitten, die unser alltägliches Leben stabilisieren sollten, die das Gefühl vermitteln konnten, man habe ein ‚Recht auf Glück‘. Das aber gibt es nicht.

Corona hat offengelegt, wie dünn die Sicherheit ist, auf der wir leben, als wäre es ein felsenfester Grund. Und Erich Frieds berühmteste Sätze deuten an, dass es viel mehr darum geht, alles im Leben anzunehmen, was ist – und zwar in der Liebe: Es ist, was es ist, sagt die Liebe… Dennoch möchte ich zu den Gedanken der Klage auf ein anderes Gedicht von ihm hinweisen: Es trägt den Titel:

Aufhebung

sein Unglück ausatmen können

tief ausatmen so dass man wieder einatmen kann

Und vielleicht auch sein Unglück sagen können in Worten in wirklichen Worten die zusammenhängen und Sinn haben und die man selbst noch verstehen kann und die vielleicht sogar irgendwer sonst versteht oder verstehen könnte

Und weinen können

Das wäre schon fast wieder Glück

aus: Erich Fried. Beunruhigungen. Wagenbach-Verlag Berlin 1989 (1984) S. 35

Der vergangene Sonntag hat den lateinischen Namen ‚Kantate‘ – Singt!
Der kommende Sonntag hat den lateinischen Namen ‚Rogate‘ – Betet!

Lasst uns von der Liebe singen und beten,
Ihr/Euer
Eberhard Hadem


Logo des Projekts

Die Kirchengemeinde Pfaffenhofen startet ein außergewöhnliches Projekt. Es ist ein ideelles Gemeinschaftswerk, an dem alle Beteiligten ihren individuellen Beitrag bei sich zuhause leisten können.

Entstehen soll „Das Corona-Psalmenbuch aus Pfaffenhofen“. Gebunden aus den 150 Psalmen, die als handschriftliche und künstlerisch interpretierte Werke von einzelnen Mitmenschen und Künstlern aus der Kirchengemeinde, aus der Region – aber auch von Menschen und Künstlern überregional – die sich von dieser Idee begeistern lassen, gemeinsam erstellt wird.

Als Symbol der Verbundenheit, als Zeichen eines lebendigen Glaubens in der Gemeinschaft, in einer Zeit, die jeden Menschen fordert und herausfordert. Aber auch als Erinnerung daran, dass man nur gemeinsam – auch und gerade in schweren Zeiten – etwas erreichen kann.

Wer darf mitmachen?

Jede und jeder. Man muss nicht fromm oder gläubig sein, um einen Text der Heiligen Schrift abzuschreiben. Wer einer anderen oder gar keiner Religion oder Konfession angehört, darf ebenso mitmachen. Es gibt keine Beschränkungen. Es braucht nur die Bereitschaft, sich auf das Schreiben einzulassen und die Fragen und Gedanken zuzulassen, die dabei in einem aufsteigen. Mitmachen kann jeder, der sich für dieses Projekt interessiert und davon begeistern lässt, mit vielen gemeinsam etwas in diesen Zeiten zuhause zu schaffen. Ob Hausfrau, jugendlicher Abiturient, Künstlerin oder Rentner, Studentin, Metzger, Physiotherapeutin oder Manager – alle sind dazu eingeladen, dieses Hand-Werk gemeinsam zu schaffen.

Die Idee

Die Idee des Corona-Psalmenbuchs ist, dass man sich in den belastenden Zeiten mit etwas beschäftigt, das Hoffnung und Mut macht. Wer die Sätze aus den Psalmen der Bibel mit der Hand schreibt, der meditiert und buchstabiert die alte Hoffnung neu für sich selber. Jede und jeder arbeitet für sich an dem Corona-Psalmenbuch, ist aber Teil eines großen Ganzen. Schreiben verbindet über Abstand und Entfernung hinweg und lässt jeden, der mitmacht, zu einem Teil der Gemeinschaft werden. Von dieser heilenden und befreienden Wirkung des Schreibens wussten schon die Mönche, die lange vor dem Buchdruck die Bibel handschriftlich abgeschrieben haben. An diese heilende Tradition knüpfen wir in der Pandemie an:

Wir schreiben die Psalmen mit der Hand auf. Wir illustrieren die Psalmen mit ihren Gebetsworten. Wir gestalten die Psalmen künstlerisch.

Seinen Platz soll das aufwendig gebundene Corona-Psalmenbuch in der Mitte der Kirchengemeinde auf dem Altar der Ottilienkirche in Pfaffenhofen als Zeichen der Hoffnung finden.

Bevor das Corona-Psalmenbuch aber gebunden wird, werden – voraussichtlich – im März 2022 eine Auswahl der Handschriften und künstlerischen Arbeiten im Schloss Ratibor in Roth in einer Ausstellung präsentiert.

Wie kann ich mitmachen? Eine kurze Zusammenfassung

Psalm aussuchen, sich für einen Psalm anmelden, das Material (vorgegebenes Papier, Rückumschlag, Erklärungen ausfüllen und unterschreiben) kostenlos anfordern oder abholen, Psalm schreiben oder künstlerisch interpretieren (oder beides), fertiges Werk wieder in die Versandtasche packen, Rücksendeauftrag draufkleben und zurücksenden oder abgeben.

Weitere Informationen: www.corona-psalmenbuch.de


Wir schenken Ihnen ein kleines Heft, das ein 'Begleiter für die besonderen Tage' sein kann (von Palmsonntag bis zum Sonntag nach Pfingsten). Sie finden es in Ihrem Briefkasten oder Sie holen es sich in der Ottilienkirche, dort liegt es aus. Es enthält für den Zeitraum von Ende März bis Ende Mai schöne Bilder, kurze Texte zum Sinn der kirchlichen Feste, dazu ein Gebet, einen Liedhinweis und einen Tipp, was Sie an diesen Tagen machen könnten. Den Begleiter können Sie auch direkt hier im Internet aufrufen. Dabei können Sie wie im gedruckten Heft seitenweise blättern, die Seiten vergrößert darstellen bzw. in die Seiten hinein und heraus zoomen.


16. April 2021 MUT MACHEN 127

Macht ist das Privileg, nicht lernen zu müssen. Karl W. Deutsch Sozial- und Politikwissenschaftler

Die christlichen Kirchen kennen sich damit aus,
wenn das Privileg der Macht verlorengeht.

Gottseidank gab es Aufklärung und Gedankenfreiheit und kulturelle Errungenschaften auch gegen den Widerstand der Kirchen.

Regierungen und alle Bürgerinnen und Bürger weltweit lernen gerade, wie das ist, wenn man nicht lernen will. Man wird immer machtlos.

Wie man das ändern kann? Einen neuen Anfang machen heißt: Lernen wollen Macht teilen Demut üben Bevölkerung einbeziehen nachvollziehbare Pandemieregeln suchen für den Weg in der Pandemie werben

und keinen Wahlkampf mit der Pandemie machen.

Oder – wie es im Predigttext
für den kommenden Sonntag, 18. April, heißt –
Gott spricht:
Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen
und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken
und, was fett und stark ist, behüten.

Hesekiel 34, 16


05. April 2021 MUT MACHEN 126

Begleiter für die besonderen Tage

Ostern

Ostermorgen Tagesanbruch mitten in der Nacht. Bewusst habe ich die Karwoche erlebt. Nun betrete ich den Friedhof anders. Auch mein Gang in die Kirche ist anders. Ich habe mich der Nacht gestellt. Ich bin vor dem Tod nicht ausgewichen. Ich bin der Traurigkeit und der Niederlage des Lebens nicht ausgewichen. Jetzt warte ich auf das Leben, auf den Neuanfang, auf die Freude, auf das Licht gegenüber allem Tod. Alles verdichtet sich auf diesen Punkt hin.

Die Osterkerze wird entzündet, an einem Feuer, das alte Symbol für die Gegenwart Gottes. An ihr kann auch ich mich wieder entzünden. Eine Kerze erleuchtet die Nacht, bald werden es viele Lichter sein. Noch ist Nacht, aber schon wird es Licht. Schon ist Ostern, schon fängt das neue Leben an. Feier auf dem Friedhof, dann Osterfrühstück. Der Weg ist noch nicht zu Ende. „Christus ist auferstanden.“ Wer versteht, was sich da tut? Wer hat Worte für das Unsagbare der Auferstehung?

Das Osterevangelium ist eher karg in seinen Auskünften: „Christus ist nicht hier, er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Seht die Stätte, wo er gelegen hat.“ Das Halleluja erklingt – zum ersten Mal wieder seit sieben Wochen. Zu sehen gibt es nicht viel. Eher etwas zu hören, den Oster-Ruf: „Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden.“

Gebet

Gott, wisch weg die Spuren der Nacht. Verjag den Tod aus mir. Mach mich heller als der heraufgekommene Tag. Lass mich dich sehen, der selbst erschienen ist, eingehüllt in das Licht dieses Tages. Lass mich lachen, hebe mein Herz zu dir empor, mach mir Freude. Amen.
(Huub Oosterhuis. Morgengebet. In: Du Freund Gott. Lahnverlag 2013)

Für mich an Ostern
Aus der Osternacht kommend ein opulentes Osterfrühstück genießen. Das Licht von der Osterkerze haben wir uns nach Hause geholt. Der Tisch strahlt im Farbenrausch. Es ist schön, wenn viele darum sitzen können. Gerade dann, wenn man sich lange nicht gesehen hat. Die Auferstehung feiern, die Hoffnung, das Leben. Spätestens am zweiten Tag des Osterfestes zieht es mich raus in die Natur, dem Wunder nachspüren. Viele sind unterwegs, freuen sich, grüßen einander. Halleluja!


02. April 2021 MUT MACHEN 125

Begleiter für die besonderen Tage

Karfreitag – Ich denke nach über das Unfassbare: Jesu Tod. Der getötete Gott. Für uns. Warum? Wäre es nicht auch anders gegangen? Keiner findet eine endgültige Antwort. ‚Mein Gott, warum hast du mich verlassen?‘ Nichts ist mehr im Blick, was von der Gegenwart Jesu zeugt. In manchen evangelischen Kirchen wird eine Dornenkrone hereingebracht und mitten auf den Altar gelegt. Abends läutet keine Glocke mehr. Es ist Nacht.

Karsamstag – Zeit zum Nachdenken. Stiller Samstag heißt dieser Tag in der kirchlichen Tradition. Niemand ahnte an diesem Samstag etwas von Ostern oder hoffte gar auf eine Auferstehung. Von wegen Ostersamstag. Mir ist eher nach einem schweigenden Spaziergang mit Freunden. Das würde passen.

Gebet

Hilf mir, Herr, die Verworrenheit der Dinge durch die Kraft des Glaubens zu lichten. Dass ich von dir geliebt bin, ist Antwort auf jede Frage. Gib, dass mich das sicher macht, wenn das Weitergehen schwerfällt. Amen.

Für mich am Karsamstag
Ich nutze den stillen Tag als Zäsur in meinem Alltag. Heute gibt es (noch) nichts zu feiern. Als Christin anno 2021 aber weiß ich: Das Wunder kommt. Nur noch wenige Stunden. Ich schmücke Zweige und stelle sie auf den Tisch. Backe das Brot, das an Ostern gegessen werden soll. Färbe mit den Kindern Eier bunt. Vorausschauend auf morgen. Lebenshoffend.


01. April 2021 MUT MACHEN 124

Begleiter für die besonderen Tage

Gründonnerstag

Am Gründonnerstag bin ich zum Abendmahl eingeladen, Gemeinschaft mit Jesus. Auch wenn er nicht mehr am Tisch sitzt, so gilt: „Das tut zu meinem Gedächtnis“. Ob ich in diesem Jahr Abendmahl mit Jesus feiern kann, weiß ich noch nicht. Ich denke daran, wie es ist, im Kreis um den Altar zu stehen – mit denen, die ich kenne, und mit Unbekannten. In einer Gemeinschaft über viele Grenzen hinweg. Nicht anders als sonst bei den Abendmahlsfeiern, und doch wie damals in Jerusalem. Ich höre die Lesung von Jesu Gefangennahme: „... und da verließen sie ihn alle.“ Ende. Noch ein wenig brennt das Feuer. Dann geht es aus.

Gebet

Gott, wir bitten dich für die Menschen, die uns im Moment in unserer Nähe fehlen. Segne ihre Wege und lass unsere Gemeinschaft auch über die Entfernung hinweg bestehen. Amen.

Für mich am Gründonnerstag
Das Familienabendmahl mit Brotkörbchen und Saft lässt nicht nur kleine Kinder besser verstehen, was die Gemeinschaft des Abendmahls bedeutet. Wir haben in diesem hinter uns liegenden Jahr wegen der Pandemie oft auf das verbindende Sakrament verzichten müssen. Heute spüre ich besonders, wie wichtig mir dieses Ritual ist.

Steffi Graff


28. März 2021 MUT MACHEN 123

Begleiter für die besonderen Tage

Palmsonntag – Beginn der Karwoche

Jesus zieht ein in Jerusalem, wie ein König, nur anders, kleiner, demütiger, auf einem Esel. Aber die Menschen sind fröhlich. Ich weiß, dass dieser königliche Einzug nur von kurzem Jubel begleitet ist. Trotzdem bin ich dabei, freue mich mit. Jesus geht mutig seinen Weg, auch wenn er weiß, was auf ihn wartet. In sicherem Abstand folge ich, in dem Wissen: Auf seinem Weg geht es auch um mein Leben und meinen Umgang mit meinem Tod.

Für mich am Palmsonntag
Palmzweige wachsen in meinem Garten natürlich nicht. Aber eine alte Weide gibt es dort. Ihre Blüten, die Palmkätzchen, gehören für mich zum Palmsonntag. Daran gedacht habe ich schon lange vorher. Mitten in der Passionszeit brechen die Knospen der Weide an sonnigen Tagen auf und die Zweige müssen geschnitten werden. Dann hüpft mein Herz kurz in stiller Vorfreude auf, bevor die Zweige zum Warten auf ihre Zeit in den Keller geschickt werden.

Steffi Graff


19. März 2021 MUT MACHEN 122

Vampirfledermäuse als Vorbilder

Dem Corona-Virus habe ich nicht die Ehre seines Jahrestages gönnen wollen. Es sind schon ein paar Tage mehr vergangen, dass sich der offizielle Beginn der Pandemie in diesem März 2021 gejährt hat. Da gibt es auch nichts zu feiern.

Lieber möchte ich ein tierisches Vorbild für uns Menschen in der Pandemie vorstellen:

‚Amerikanische Vampirfledermäuse halten sich ganz instinktiv an die Abstandsregeln. Sobald ein Exemplar Krankheitssymptome spürt, bleibt es für sich, die regelmäßige Fellpflege und das gesellige gemeinsame Fressen entfallen. „Wir vermuten, dass das Abstandhalten eine natürliche Reaktion ist“, wird der Biologe Simon Ripperger in der Badischen Zeitung zitiert. Er hat das Verhalten der Fledermäuse mit ausgefeilten Sensoren erforscht. (…) In freier Wildbahn funktioniert es einwandfrei: „Dadurch, dass kranke Tiere weniger Kontakt zu ihren gesunden Artgenossen haben, kann sich ein Erreger langsamer verbreiten.“ Im besten Fall springt er gar nicht auf den Rest der Gruppe über. (…)

Mexikanische Frucht-Fledermäuse nutzen eine andere Schutzmethode. Kommen sich zwei während der Balz näher, greift das Männchen zum natürlichen Mundschutz, einer Hautfalte, die es sich übers Gesicht stülpt. Nur wenn ihre Avancen Erfolg haben, lassen die Tierchen „ihre Maske dann während der Paarung unters Kinn rutschen“, wie die Welt berichtet.

Eine ausgeklügelte Vorsichtsmaßnahme – und das, obwohl die meisten Tiere entgegen ihrem deutschen Namen ‚Greisengesicht‘ gar nicht zur Risikogruppe gehören. Das ungewöhnliche Ritual wurde von Forschern aus Costa Rica beobachtet und gerade im Fachmagazin Plos one veröffentlicht. (…)

Wer weiterhin draußen unterwegs ist, sollte sich also, was Abstand und Masken angeht, ein Beispiel an den Fledermäusen nehmen. (zitiert nach CiG 47/2020 S. 523)

Lassen Sie sich nicht unterkriegen, Gott befohlen!

Ihr/Euer
Eberhard Hadem


6. März 2021 MUT MACHEN 121

Was Dorf und Neuronen verbindet – und uns

Wussten Sie, dass sämtliche Nervenzellen in unserem Körper maximal vier neuronale Stationen voneinander entfernt sind? Das gibt dem Wort ‚naheliegend‘ ein ganz neue Bedeutung. Weil neuronale ‚Dichte‘ bedeutet, dass noch das Entlegenste über abzählbar wenige Zwischenschritte erreichbar ist.

Wendet man diese physiologische Einsicht über den Körper auf die ganze Welt an, dann ist unsere Welt ziemlich klein – nicht erst durch die Globalisierung und den Computer, mit dem wir im Internet surfen. „Mathematiker wollen berechnet haben, zwei beliebig voneinander entfernt Lebende auf der Erde könnten über maximal sechs Zwischenschritte einen gemeinsamen Bekannten entdecken.“ Wenn ich diese Entdeckung aus Peter Sloterdijks Tagebücher (Zeilen und Tage. Notizen 2008 – 2011. Suhrkamp-Verlag 2012, 2. Auflage, Seite 53) auf Pfaffenhofen beziehe, bedeutet das theoretisch: Je verdichteter das gemeinsame Leben, desto lebendiger der Austausch.

Praktisch gesehen lehrt uns unser Dorf aber dieselbe Wahrheit wie die der neuronalen Vernetzung: Die potentiellen Möglichkeiten sind da – aber das heißt noch lange nicht, dass sie auch genutzt werden. Müssen sie ja auch nicht unbedingt, schließlich will sich im Dorf oder anderen Gemeinwesen nicht jeder mit jemandem verbunden fühlen, den er oder sie nicht mag.

Aber was die Schöpferkraft im Lauf der Evolution zustande gebracht hat, ist doch, dass nicht nur der eigene Körper eines Menschen darauf angelegt ist, in der Not (bei Krankheit, Traurigkeit, Angst usw.) prima zu kommunizieren, sondern auch das Gemeinwesen, in dem diese Körper – also wir – leben.

Sich miteinander verbinden – das kann das Internet nicht selber, sondern nur die Menschen können es. Das kann auch nicht das Dorf an sich, es braucht immer Menschen, die im Dorf leben und das wollen. So wie auch ich in meinem Körper die eigene vorhandene neuronale Vernetzung wollen und aktivieren muss, bevor sie mir in der Not helfen kann (mein Hausarzt klatscht übrigens gerade Beifall.)

Denken Sie daran, liebe Pfaffenhöfener – immer freitags um 19 Uhr beim Glockenläuten nicht nur das eigene neuronale Netzwerk fürs Zuhören zu aktivieren, sondern auch, sich ganz bewusst mit anderen im Geist zu verbinden.

Gott befohlen

Ihr/ Euer

Eberhard Hadem

PS: Sie können sich, wenn Sie wollen, sogar jeden Tag um 19 Uhr beim analogen Glockenläuten verbinden und verbunden fühlen – trainierte Netzwerke funken und halten länger. Und das Schöne daran: Für diese Verbindung brauchen Sie nicht einmal die digitale Welt des Internets.


21. Februar 2021 MUT MACHEN 120

Den Fastenblick einüben

Von den Malern der Renaissance haben wir gelernt, dass der Rahmen eines Bildes keine Einschränkung beim Sehen ist, sondern eine genauere Wahrnehmung dessen fördert, was wir sehen. Auch wenn es nur ein begrenzter Anblick ist, so wie der Blick aus dem Fenster nur einen Ausschnitt der Landschaft zeigt.

Doch die Grenze, der Rahmen, das Fenster schärft unsere Wahrnehmung. Der Rahmen nötigt eben nicht zu einem fokussierten Blick, als gäbe es nur eine bestimmte Facette zu sehen. Er ist vielmehr eine heilsame Begrenzung, die es den Betrachterinnen und Betrachtern ermöglicht, mehr wahrzunehmen als das, was sie auf den ersten Blick zu sehen meinen.

Doch das moderne Auge, das alles schon gesehen hat oder zumindest glaubt, alles schon gesehen zu haben, hat diese Wahrnehmung weitgehend verloren. Stattdessen jagt ein Bildeindruck den anderen. Im Kino werden die Filme mit immer schnelleren Bildfolgen gedreht, die das menschliche Auge kaum noch wahrnehmen kann. In großer Unruhe wackelt die Kamera, z.B. um eine hektische menschliche Perspektive oder die Spannung in der Angst hervorzuheben. Von der Kraft ruhiger Filmbilder des griechischen Regisseurs Theo Angelopoulos oder der cineastischen Wahrnehmungsmagie eines Sergio Leone (z.B. in der Anfangssequenz von ‚Spiel mir das Lied vom Tod‘) sind moderne Blockbuster-Filme weit entfernt.

Viele Menschen heute haben diesen Renaissance-Blick aus dem Fenster verlernt. Dabei könnte uns dieser gerahmte Blick helfen, genauer hinzuschauen, was wir sehen.

Die Flut an Bildern, Informationen, Statistiken, Nachrichten, Pressemeldungen usw. zu Corona erschlägt uns. Würden wir alle Informationen gleichzeitig wahrnehmen wollen, ginge es uns wie den Zuschauern bei einem Tennismatch in Wimbledon: Permanent würde unser Kopf und die Augen von einer Seite zu der anderen wechseln, hin und her, ein unglaublich ermüdender Vorgang. So geht es uns mit Corona – wir können die vielen Infos schon nicht mehr hören, geschweige denn einordnen.

Was aber würde sich ändern, würden wir uns der Informationsflut zumindest für bestimmte Zeiten verweigern und unser Alltagsleben ‚durch ein Fenster wahrnehmen‘? Also eine bewusste Einschränkung unseres Blicks auf unseren Alltag wählen – wie viele Schönheiten, wie viel Güte, wie viele Freiheiten könnten wir entdecken?

Stattdessen meinen viele, Schönheit, Güte und Freiheiten seien nur jenseits der uns einengenden Parameter von Abstand und Mundschutz möglich, also immer dort, wo wir nicht sind oder nicht sein dürfen. Nichts ist deprimierender.

In der Fastenzeit diesen Fastenblick ‚durchs Fenster‘ einüben, meinen Blick auf meinem direkten Umfeld ruhen lassen und schauen, was dort geschieht – das wäre dagegen ein gutes Training für unsere Wahrnehmungsfähigkeiten. Machen Sie doch einfach mit!

Gott befohlen

Ihr/ Euer
Eberhard Hadem


13. Februar 2021 MUT MACHEN 119

Wenn der Präsenzgottesdienst abgesagt ist…

…werden auch am kommenden Sonntag Mesnerin Ruth Burmann und Pfarrer Eberhard Hadem wie bisher auch die Hausandacht in der Ottilienkirche mit Hilfe der Glocken mit all denen feiern, die um 9.30 Uhr in ihren Wohnungen und Häusern mitmachen.

Die vollständige Predigt von Prädikant Gerhard Wendler liegt in der Ottilienkirche aus bzw. kann hier heruntergeladen werden. Zum Reinschnuppern einige Gedanken aus der Predigt in Auszügen.

Aus der Predigt von Prädikant Gerhard Wendler am 14. Februar Pfaffenhofen:

(…)

Es geht um Zusammenhänge: Wenn die äußere Form (wie etwa das Fasten) sagt „ich halte mich zu Gott“, dann muss die innere Haltung dazu passen und dann muss mein ganzes Handeln dem entsprechen. Es ist ja nicht gemeint, Ausbeutung und Schlägereien auf die Zeit zu verschieben, in der nicht gefastet wird, so vielleicht ab Osterdienstag wieder.

IV

Der Katalog an Aufforderungen wie es richtig ist, lässt sich gut zusammenfassen unter zwei Stichworten: Das erste Motiv ist „Freiheit“: Lass los, lass ledig, gib frei, reiß weg“. Das war den Zuhörern des Propheten geläufig: die Geschichten von der Sklaverei in Ägypten kannte jeder und das Exil in Babylon steckte ihnen auch noch in den Knochen. Sie kannten auch das zweite Motiv, das man „Gemeinsinn“ nennen kann: Hungrige speisen, Fremde beherbergen, Nackte kleiden und „entzieh Dich nicht Deinem Fleisch und Blut“.

Diese und andere Motive werden die „Sieben Werke der Barmherzigkeit“ genannt, Jesus greift diese alte jüdische Tradition auf im Gleichnis vom Weltgericht, das uns Matthäus Kap. 25 überliefert.

Heute von Gott reden heißt also, diese Worte in unsere Zeit übersetzen: Wer sind heute die Gebundenen? Wer ist heute „unterjocht“ und wer ist heute mein Fleisch und Blut?

V
Auch wenn dies eine Predigt in Corona Zeiten ist, auch wenn sie nicht gehalten, sondern nur online gestellt wird: NEIN, NEIN UND NOCHMALS NEIN! Weder Maskenpflicht noch Quarantäne, weder Ausgangsbeschränkungen noch Geisterspiele der Sportler, alles das fällt da nicht darunter. Unser Joch ist nicht die Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, die jetzt wieder verlängert wurde, unsere Last ist das Virus.

Die Gebundenen sind auch nicht die Fußballer von München, die nicht fliegen dürfen, weil Tausende von Berlinern ihre Nachtruhe verdient haben. Die Gebundenen sind die, die auf den Intensivstationen bewegungsunfähig liegen müssen.

Die Freiheit, die wir brauchen, ist die Freiheit von Krankheiten. Und dazu hat uns Gott den Verstand gegeben und kluge Forscher und Forscherinnen. Zum Beispiel haben sie erkannt, dass zu Zeiten der Pestepidemie die Bittgottesdienste dazu beigetragen haben, die Pestbakterien zu verbreiten. Deshalb geht mit dem Wissen von heute nichts ohne die Reduzierung von Kontakten. Ja, mir tut es auch leid, dass ich heute nicht in Pfaffenhofen in der Kirche bin und Sie direkt sehe und Ihnen an der Tür die Hand geben kann. Ja, ich vermisse auch die Begegnung mit meinen Pfaffenhöfener Bekannten, hätte gerne mit dem Organisten die Lieder besprochen, mit der Lektorin über das Evangelium geredet und bei den Abkündigungen am liebsten gesagt: Alle Chorproben finden statt, alle Kreise treffen sich wie gewohnt, alle Taufen, Trauungen und Beerdigungen sind für alle zugänglich, die teilnehmen wollen und eine Maske brauchen Sie nur für den Faschingsumzug und den Kehraus am Dienstag beim Sportverein.

Gefordert ist in der aktuellen Situation nicht unsere Sehnsucht nach Freiheit, sondern unser Gemeinsinn. Entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut heißt in diesen Tagen: nimm Rücksicht auf die Menschen, die Du anstecken könntest. Du weißt nicht, ob Du nicht schon infektiös bist! Denke daran, dass Du eine Infektion nicht einfach rückgängig machen kannst, „Entschuldigung, tut mir jetzt echt leid, kommt nicht wieder vor“ ist keine Lösung, wenn Dein Nächster an der Herz-Lungen-Maschine hängt.

(…)

Der Prophet endet mit einer Verheißung: Dann wirst du rufen und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich. Im Vertrauen darauf, dass Gott hört und erhört, möchte ich Gott rufen mit einem Gebet, das Benediktinermönche auf den Philippinen formuliert haben. Die Missionsbenediktiner von Münsterschwarzach haben es kürzlich weitergegeben:

Gott, unser Vater, wir kommen in unserer Not zu Dir, um Dich um Schutz vor dem Corona-Virus zu bitten, das Leben gekostet hat und viel Schaden über die Menschen bringt. Wir beten um Deine Gnade: Für die Menschen, die das Virus erforschen und gegen seine Verbreitung kämpfen. Führe die Hände und Gedanken der Mediziner, auf dass sie den Kranken dienen durch ihr Können und ihr Mitgefühl, und der Regierenden und Helfenden, die auf der Suche nach einer Heilung und einer Lösung der Epidemie sind! Wir beten für die Kranken. Mögen sie bald wieder gesund werden. Gewähre all das durch unseren Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn, der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes, jetzt und in Ewigkeit. Amen


07. Februar 2021 MUT MACHEN 118

Vom Recht, überfordert sein zu dürfen

Im Internet kursiert ein Instagram-Post der SAT1-Moderatorin Marlene Lufen, in dem sie Zahlen nennt, über die in der Pandemie angeblich noch nicht wirklich geredet wurde (wurde es schon, aber vielleicht noch nicht bei der SAT1/Pro Sieben-Mediengruppe). Sie nennt erschreckende Zahlen, z.B. „23% mehr an Fällen von Gewalt an Kindern in der Gewaltambulanz der Berliner Charité im ersten Halbjahr 2020. Eine halbe Million Kinder haben im Jahr 2020 die ‚Nummer gegen Kummer‘ am Telefon gewählt. 67% der Jugendlichen zwischen 18 und 24 fühlen sich zurzeit überdurchschnittlich psychisch belastet. Armut und Existenzangst nehmen dramatisch zu.“

Das ist das Problem an solchen Zahlen bzw. diesem Instagram-Post, dass sie suggerieren, wenn man auch die Nebenwirkungen in die Gleichung einrechnen würde, gäbe es eine Lösung, mit der alle zufrieden wären. Aber das funktioniert leider nicht. Ich kann nicht Lockdown und gleichzeitig Lockerung fordern, damit die schrecklichen Zahlen nicht mehr auftreten. Lockdown geht nicht umsonst. Wer glaubt, der Umgang mit dem Virus wäre möglich unter Beibehaltung des eigenen Lebensstandards, irrt sich gewaltig und spielt mit einer gefährlichen Utopie.

Ich kenne kein Land dieser Erde, in der die Verantwortlichen in dieser Pandemie alles richtig gemacht haben (ich lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen). Schweden und Portugal wurden früher mal vorbildlich genannt, wenn auch anders als Deutschland. Inzwischen ist auch dort vieles anders. Und nicht nur dort. Ist China ein Vorbild? Auch dort nur deshalb, weil die Nachverfolgung per Handy und Überwachung so lückenlos, gnadenlos und ohne jeden Datenschutz geschieht wie nirgendwo anders auf der Welt. Um in einer Welt von Big Brother und Big Data an der Freiheit festhalten zu können – was immer sie dann auch bedeutet – muss man entweder so wenig Mut haben wie die chinesische Bevölkerung oder so unglaublich viel Mut wie Nawalny in Rußland oder die Studenten in Honkong und die Bevölkerung in Belarus.

Noch immer sind wir nicht bereit, uns der Tatsache zu stellen, dass hier etwas geschieht, das wir nicht kontrollieren können, schon gar nicht mit den zur Verfügung stehenden Mitteln. Auch wenn die Verantwortlichen uns erklären, die Rückgewinnung der Kontrolle sei ihr und unser gemeinsames Ziel. Auch wenn es aller Mühe wert ist, dafür zu kämpfen um möglichst vielen Menschen zu helfen und Triage-Situationen in Krankenhäusern zu vermeiden.

Aber wenn du in den Bergen in ein Gewitter gerätst, dann hilft es niemandem, wenn der Bergführer sagt, er habe alles unter Kontrolle. Du kannst nur das Allernotwendigste tun und hoffen, dass der Blitz dich nicht trifft. Manchmal gibt es das, das Recht, überfordert zu sein. Unsere Großeltern und Vorfahren in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts kannten sich aus damit (siehe MM 113).

Und schließlich: Das, was seit einem Jahr geschieht, wird man auch nicht mit Geld und Zuschüssen ausgleichen können – irgendjemand wird die Zeche zahlen müssen. Jetzt schon die Kinder und Schwachen im Lockdown – erst recht, wenn wir gleichzeitig Lockerungen fordern. Und zuletzt büßen unsere Enkelkinder. Für unser Handeln. Die Bibel hat ein Sprichwort dafür: Die Väter haben saure Trauben gegessen und den Kindern sind die Zähne stumpf geworden (Ezechiel 18,1).

Das Recht, überfordert sein zu dürfen – es schließt nicht aus, sich für andere einzusetzen, soweit es jeder und jedem möglich ist. Sich zu kümmern, nachzufragen, zu hören, zu trösten, zu ermutigen. Kleine Gesten der Wahrnehmung können große Wirkung haben. Und vor allem kommt es darauf an, dass wir uns jetzt zusammenzureißen um unseren Kindern und Enkelkindern eine Welt zu überlassen, die auch sie leben lässt.

Ich gebe zu, dass dieses MM 118 nicht sofort ‚Mut Macht‘. Aber wer die Realität ausblendet und die Wahrheit nicht hören mag, kann auch keine Angst überwinden. Und darauf kommt jetzt an – ausharren und überwinden. Am meisten sich selbst.

Gott befohlen,
Ihr/Euer Eberhard Hadem


29. Januar 2021 MUT MACHEN 117

Stellen wir uns einmal vor, wir würden Legende der Heiligen Drei Könige heute weitererzählen. Und Caspar, Melchior und Balthasar wären Repräsentanten der drei Weltreligionen: Judentum, Christentum und Islam. Die neue Legende ginge dann so:

Siehe, da wollten Weise aus den drei großen Buch-Religionen aufbrechen und sprachen: ‚Wo ist Gott? Wo ist Gott den Menschen am nächsten? Dort wollen wir gemeinsam hinziehen und ihn anbeten.‘ Aber ihre eigenen Glaubensgenossen sagten ihnen, jede für die eigene Religion: ‚Wir haben ihn doch schon lange gefunden. Was soll die unnötige Aufregung? Sollen doch die anderen laufen! Wir sind schon lange da!‘

Aber jeder der drei Weisen schüttelte den Kopf: ‚Seht ihr nicht den Stern hoch über uns stehen? So viel höher und größer ist Gott als unsere Vorstellung von ihm. Habt ihr denn keinen Respekt mehr vor dem Geheimnis Gottes? Nicht ihr habt ihn erfunden. Nicht ihr habt ihn in Händen. Er hat uns geschaffen und wir sind in seinen Händen. Natürlich haben wir ihn damals gefunden, aber sein Stern führt uns wieder in ein neues Land; dort werden wir ihn ganz menschlich und ganz strahlend entdecken. Wir werden ihn finden, während wir mit den Anderen reden; in der gemeinsamen Suche und im gemeinsamen Dienst. Manchmal muss dabei einer auch auf den anderen warten.‘

Die drei Weisen sprachen eindringlich zu ihren jeweiligen Glaubensgenossen: ‚Jeder von uns kennt die Gefahr des Fundamentalismus in sich: die Versuchung zu glauben, dass man die alleinige Wahrheit gepachtet habe. Jeder von uns weiß, wie leicht aus dem angeblichen Besitz der Wahrheit ein un-heiliger Nationalismus werden kann – egal, ob er sich ‚Christliches Abendland‘ oder ‚Arabischer Halbmond‘ oder ‚Heiliges Land‘ nennt.‘

Da nickten dann die Vertreter der drei großen Religionen auf ihren Synoden und Versammlungen, nachdem sie vorher lange den Kopf geschüttelt hatten. Und mit dem Segen Gottes sendeten sie die drei Weisen auf den Weg, den der Stern ihnen wies, um Gott wieder neu zu finden in seinem menschlichen Angesicht.

Und vor einem Menschenkind am Rande der Stadt sanken die drei Weisen auf die Knie, breiteten die Schätze ihrer Religionen aus und legten zu den Füßen des Menschenkindes das, was bei ihnen glänzt – wie Gold. Und das, was bei ihnen köstlich und ekstatisch ist – wie Weihrauch. Und das, was bitter schmeckt, aber zum wahren Leben gehört – wie Myrrhe.

Doch nach Hause wagten sie sich nicht mehr, denn sie dachten nicht, dass ihnen das jemand glaubt…
(Herkunft unbekannt)

So könnte die neue Legende fortfahren… wer weiß, mit welchem Ende.

Gott befohlen,
Ihr/Euer Eberhard Hadem

Auszug aus der Predigt vom 31. Januar, die vollständige Predigt finden Sie hier.


26. Januar 2021 MUT MACHEN 116

Das folgende Fundstück hat Otto Endres entdeckt. Er ist Rother Gemeindeglied und hört gerne die Morgenfeiern im Radio auf Bayern 1. In der katholischen Morgenfeier vom 3. Januar hat er den so genannten Johannesprolog – ein nicht leicht verständliches ‚Vorwort‘ zum Johannes-Evangelium (Joh. 1, 1-18) – in der barrierefreien Übertragung von ‚Leichter Sprache‘ gehört (zu ‚Leichte Sprache‘ s.u.). Noch immer ist Weihnachten, bis Anfang Februar geht die weihnachtliche Freudenzeit. Viele Menschen wissen das nicht (mehr). Aber es stimmt. – Vielen Dank, Otto, für dein Fundstück!

Ein Gedicht, dass Gott die Welt erschaffen hat

Als Jesus geboren war, freuten sich viele Menschen. Die Menschen haben gesungen und gebetet. Ein Mann hat ein Gedicht geschrieben. Das Gedicht ist schwer zu verstehen. Aber es ist ein schönes Gedicht. Es ist ein Weihnachtsgedicht. Das Gedicht steht in der Bibel. So geht das Gedicht:

Gott hat die Welt erschaffen. Wie hat Gott die Welt erschaffen? Gott hat die Welt mit seinem Wort erschaffen. Gott hat gesprochen: Die Erde und der Himmel sollen werden. Da war die Welt erschaffen.

Das Wort von Gott hat alles erschaffen. Weil Gott gesprochen hat. Ohne das Wort von Gott ist überhaupt nichts erschaffen.

Das Wort von Gott war von Anfang an da. Gott ist selber das Wort.

Das Wort von Gott macht alles lebendig. Das Wort von Gott ist das Leben. Das Wort von Gott macht alles hell. Das Wort von Gott ist das Licht.

Gott hat die ganze Welt erschaffen. Die ganze Welt gehört Gott. Alle Menschen gehören zu Gott. Und Gott gehört zu den Menschen. Gott wohnt bei den Menschen.

Gott schickte Johannes in die Welt. Johannes sollte den Menschen erzählen: Gott hat die Welt erschaffen. Die ganze Welt gehört Gott. Die Menschen gehören zu Gott. Gott hat die Menschen lieb.

Viele Menschen haben Johannes ausgelacht. Die Menschen wollten Johannes nicht glauben.

Gott hat Jesus geschickt. Jesus kommt von Gott. Jesus bringt das Licht in die Welt. Jesus ist selber das Licht. Viele Menschen wollten das Licht nicht sehen. Viele Menschen wollten Jesus nicht glauben.

Aber: Viele Menschen glauben Jesus trotzdem. Diese Menschen sind froh in ihrem Herzen. Diese Menschen sind glücklich. Diese Menschen wissen: Gott hat uns lieb von Anfang an. Immer. Das ist die Wahrheit.

Aus: Evangelium in Leichter Sprache. Weihnachten am Tag. Lesejahr ABC. Verlag Katholisches Bibelwerk 2018
gefunden von Otto Endres, Roth

Anmerkung: Leichte Sprache berücksichtigt die Bedürfnisse von Menschen mit Lernschwierigkeiten, aber auch von Menschen mit Demenz oder von Menschen, die nicht so gut Deutsch sprechen oder lesen können. Als barrierefreie Sprache zeigt sie ein übersichtliches Schriftbild mit einfachen, klaren Sätzen. Auch in den Gottesdiensten in Pfaffenhofen werden immer wieder Bibeltexte in ‘Leichter Sprache‘ gelesen. Der Bibeltext in der Übersetzung von Martin Luther 2017 steht nachfolgend.

Johannes 1, 1-18 (in der Übersetzung Martin Luther 2017)

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort. Dasselbe war im Anfang bei Gott. Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts gemacht, was gemacht ist. In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat's nicht ergriffen. Es war ein Mensch, von Gott gesandt, der hieß Johannes. Der kam zum Zeugnis, damit er von dem Licht zeuge, auf dass alle durch ihn glaubten. Er war nicht das Licht, sondern er sollte zeugen von dem Licht. Das war das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen. Es war in der Welt, und die Welt ist durch dasselbe gemacht; und die Welt erkannte es nicht. Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf. Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden: denen, die an seinen Namen glauben, die nicht aus menschlichem Geblüt noch aus dem Willen des Fleisches noch aus dem Willen eines Mannes, sondern aus Gott geboren sind. Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.


24. Januar 2021 MUT MACHEN 115

Die Autorin des nachfolgenden Textes ist Pfarrerin Elisabeth Düfel aus Roth. Ich schätze sie als Kollegin, besonders ihre Feinfühligkeit, wie sie sich in Menschen hineindenken kann. Sie spürt der Geschichte der Ruth und ihrer Schwiegermutter Noomi nach, dem Predigtwort für den 3. Sonntag nach Epiphanias. Und entdeckt, was die Haltung der Ruth auch für uns heute so besonders macht – vielen Dank, Elisabeth!

Bei sich Raum zu haben für die Welt des anderen, in der er lebt

Wo du hingehst, da will ich auch hingehen, wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. So manchem von ihnen ist dieser Spruch sicher als Trauspruch bekannt. Vielleicht ist es ja sogar der Trauspruch von jemand unter uns. Er stammt aus dem Buch Ruth im Alten Testament und ist im heutigen Predigttext zu finden. Ich lese ihn nicht, sondern erzähle die Geschichte, aus dem er stammt.

Ursprünglich hat er nichts mit einer Hochzeit zu tun, sondern seinen Platz im Leben zweier Frauen, sie heißen Noomi und Ruth. Sie haben eine bewegende Geschichte miteinander, die im Buch Ruth des Alten Testaments aufgeschrieben ist, ein ganz kleines Buch im Alten Testament, oft übersieht man es. Aber es enthält die einzige zusammenhängende Geschichte in der Bibel, die aus der Perspektive von Frauen erzählt wird.Was lösen diese Worte von Ruth ihrer Schwiegermutter gegenüber aus? Enttäuschung, weil es gar nicht so romantisch ist wie gedacht? Berührt sie diese Geschichte von Mitmenschlichkeit und Treue, weil hier eine die andere nicht alleine ziehen lässt? Sie begleiten will, was auch kommt bis zuletzt? Berührt Sie diese Geschichte, weil hier Menschen aus verfeindeten Ländern sich von den Grenzen nicht abhalten lassen, sondern einfach als Menschen begegnen und die Liebe offensichtlich stärker ist als diese Grenzen, die die Menschen aufgezogen haben?

Bewundern Sie den Mut von Ruth, die alles hinter sich lässt, ihre Heimat, ihre eigenen Familie und Erwartungen an sie hintanstellt und ihren eigenen Weg geht und aufbricht in ein neues, ihr noch fremdes Land? Ist Ihnen das Leben Noomis vertraut, die aufgebrochen war in ein fremdes Land und so viel verloren hat? Vielleicht würde jemand unter uns sagen: Das ist heftig, was Ruth macht, die alles aufgibt. Das könnte ich nicht, meine Familie, meine Heimat, meinen Glauben zurücklassen. Orpa ist mir näher als Ruth, die in ihrem Land bleibt und nicht mit Noomi und Ruth zieht. Vielleicht sind auch zwei Seelen in Ihrer Brust. Vielleicht hören manche in dieser Pandemiesituation das „deins ist meins“ so, dass es ihnen zu viel nach Nähe klingt und sie froh sind, mal das das eigene zu haben, wenn man sich ständig auf der Pelle sitzt. Andere wiederum sehnen sich nach dem „deins ist meins“, nach Begleitung und Nähe.

Mich beschäftigt an der Geschichte von Ruth: Was ist denn eigentlich deins und meins? Wissen wir das so genau? Wie würden wir mein Volk beschreiben, und damit ist ja vielmehr als eine Nation gemeint, die Familie, die Freunde, die Gemeinde? Was mein Gott ist? Und wohin wir gehen wollen? Und das ist das des anderen? Wissen wir das so genau? Manchmal merken wir es ja an Stellen mitten im Alltag, dass hier Unterschiede bestehen, schon alleine daran, wenn es darum geht, wenn Menschen zusammen leben, wie der Weihnachtsbaum geschmückt werden soll? Oder ob die Kinder getauft werden sollen, ob evangelisch oder katholisch, wenn Eltern aus unterschiedlichen Konfessionen kommen oder wenn einer gerne in die Kirche möchte und dem anderen das gar nichts bedeutet? Und da wird dann deutlich, dass meins nicht gleich deins ist.

Es geht hier nicht um die Israeliten und die Moabiter, sondern um zwei Menschen, die einander begegnen, die sich öffnen füreinander, es geht für mich darum, nicht nur das Seine zu sehen, sondern sich auf das des Anderen einzulassen. Bei sich Raum zu haben für die Welt des anderen, in der er lebt, nicht nur für meine eigene. Das des Anderen wie das Eigene achten – dein Volk ist meines heißt ja nicht, dass das Volk des Anderen nicht mehr zu ihm gehört.

Auszug aus der Predigt vom 24. Januar, vollständig nachzulesen hier.


21. Januar 2021 MUT MACHEN 114

Die Autorin des nachfolgenden Textes ist die Journalistin Stefanie Graff aus Roth. Sie berichtet und kommentiert u.a. für die örtlichen Tageszeitungen. Wenn ich mit ihr spreche, überrascht sie mich oft mit ihrem ganz eigenen Blick auf Menschen und Dinge. Ich lerne von ihr, richtig hinzuschauen. So, wie sie kritisch den Text würdigt, der unmittelbar vorher hier veröffentlicht wurde – vielen Dank, Steffi!

Gedanken zur Krise – Nicht nur, aber auch wegen Corona

Ja, der Lockdown ist noch einmal verlängert worden. Die Corona-Krise ist noch lange nicht vorbei. Nicht die große weltumspannende Krise, auch nicht die vielen kleinen, die sich tagtäglich in Familien, Betrieben, Kliniken, Altersheimen und Behinderteneinrichtungen abspielen. Überall. Jede und jeder bekommt Corona zu spüren, die einen tragen leichter, die anderen schwerer daran. Ich denke viel darüber nach, was diese Krise mit uns macht. Ob wir uns verändert haben werden, wenn es hinter uns liegt. Und wenn ja, wohin.

Ich entdecke hier auf der Homepage der Kirchengemeinde unter MM 113 den Text „Vergleich der Schmerzen“, erschrecke erstmal über die Überschrift. Im Untertitel erfahre ich, es geht offenbar darum, Schicksale verschiedener Generationen zu vergleichen. Ich bin keine Freundin historischer Vergleiche und deshalb neugierig unter Vorbehalt. Ich glaube, alles ist in seiner Zeit.

Sofort hatte ich dann auch noch einen erst vor kurzem gehörten unangenehmen Satz im Ohr: „Sollen sich die Party-Kids nicht so anstellen, die haben noch keinen Krieg erlebt". Bamm! Ein Satz wie eine Ohrfeige. Und wie ich finde sehr unangemessen. Es wird weder der einen noch der anderen Generation gerecht, so zu denken oder zu reden. Genauso gut könnte man ja sagen: „Alles nicht so schlimm hier, dem Ärmsten hier geht es ja immer noch viel besser als den meisten im Sudan.“ Oder in Flüchtlingslagern mitten in Europa. Oder sonst wo in der Welt, wo Krise etwas völlig anderes bedeutet als hier für uns.

Bemerkenswert finde ich, dass ich noch keinen Alten persönlich gesprochen habe, der nicht sagen würde, ihm oder ihr täten im Moment vor allem die Kinder und Jugendlichen leid. Obwohl wir davon ausgehen können, dass die Jungen trotz allem, und vielleicht ein wenig später zwar nicht alles nachholen können, aber Entwicklungsmöglichkeiten haben werden. Den Alten werden oft die letzten Pläne für immer genommen. Vergleich der Schmerzen?

Ich habe in meinem Leben gelernt, dass Krise nichts Absolutes ist, sondern die Wucht der Krise einzig und allein davon bestimmt wird, wie sie individuell wahrgenommen wird. Was den einen umhaut, ist für den anderen noch völlig ok. Woran ich zerbreche, macht dem anderen erstaunlich wenig aus. Man kann da nichts messen. Die Krise ist so groß, so tief, so furchtbar, wie der Mensch, der sie erleidet, sie wahrnimmt – während man danebensteht und vielleicht gar nicht weiß, was da jetzt so schwierig sein soll.

Wenn ich es als Krise wahrnehme, ist es eine. Die Krise, die du erlebst, ist so, wie du sie beschreibst. Auch wenn ich es anders erlebe und fühle. Ich glaube, es nicht egal, wie wir die Krisen der anderen sehen. Ob ich gestärkt oder gebrochen aus der Krise komme, hat auch etwas damit zu tun, ob ich in meiner Not gesehen wurde.

Krise kommt – Krise ist – Krise geht. Das ist eine recht einfache und dennoch für mich hilfreiche Erkenntnis. Was Corona angeht, denk ich: "Auch das geht vorbei." Wir können es besser oder schlechter hinkriegen, es wird mehr oder weniger lang dauern und danach werden wir auf alle Fälle schlauer sein und können uns dennoch jedes "Da hätten wir besser…" sparen.

Hier, jetzt und heute, nach bestem Wissen und Gewissen. Das zählt.

Steffi Graff, Roth


15. Januar 2021 MUT MACHEN 113

Der Autor des nachfolgenden Textes ist Thomas Hirsch-Hüffell, er ist Pastor der Nordkirche. Von 1997 bis 2018 hat er das Gottesdienstinstitut in Hamburg geleitet. Ich erinnere mich an ein gemeinsames Abendmahl, dass wir im Rahmen einer Fortbildung im Ratzeburger Dom gefeiert haben, in einer Einfachheit und Würde, die ich nicht vergessen werde. Ihm verdanke ich inspirierende unbequeme Einsichten und anstößige Hinweise – Vielen Dank, Thomas!

Vergleich der Schmerzen

Was uns Corona beschert, was meinen Vorfahren ihre Zeit bescherte und was am Horizont auftaucht

von Thomas Hirsch-Hüffell

Ich bin seit kurzem 66. Genauso alt wurde meine Mutter. Ich bin mehrfach am Tod vorbei geschrammt. Stammend aus Eltern, die am Tod entlang lebten. Mutter Vollwaise, Vater Halbwaise, kriegsversehrt. Ich träumte als kleiner Mensch das Feuer, das er erlebt hatte, als seine Familie erstickte. Die Mutter sah die winzige Tochter, meine Schwester, auf dem Bahnhof mit einer Tomate in der Hand stehen, während ihr Flüchtlingszug losfuhr. Bis ein Russe ihr die Kleine durchs fliehende Fenster hereinreichte. Ich höre die Schreie körperlich. Ich mag mich verneigen vor ihnen, immer wieder mal verneigen.

Hineingeboren – ich – in einen langen europäischen Frieden, in volle Kühlschränke und Luxusreisen.

Was wollte ich jetzt meinem Vater erzählen? Reisebegrenzung, Kontaktbeschränkung, Familienstress und Pleiten wegen Corona. Er würde mich ansehen. Jahrgang 1913. Nicken. „Ja, ist nicht so leicht“ – würde er sagen. „Geht vorbei“ – würde er sagen. „1929 ging die halbe Welt pleite am 'Schwarzen Freitag'. Tausende haben sich damals das Leben genommen.“ (Heute feiert man unter diesem Namen eine Konsum-Party.) „Nein, Jugend hatten wir nicht“ – würden beide Eltern sagen. „Welche Jugend? Wir wollten, dass ihr es besser habt, das war's. Und ihr habt irgendwas gemacht daraus, das wir nicht verstehen.“ Würden sie sagen – haben sie gesagt.

Nein, fraglos, es ist schwierig, was wir grad erleben. Es fordert den Wohlstand heraus, das Ererbte. Es stoppt die kulturelle Vielfalt, die sich so wunderbar ausbreiten konnte jenseits der Panzer und Bomben. Opernhäuser, soweit das Auge reicht. Aufführungen auf jeder Treppenstufe, Frieden auf den Straßen, so viel Frieden, dass es den radikalen Querdenkern schon langweilig wird. Die fühlen sich ja erst, wenn es Feinde gibt.

Nur: Ich mag meinen Eltern mit diesem Zustand nicht verzweifelt unter die Augen treten.

Es gibt wohl kein Menschenrecht nicht überfordert zu sein. Oder andersrum gesagt: Es gibt das Recht mit dem Leben nicht klarzukommen. Meine Eltern sind überrollt worden und mussten das halbe Leben drangeben nur um überhaupt zu atmen.

Ich konnte als Nachgeborener im fetten Europa mit euch zusammen schon von Anfang an Luft holen. Ich kann mit euch das Ungefähre dieser Lage bedrohlich finden, aber wir haben Wege und Holzwege da hindurch. Es ist absehbar, auch wenn Leitende jetzt schlingern.

Schwerer wiegt vielleicht, wie die kleinen und mittleren Freiberuflichen dastehen nach all dem. Ob auch sie bald gefressen werden von den weltumspannenden Blackfriday-Konzernen, die keine Steuern zahlen. Die Regierende so vor sich hertreiben, dass die mit chinesischer Diktatur flirten. Da hab ich echte Sorge. Aber die hatte ich auch vorher schon. Vermutlich gibt es auch Gründe wach zu sein für die Handelsbeziehungen und den Umgang mit Tieren, denn sonst blühen uns vielleicht demnächst wirklich gruselige Keime. Dieser geht ja noch.

In alldem: Ich weiß es nicht. Ich weiß es auch nicht besser. Ich halte die Zeiten meiner Eltern an meine und unsere. Es entspannt mich dies zu tun. Seltsam. Meins tritt in einen anderen Horizont: Das Fette der letzten Jahre ist nicht allein der Maßstab. Es gibt keine Sicherheit, für gar nichts. Außer man liebt. Dieser Zustand ist objektiv der unsicherste, aber der einzige, der mich und dich am Leben hält. […]

Zusammen mit anderen schreibt THH regelmäßig in einem Blog SPIRITUS auf evangelisch.de (Link zu diesem Blogtext vom 25.11.2020)


11. Januar 2021 MUT MACHEN 112

Vil goudn inbudd fier die neggsde zaid

ein reim, halb verschdaubd in der werkschdadd seid eddliche jahre eddserd isser ferddich

passd doch irchendwie in die zaid relichiöse zweifl, vorbehalde und sucherai

und falls ned, nacherd hald ned is ned ersu schlimm

mer koo’s ja aa zuern schdigg leberwurschtbrod inhaliern und er halwe bier derzou, daß besser rudschd

is blouß erweng arch vergaisdichd, nä franggn-schbirrid hald

schoodn koo’s der niggs däd i soong

massder, wos hommern erweng drunggn dass mer aff zu zaich kummd

nerja, wennsd wos hochbroddsendigs schraim willsd nou moußd a wos hochbroddsendigs dringgn

schbirriduosn relichiöser naddur koo mer si blaiderwais ned kaafm die kräichd mer heggsnds gschengd

vo ohmer ehm hobbi ja scho offd gnouch gsachd, maanerdi

inbudd glaich audbudd, rain maddemaddisch gsehng verschdäihsd

odder anderschd ausdriggd vo niggs kummd niggs

nerja, iech wünsch der wos vil goudn inbudd fier die neggsde zaid

su ainfach wärd’s zerschd ermol ned wern do brauchsd ka brofeed ned sai

obber wäi hadd der abosdl gsachd der baule, nä

mir sinn doch ned wäi die haidn als chrisdnmenschn

obber des fässler machi edds fei nimmer aaf des deema moumer erweng indensiver beleuchdn

heid nimmer und morng ned glai

blouß nu des anne die heilichn drai köniche wissn, wie’s gäihd

kummer sind’s, und gesechned sind’s widder ganger wer gesechned is, had zuversichd und graffd

des ist des, wos mir genauo brauchn mir erschd rechd

wos mir gewaldich brauchn, is er schudds vo ohm runder ned blouß impfn lassn und nou maaner, des langerd

ersu korzsichdich sollerd mer ned sai ned, wemmer christlich dengd

maskn und impfn und disdands alles defensive abwehrhaldung

des is, wäi wenn er boggser bam boggsn immer blouß sain kuupf hiehäld

und die händ vuurs gsichd aus lauder angsd

mer brauchd obber graffd mer mouß si aggdiev wehrn

do fälld mer wos ai klainer hinweis gefällich

dain is die graffd und die herrlichkaid wou schdaihd edds des schnell widder

horch, iech sooch der wos zum disch des herrn mecherd iech

lassd mi endlich widder derzou schberrd mi ned länger aus

iech will abendmahl feiern meinedweeng a eucharisdie

is mer worschd, iech bin nämli ökonomisch hald, naa, ökumenisch hobbi gmaand

klainer verschbrecher koo bassiern, in solche zaidn

wenn die kärch ihrene kirchnschdeuer kassierd gands ökonomisch

und zaidglaich andschdandslos zouschberrd gands ökumenisch

gaisdlich gäid andersch, maan hald iech obber wos wassn scho iech

niggs fier ungoud, nä mer redd ja ned, mer sachd ja blouß

also, su waid, su schlechd und droddsdem er gouds nais johr

drodds allem oder besser, edds erschd rechd

mir sehng si, gell und zwar in der kärch

godd zum gruße good god, good luck

eier neggsder

Wolfgang Müller 2021 (nemberch frängisch sprochn)


31. Dezember 2020 MUT MACHEN 111

Mir zur Feier

(oder: Auch ein Neujahrsgedicht E.H.)

Du musst das Leben nicht verstehen, dann wird es werden wie ein Fest. Und lass dir jeden Tag geschehen so wie ein Kind im Weitergehen von jedem Wehen sich viele Blüten schenken lässt.

Sie aufzusammeln und zu sparen, das kommt dem Kind nicht in den Sinn. Es löst sie leise aus den Haaren, drin sie so gern gefangen waren, und hält den lieben jungen Jahren nach neuen seine Hände hin.

Rainer Maria Rilke (1875 - 1926)

aus:
Rainer Maria Rilke
Du musst das Leben nicht verstehen. Schöne Gedichte.
Marixverlag Wiesbaden 2012, 9. Auflage, S. 19


29. Dezember 2020 MUT MACHEN 110

Fürchtet euch nicht im Jahr 2021

Im Nachklang der Festtage an Weihnachten beschäftigt mich das „Fürchtet euch nicht!“ der Engel. Der Mensch fürchtet sich, so sagt die Bibel, wenn er Gott begegnet – deshalb sind Engel nötig, die dem Menschen sagen: „Fürchte dich nicht!“ So geschieht es, damals wie heute – doch wie geschieht es genau? Manchmal hören wir Engel mit einer fröhlichen Botschaft, wie die Hirten an Weihnachten. Doch erkennen wir, in welche Situation hinein sie sprechen?

Die Furcht wird von dem bestimmt, was vorausgeht oder vorgeht und das kann auch sein: Leid, Hass, Vernichtung, Katastrophe, Schuld, Verhängnis, Starrsinn, Schicksal, Unversöhnlichkeit und anderes mehr. Und auch darin – darin! – begegnet uns Gott, manchmal in seinen Engeln, manchmal auch ohne sie. Und wir fragen uns, was oder wem wir da begegnen. Was es ist, das uns so fürchterlich und schrecklich begegnen kann?

Nehmen wir einmal an, Gott würde…
Adam und Eva fragen, warum sie sich vor ihm verstecken, und sie würden antworten: ‚Wir hörten dich im Garten und fürchten uns.‘ (Gen. 3,10) Und Gott würde ihnen antworten: ‚Hättet ihr euch nicht gefürchtet, sondern mir vertraut, wären wir weiter Freunde im Garten Eden, auch wenn ihr mein Gebot übertreten habt.‘ – Nicht die Sünde gebiert die Angst, nackt zu sein, sondern es ist umgekehrt: Die Angst erschafft die Sünde.

Nehmen wir einmal an, Gott würde…
Jakob dem Betrüger begegnen, der sich vor seinem Bruder Esau fürchtet, auch noch nach vielen Jahren. Auf dem Rückweg in seine Heimat ringt und kämpft Jakob in der Nacht mit Einem, weil in ihm selbst seine Vergangenheit aufsteht und gegenwärtig ist. Jakob wird verletzt durch einen Schlag auf die Hüfte. Mit wem kämpfe ich? fragt Jakob sich. Mit einem Mann? Mit mir selbst? Mit Gott? Jakob wird gesegnet, obwohl seine Frage mit einer Gegenfrage beantwortet wird: „Warum fragst du, wie ich heiße?“ (Gen. 32, 30) Erst am Ende erkennt Jakob, dass er mit Gott gerungen hat und dass sein Hinken ein Zeichen dafür ist: „Ich habe überlebt.“ (Gen. 32,31)

Nehmen wir einmal an, Gott würde…
…uns in der von Menschen gemachten Klimakrise begegnen – als der Schöpfer, der den Menschen nach der ausgebeuteten Schöpfung fragt: ‚Was tut ihr, dass alle Geschöpfe leben dürfen?‘

Weiterlesen

Sind wir bereit wie Jakob, uns der eigenen schuldhaften Vergangenheit und schuldverwobenen Gegenwart zu stellen? Es ist die Furcht, die uns regiert, wir könnten zu wenig bekommen im weltweiten Energiehaushalt. Erkennen wir im Kampf von Menschen gegen Menschen, dass es Wachstumsraten, Profitsteigerung, Konsummacht sind, die Mensch und Erde nicht besser machen, sondern schlimmer, schlimmer als jedes Hinken? (Gen. 32,29) Weil wir nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen und lieber den selbstgemachten vergifteten Segen genießen wollen? Statt selber Hinkende zu sein, auf denen Segen liegt? Sind wir bereit, das Hinken anzunehmen, mit dem wir werden in Zukunft leben müssen, wie jetzt schon abzusehen ist? Die Angst regiert uns, wir müssten zu viel abgeben an die, die ohne Macht sind und sich dieselbe Wachstumsmacht wünschen, die den Tod aller näherbringt. Die Angst gebiert die Sünde. Was könnte auf dieser Erde möglich sein, würden wir uns nicht fürchten? Wenn wir uns aber weigern, dass Gott uns in der Klimakrise begegnen könnte, werden wir uns weiter fürchten müssen. Dann wird die Angst unser einziger Ratgeber bleiben und die Vernunft ihr Diener.

Nehmen wir einmal an, Gott würde…
…uns in einer von uns Menschen gemachten Viruskrise begegnen – sind wir bereit, diese Krise als solche zu erkennen: Als Infragestellung jeglicher Kontrollfixierung, als hätten wir unser Leben in der Hand? Als Infragestellung jeglicher Allmachtsfantasie, als wären wir die Herren im eigenen Haus? Als Infragestellung jeglichen Selbstbetrugs, dass Glück und Gesundheit zu den grundlegenden Menschenrechten gehören sollten, auf die wir – zumindest in der westlichen Welt – Anspruch haben? Gehen wir – wenn Corona ‚vorbei‘ ist – möglichst schnell zur alten Tagesordnung über, als wäre Corona nur ein bedauerlicher Betriebsunfall gewesen? Obwohl wir in der Virus-Krise Gott hätten begegnen können, als dem, der weder das Virus noch den Tod, sondern lebendige Menschen will, die sich nicht fürchten.

Oder sind wir bereit zu hören, welcher grundlegende Wandel sich darin – in dem Ringen und Kämpfen – ankündigt? Bevor es heißt ‚Fürchtet euch nicht‘, steht immer die Furcht auf. Als Krise hat sie viele verschiedene Namen Gottes: „Warum fragst du, wie ich heiße?“ (Gen. 32, 30) Erkennst du mich nicht in deiner Krise? Adam und Eva, Prototypen der Menschheitskrise, erkennen sich selbst, als sie Gott begegnen. Jakob, einer der Urväter menschlichen Ringens, kämpft mit Gott in seiner Lebenskrise.

Was erlebt der Mensch in der Klima-Krise? Oder besser: Wen erlebt der Mensch darin? Sich selbst als ein Ignorant, der es besser wissen müsste? Oder als ein Verzweifelter, wie die Kinder der Zukunft, die sich sorgen, welche Zukunft sie noch erwarten dürfen? Sich selbst als den, der mit anderen Menschen und gegen andere Menschen ums Überleben kämpft? Sich selbst in seinem Kampf um Rückgewinnung von Kontrolle und Sicherheit?

Erkennen wir auch in diesen Krisen den großen Kampf, den tiefgreifenden Wandel, das Ringen der Menschen, das sich darin verbirgt und sind wir bereit dafür? Vor dem Segen steht der Kampf – Fürchtet euch nicht. Wer in der Krise vor dem Kämpfen flüchtet, muss sich weiter fürchten.

Was oder wen erleben wir aktuell in der Corona-Krise?
Unsere Antworten könnten sein: …

Was würde sich ändern, würden wir uns in den Krisen nicht fürchten? Wenn wir dem Gebot „Fürchtet euch nicht!“ vertrauen würden? Das Einzige, was niemand von uns kann, ist: sich nicht fürchten – das kann ich mir zwar vornehmen, aber du kannst es nicht und ich kann es auch nicht. In der Furcht sind wir nicht unser eigener Herr. Nur Gott kann es machen in deinem und meinem Herzen, dass du und ich uns nicht fürchten, dass wir uns entscheiden, seinem Gebot so zu vertrauen, wie Liebende der Verführung ihrer Herzen folgen; weil sie dem Versprechen des anderen vertrauen. Wer liebt, hört keinen Befehl: „Fürchtet euch nicht!“

Die Engel Gottes, die so rufen, haben ganz menschliche Namen. Im Jahr 2021 lautet ein besonderer Engelname Sophie Scholl, die vor 80 Jahren geboren wurde. Und viele andere Engel, die uns zurufen, dass wir uns nicht fürchten sollen.

Furcht ist nicht in der Liebe sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus; denn die Furcht rechnet mit Strafe. Wer sich aber fürchtet, der ist nicht vollkommen in der Liebe. (1. Joh. 4,18)


25. Dezember 2020 MUT MACHEN 109

Weihnachtssegen 2020

Wie der Stern über dem Stall von Bethlehem stehen blieb, so möge Gott sein Licht über deinem Leben leuchten lassen.

Wie die Engel den Frieden auf Erden verkündeten, so möge Gottes Frieden auch dein Haus und dein Herz erfassen.

Wie die Hirten sich stören ließen von den Engeln, so möge Gottes Güte auch dein Herz öffnen für das Gute.

Wie die Tür im Stall von Bethlehem offen stand, so möge auch dir Christus die Tür zum Leben sein.

Wie Ochs und Esel die Krippe ihres Herrn kannten, so mögest auch du erkennen, dass Gott es gut mit dir meint.

Wie Maria alle Worte in ihrem Herzen bewegte, so mögest auch du dich von Gottes Wort bewegen lassen.

Wie Josef und Maria für das Kind sorgten, so mögest auch du dich der Menschen annehmen, die Gott dir anvertraut hat.

Wie das Kind von Maria und Josef zugleich Gottes Kind war, so mögest auch du immer Gottes Kind sein und bleiben.

Unbekannter Autor, bearb. E.H.


16. Dezember 2020 MUT MACHEN 108

Ich veröffentliche einen Text der klugen Kollegin
Susanne Niemeyer
freie Autorin zu dem medialen Aufruf
‚Weihnachten muss gerettet werden‘

Weihnachten rettet uns

Wir müssen Weihnachten retten. Das höre ich im Moment ständig. Ich glaube, das müssen wir nicht. Weihnachten braucht keine Rettung. Weihnachten rettet uns. Es hat zweitausend Jahre überstanden. Ist durch den 30jährigen Krieg gegangen, war bei den Pestkranken, hat sich an die Seite von Verfolgten gestellt und sich nicht darum gekümmert, ob Lametta am Baum hing. Weihnachten hängt nicht davon ab, ob fünf oder zehn zusammen feiern. Weihnachten lässt sich nicht machen. Klöße zur Gans sind schön, aber nicht notwendig. Die Geschichten sind da. Der Stern ist da. Menschen sind da, an vielen verschiedenen Orten. Die Fantasie ist da, sich auf den Weg zu machen. Ausschau zu halten, was trägt, wenn es nicht das Gewohnte ist. Die Hoffnung ist da, dass es winzige Anfänge gibt, die zur Rettung werden.

Susanne Niemeyer
Schriftstellerin und freie Autorin
Kolumnistin und Bloggerin (www.freudenwort.de)
vorher Redakteurin bei „Andere Zeiten“
Sie lebt und arbeitet in Hamburg.


9. Dezember 2020 MUT MACHEN 107

Vielleicht ist das Warten
schon das Licht

Ich habe auf das Licht gewartet aber vielleicht ist das Warten schon das Licht

ich habe auf die Erfüllung gewartet aber vielleicht waren die Tränen schon das Zeichen des Lebens

ich habe auf Gott gewartet und ein Kind kommt zur Welt

Andrea Schwarz
Wenn ich meinem Dunkel traue
Herder-Verlag, 4. Aufl. 1998


6. Dezember 2020 MUT MACHEN 106

Du erhörst mich und gibst meiner Seele große Kraft

Ein Psalm zum 2. Advent für Zuhause (Psalm 138)
als Familie im Wechsel oder als Einzelperson beten

Beim Einatmen die Worte: „Du erhörst mich“
Mit dem Ausatmen die Worte: „und gibst meiner Seele große Kraft“

Gott, ich danke dir von ganzem Herzen, vor den Göttern will ich dir lobsingen. Du erhörst mich und gibst meiner Seele große Kraft.

Ich will anbeten zu deinem heiligen Tempel hin und deinen Namen preisen für deine Güte und Treue. Du erhörst mich und gibst meiner Seele große Kraft.

Denn du hast dein Wort herrlich gemacht um deines Namens willen. Es danken dir, Herr, alle Könige auf Erden. Du erhörst mich und gibst meiner Seele große Kraft.

Sie hören das Wort deines Mundes. Sie singen von den Wegen des Herrn, dass die Herrlichkeit des Herrn so groß ist. Du erhörst mich und gibst meiner Seele große Kraft.

Denn der Herr ist hoch und sieht auf den Niedrigen und kennt den Stolzen von ferne. Du erhörst mich und gibst meiner Seele große Kraft.

Wenn ich mitten in der Angst wandle, so erquickst du mich und reckst deine Hand gegen den Zorn meiner Feinde und hilfst mir mit deiner Rechten. Du erhörst mich und gibst meiner Seele große Kraft.

Der Herr wird's vollenden um meinetwillen. Herr, deine Güte ist ewig. Das Werk deiner Hände wollest du nicht lassen. Du erhörst mich und gibst meiner Seele große Kraft.

Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist wie im Anfang, so auch jetzt und allezeit und in Ewigkeit. Amen.


1. Dezember 2020 MUT MACHEN 105

Jauchze laut, du Tochter Pfaffenhofen – freue dich!

Wir sehnen uns nach Unbeschwertheit und Normalität. Ich kenne meine Sehnsucht sehr genau, die möchte, dass alles wieder gut ist: Die Welt, die ich kenne, das Leben, das mir einmal vertraut war.

Doch ich weiß, dass meine Sehnsucht nichts an dem ändern wird, was in den nächsten Wochen bis ins neue Jahr hinein geschehen wird.

Das Einzige, was ich ändern kann, ist – mich selbst ändern. Und deshalb freue ich mich auf Advent. Weil eine andere Geschichte erzählt wird.

Hören wir hin, auf die alten Worte vom Warten und von der Freude. Vor langer Zeit aufgeschrieben vom Propheten Sacharja, modern übersetzt:

Jauchze sehr, Tochter Zion, rufe, Tochter Jerusalem: ‚Siehe, dein König kommt zu dir, der ein Gerechter und ein Rettender ist, der ein Armer und ein Reitender auf einem Esel und auf einem Eselsfüllen, dem Sohn von Eselinnen, ist!‘ [Der sagt:] ‚Ich rotte die Streitwägen über Ephraim aus und die Reiterei über Jerusalem und zerschlage den Bogen des Krieges.‘ Und er ruft aus Frieden für die Völker. Und seine Herrschaft wird von Meer zu Meer sein und vom Strom bis zu den Enden des Landes. (Übersetzung: Rainer Stahl, Erlangen)

Es gibt ein Raunen in der Welt, ein Summen und Flüstern unter allen Völkern, dass schon Friede ist, auch wenn noch niemand sagen kann, wo dieser Friede sein wird.

Die Kunde von dem, was kommen wird, breitet sich aus. Wie gesagt, es ist mehr ein Raunen unter den Völkern.

Es hat nichts mit den offiziellen Verlautbarungen der Regierungen, der Presseämter, der Medien zu tun. Nein, im Gegenteil, es ist lediglich ein Raunen von wenigen Mündern, das querläuft zu den großen Wortgeräuschen, die mit eigener Autorität bestimmen wollen, was wichtig sei in unserer Gesellschaft, in Europa und der ganzen Welt. Und mit dem Rauschen der Querdenker und Besserwisser hat es auch nichts zu tun, nichts mit den Denkblasen des Internets, nichts mit den Echokammern, die nur die eigene Meinung bestätigen. Nein, dieses Rauschen meine ich nicht.

Es gibt ein Raunen in der Welt von einer Hoffnungsgeschichte, die die ganze Wirklichkeit, in der Menschen meinen zu leben, gegen den Strich bürstet.

Das Raunen sagt, dass etwas von Gott zu uns kommt, das anders ist als alles, was sonst auf uns einredet, uns einschwören und bestimmen will.

Hörst du, was geraunt wird? Jauchze sehr, Tochter Zion, rufe, Tochter Jerusalem: ‚Siehe, dein König kommt zu dir, der ein Gerechter und ein Rettender ist, der ein Armer und ein Reitender auf einem Esel und auf einem Eselsfüllen, dem Sohn von Eselinnen, ist!‘

Und jede und jeder von uns, die in Gebet und Lied und Hoffnung und Zuversicht und Geduld den anrufen, von dem hier die Rede ist, ist Teil dieses Raunens.

Warum nur ein Raunen? Weil die Botschaft offenbar und dennoch verborgen ist. Das Raunen ist im besten Sinne des Wortes ‚konspirativ‘. Leider hat das Wort einen negativen Klang, weil es den Argwohn der Mächtigen weckt, konspirativ sein macht verdächtig. Das lateinische Wort spirare heißt atmen, hauchen, wehen, ausatmen. Also meint conspirare das, was wir gemeinsam atmen, hauchen, ausatmen, zum Leben bringen.

Das, was ausgehaucht, was geraunt wird, lässt sich nicht mit Gewalt und Zwang in Sprache oder Tat auf die Welt bringen. Das findet seinen Weg anders.

Also, du Tochter Pfaffenhofen, freue dich Jauchze laut, Franken!

Ihr/Euer
Eberhard Hadem


19. November 2020 MUT MACHEN 104

Beichtspiegel

Die meisten mögen keine Buße oder Bußtage. Aber darauf liegt Segen. Deshalb gibt es diesen Tag, Zeit für den Gottesdienst am Buß- und Bettag.

Nicht Zeit für Diskussion und klugen Streit. Nicht Austausch der Argumente oder des Wissens. Sondern eine geschützte Zeit und ein geschützter Raum fürs Nachdenken und Stillwerden vor Gott. Zeit für die Bitte um Gottes Erbarmen.

Innerhalb seines Erbarmens, das mich mehr schützt als die Mauern der Ottilienkirche, schaue ich hin bei mir selbst, in unserem Dorf, Landkreis, in Deutschland und Europa und weltweit.

Umgeben von Gottes Erbarmen will ich nicht ausweichen, sondern mich selber erforschen: Warum bin ich hier, in dieser Kirche? Wo trage ich dazu bei, dass sich unser Leben verdunkelt? Wo bin ich träge und will nicht wahrnehmen, wie eng die Grenzen meines Denkens sind?

Wo fehlt das Vertrauen – in der Dorfgesellschaft, in Stadt und Land und auch bei mir – ohne das kein Zusammenhalt von Menschen, so verschieden in Religion und Kultur, gelingen kann?

Was verändert sich bei uns? Nehme ich den Hass in Wort und Sprache als Schicksal hin, das ich nicht ändern kann? Was kann ich an meinem Platz tun? Was liegt in meiner Macht? Und wo hat meine Macht eine Grenze, die ich mir bewusst mache und aushalte?

Dieser Bußtag sagt: Alles beginnt damit, dass wir diese Fragen nicht anderen entgegenschleudern, sondern jede und jeder von uns sich diesen Fragen selber stellt.

Bußtage helfen, vor Gott ehrlich zu werden. Zu Beginn des Bußtag-Gottesdienstes heute haben wir uns vor Gott gestellt, so wie wir es auch in jedem Gottesdienst tun. Stillwerden vor Gott. Um sein Erbarmen bitten.

Ohne Gottes Barmherzigkeit könnte ich nicht zu meiner schuldhaften Verstrickung in dieser Welt stehen, könnte sie nicht aushalten.

Und zugleich zeigt mir sein Erbarmen, wie ich dennoch froh und befreit leben darf in seiner Güte und Gnade, die mich trägt.

Auch diesen Blick in die Güte Gottes schulden wir uns selbst und unserem Volk und Land.

Für mich heißt das: Ich will Gottes Gnade mehr vertrauen als meinen Rechtfertigungen. Ich will seiner Güte mehr vertrauen als meinen guten Absichten. Ich will seiner Liebe mehr vertrauen als dem deprimierenden Wissen, dass ich Fehler mache.

Gott mehr zutrauen als mir selbst, das ist am Ende des Tages Bußtag für mich. Nicht nur heute, sondern jeden Tag.


Ihr/Euer
Eberhard Hadem


16. November 2020 MUT MACHEN 103

Warum ein Gedenken am Volkstrauertag feiern?
Warum Buß- und Bettag feiern?

Der Kirchenvorstand hat letzte Woche kontrovers beraten, ob die Kirchengemeinde trotz Teil-Lockdown weiterhin Gottesdienst feiern soll. Die Religionsfreiheit im Grundgesetz ist kein der Kunst, der Kultur oder des Sports übergeordnetes Gut. Kirchengemeinden haben für den Innenraum einer Kirche keine per se besseren Abstands- und Hygienekonzepte als die der Theater, Gaststätten, Restaurants oder Sporthallen.

Eine temporäre selbsteinschränkende Praxis unseres Glaubens ist keine grundsätzliche Einschränkung der Religionsfreiheit. Nicht die Religionsfreiheit begründet, warum wir Gottesdienst feiern dürfen, sondern inhaltliche Gründe sind ausschlaggebend:

Der Volkstrauertag ist kein Gedenken der Vergangenheit. Die Stadt Roth, der Stadtrat, die Vereine und die Kirchengemeinde haben in ihrem Gedenken am vergangenen Sonntag, 15. November, an die Toten von Krieg und Gewalt erinnert, auch der Toten, die seit den Weltkriegen bis jetzt gestorben sind. Sie verpflichten uns heute mehr denn je, weil wir Hass und Gewalt sehen, hören und erleben, auch in demokratischen Staaten (in Amerika, in Europa, auch in Deutschland).

Am kommenden Mittwoch, 18. November, feiert die Kirchengemeinde mit vielen evangelischen Christen den Buß- und Bettag, seit 1994 nur ein geschützter und kein gesetzlicher Feiertag. Ich verstehe ihn mit vielen anderen Christen ganz bewusst als politischen Feiertag der Kirche. Da er der einzige rein evangelische Feiertag ist, feiern wir ihn mit Beichte und trotz Corona (deshalb ohne Abendmahl).

Eberhard Hadem

Gedenken zum Volkstrauertag Pfaffenhofen am 15. November um 8.45 Uhr

Das Ende des Ersten Weltkrieges liegt über 100 Jahre und das Ende des Zweiten Weltkriegs heuer genau 75 Jahre zurück. Wir wollen nicht schweigen, wir wollen erinnern. Wir wollen nicht verdrängen, sondern gedenken. Wir gedenken heute an die Opfer von Gewalt und Krieg, an Kinder, Frauen und Männer aller Völker. Wir gedenken mit den Worten des ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck. Jedes Gedenken schließt mit der Bitte zu Gott: Schenke uns deinen Frieden

Wir gedenken der Soldaten, die in den Weltkriegen starben, der Menschen, die durch Kriegshandlungen oder danach in Gefangenschaft, als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben verloren.

Wir bitten dich: Schenke uns deinen Frieden

Wir gedenken derer, die verfolgt und getötet wurden, weil sie einem anderen Volk angehörten, einer anderen Rasse zugerechnet wurden, Teil einer Minderheit waren oder deren Leben wegen einer Krankheit oder Behinderung als lebensunwert bezeichnet wurde.

Wir bitten dich: Schenke uns deinen Frieden

Wir gedenken derer, die ums Leben kamen, weil sie Widerstand gegen Gewaltherrschaft geleistet haben, und derer, die den Tod fanden, weil sie an ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben festhielten.

Wir bitten dich: Schenke uns deinen Frieden

Wir trauern um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege unserer Tage, um die Opfer von Terrorismus und politischer Verfolgung, um die Bundeswehrsoldaten und andere Einsatzkräfte, die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.

Wir bitten dich: Schenke uns deinen Frieden

Wir gedenken heute auch derer, die bei uns durch Hass und Gewalt gegen Fremde und Schwache Opfer geworden sind. Wir trauern mit allen, die Leid tragen um die Toten, und teilen ihren Schmerz.

Wir bitten dich: Schenke uns deinen Frieden

Wir gedenken der Menschen, die auf der Flucht sind, die in den Flüchtlingslagern schon lange unter schlimmen Zuständen leben und aushalten, die bereits unter uns leben und sich integrieren. (Text: E.H.)

Wir bitten dich: Schenke uns deinen Frieden

Dennoch – unser Leben steht im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern, und unsere Verantwortung gilt dem Frieden unter den Menschen zu Hause und in der ganzen Welt.

Wir bitten dich: Schenke uns deinen Frieden

(Text des Gedenkens: Joachim Gauck 2013)


9. November 2020 MUT MACHEN 102

Zweimal Judas

Foto des Kapitells, das im Text beschrieben wird

In der Klosterkirche zu Vézelay, im französischen Burgund,
zeigt das Kapitell einer Säule zwei Darstellungen
des Judas, also des Jüngers, der Jesus verriet.
Die Darstellung ist aus dem 12. Jahrhundert, also 900 Jahre alt.

Das erste Relief stellt das Ende des Judas dar; er hängt an einem Strick.
So hat er nach dem Evangelium von Matthäus sein Leben beendet.

Das zweite Relief auf der Rückseite zeigt Jesus.
Er hat den Strick um Judas' Hals gelöst
und trägt den toten Freund auf seinen Schultern.
Den, der ihn verraten hat.

Dabei entspricht die Armhaltung Jesu der eines Hirten,
der ein Schaf auf seinen Schultern trägt.

Wer kann das?
Den Feind als Freund ansehen.
Die Beziehung zu ihm oder ihr nicht aufgeben.
Die Freundschaft nicht kündigen.

Feinde als solche ansehen,
die auch von unseren Schultern getragen sind.
Wie der Meister,
so die Dienerinnen und Diener.


1. November 2020 MUT MACHEN 101

Gemeinsame Solidarität – Gedanken zum Teil-Lockdown

Auf Corona waren wir nicht vorbereitet. Dass das Leben so arg in Schieflage gerät. Dass es Dinge gibt, die jenseits unserer Verfügungsmacht liegen und tiefe Ängste in uns auslösen.

Nüchtern betrachtet kann man wohl sagen: Corona setzt eine Zäsur. Weil es uns alle betrifft und jede und jeden von uns in die Pflicht nimmt und uns fragt: ‚Wie willst du mit dir selbst und mit anderen umgehen, Tag für Tag?‘

Niemand auf der Welt kann sich innerlich davon distanzieren. Ob ich will oder nicht: Irgendwie muss ich mich dazu verhalten.

Manche Menschen flüchten deshalb aus dieser Dauerherausforderung in wirre Theorien, verweigern sich allen Schutzmaßnahmen, sind nicht bereit, Rücksicht zu nehmen. Sie sehen Corona als harmlose Grippe, als Erfindung, als eine übersteigerte Erzählung, um den Menschen Angst zu machen und ihnen ihre Freiheiten zu nehmen.

Wir wissen noch immer wenig über das Virus und seine Mutationen. Erinnern wir uns: 1983 wurde das HI-Virus entdeckt. Die erste wirklich nachhaltige Therapie aus der AIDS-Forschung wurde 1996 vorgestellt, 13 Jahre danach. Eine lange Zeit des Nichtwissens und der Arbeit daran, das Nichtwissen zu überwinden.

Das Corona-Virus verschwindet nicht, es verändert sich nur, es mutiert, wie alle Viren. Deshalb sind die einen infiziert ohne zu erkranken, andere erkranken schwer. Und niemand weiß, warum es die einen so und die anderen so trifft.

Darum kommt es auf unser solidarisches Handeln in der Gesellschaft an, weit über den 30. November hinaus.

Ja, wir als Christen dürfen uns weiter treffen. Aber keine Kirche oder Kirchengemeinde kann sagen: Bei uns passiert nichts, wir haben gute Abstands- und Hygienekonzepte. Das haben andere auch und sind bis Ende November geschlossen.

Umso wichtiger ist unsere Solidarität mit allen gesellschaftlichen Gruppen, Vereinen, in Handel, Gewerbe und Dienstleistung, im Sport und vor allem auch in der Kultur.

Gott befohlen
Ihr/Euer Eberhard Hadem


31. Oktober 2020 MUT MACHEN 100

Was ist dein einziger Trost im Leben und im Sterben?

Dass ich mit Leib und Seele im Leben und im Sterben nicht mir, sondern meinem getreuen Heiland Jesus Christus gehöre.

Er hat mit seinem teuren Blut für alle meine Sünden vollkommen bezahlt und mich aus aller Gewalt des Teufels erlöst.

Und er bewahrt mich so, dass ohne den Willen meines Vaters im Himmel kein Haar von meinem Haupt kann fallen, ja, dass mir alles zu meiner Seligkeit dienen muss.

Darum macht er mich auch durch seinen Heiligen Geist des ewigen Lebens gewiss und von Herzen willig und bereit, ihm forthin zu leben. Amen.

Frage 1 im evangelisch-reformierten Heidelberger Katechismus



Mit dieser Frage 1 beginnt der Heidelberger Katechismus.

In der evang.-lutherischen Kirche
haben Konfirmanden aus Luthers ‚Kleiner Katechismus‘ gelernt.

In der evang.-reformierten Kirche von Westfalen,
in der ich aufgewachsen bin und konfirmiert wurde,
habe ich aus dem ‚Heidelberger Katechismus‘ gelernt.

Die Frage 1 ist darin die grundlegende Frage.
Alle anderen Aussagen danach sind
an diese erste Aussage angehängt.
Die Frage 1 und ihre Antwort begleiten mich
durch mein ganzes Leben.

Und heute, am
Reformationstag, 31. Oktober
in einem denkwürdigen und ungewöhnlichen Jahr 2020,

ermutigt sie mich,
mich nicht zu fürchten.

Weil ich nicht mir gehöre, sondern Gott allein.

Gott befohlen
Ihr/Euer Eberhard Hadem


24. Oktober 2020 MUT MACHEN 99

Gebote haben keine eigene Kraft

Die Christen und die christlichen Kirche haben eine lange Geschichte mit Geboten und Verboten. Lange haben wir gebraucht zu verstehen, dass auch das nachdrückliche Bestehen auf dem, was geboten oder gar verboten ist, noch lange nicht bedeutet, dass geschieht, was geboten ist.

Der Tonfall in Politik und in den sozialen Medien wird immer härter, martialischer und beschwörender. Er zeigt einen Kontrollverlust an. Deshalb muss der Andersdenkende schuld sein, verantwortungslos, falsch und total daneben, denn er will nicht begreifen, was jetzt geboten ist.

Darum wird er nieder gemacht, ironisch-bissig entblößt, wird ihm das Menschsein abgesprochen und schlimmere Sachen noch obendrauf gepackt. Das ist es, was wir gerade weithin in Deutschland und Europa erleben.

Warum ist das so? Weil das Gebot keine eigene Kraft hat. Nur Menschen haben die Kraft, Gebote zu halten – oder sie finden sie nicht.

Und dann – wer dann andere dazu bringen will, das Gebotene einzuhalten der sollte wissen, dass es nur einen Weg dafür gibt – den schmalen Pfad zu den Herzen der Menschen, der folgende Namen hat und noch viel mehr Namen:

Ermutigen Mut machen liebevoll trösten um Geduld bitten einen langen Mut wünschen Gebotenes freundlich antragen die Herzen stärken zu den Brunnen des Erbarmens führen zu den Gärten der Geduld einander mit Großzügigkeitsgirlanden schmücken selber bereit zu sein das Kreuz als Krone zu tragen und darin nicht unsicher werden an den aufrechten, schmerzhaften Gang erinnern mit neuen Gedanken erfrischen das Zaghafte und Unterwürfige nach oben abschütteln

um das Gebotene von Herzen anzunehmen und zu tun dem Nächsten zur Wehr

Gott befohlen, ihr Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Güte Gottes in Pfaffenhofen und anderswo

Ihr/ Euer
Eberhard Hadem


16. Oktober 2020 MUT MACHEN 98

Lange habe ich hier unter MUT MACHEN nichts mehr geschrieben. Ich war mir unsicher, wie ich die Situation beurteilen und was ich sagen soll. Seit ein paar Tagen ist mir klarer geworden, was unsere Aufgabe – persönlich, kirchengemeindlich und als Gesellschaft – in den nächsten Wochen und Monaten ist:

Weg von der Angst – hin zu mehr Verantwortung

Verantwortung statt Angstmache – das war schon seit März immer der Auftrag an alle in Deutschland. Aber die exponentiellen Zahlen im Oktober sind besorgniserregend.

Trotz hoher Infektionszahl sind noch relativ wenige Menschen im Krankenhaus vom Tod bedroht; es sind überwiegend Menschen jüngeren und mittleren Alters, die das Virus besser bekämpfen können. Auch bei den Infektionen sind es eher die Jungen, die sich infiziert haben.

Aber jeder kann sich im Groben ausreichen, wann die Infektion auch bei den Älteren und Ältesten unter uns ankommen könnte, denn die Zahlen steigen enorm.

D.h. die nächsten 4 Wochen entscheiden darüber, ob wir einen zweiten Lockdown erleben mit allen katastrophalen Folgen für unser wirtschaftliches und soziales Leben.

Oder: Ob wir diese Situation noch abwenden können, weil alle Menschen jüngeren, mittleren und hohen Alters konsequent aufpassen und die AHA-Regeln anwenden:

  • A = Abstand halten
  • H = Hygieneregeln einhalten
  • A = Alltagsmaske aufsetzen, wo es geboten ist

Vielen fällt es immer schwerer, diese Regeln einzuhalten. Über einen langen Zeitraum hinweg wird man müde. Das ist verständlich. Dennoch lasst uns Geduld und einen langen Mut behalten – um unserer Nächsten willen!

In der Bibel heißt es bei Mose und Jesus:
Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Würden wir das wörtlich übersetzen, hieße der Satz:
Du sollst deinen Nächsten lieben – denn er ist wie du.

Genauso gefährdet wie du. Genauso mutlos wie du es manchmal bist. Genauso voller Hoffnungen wie du sie hast. Genauso glücklich oder unglücklich wie du manchmal bist. Genauso voller Fragen wie du sie hast. Genauso unsicher, ängstlich, sorgenvoll wie du.

Wir – du und ich und mein und dein Nächster – können etwas tun: Beten für uns selbst Beten für andere Achten auf uns selbst Achten auf andere

Dietrich Bonhoeffer hat gesagt: Liebe ist der Wille, Gemeinschaft zu halten.
Und nicht zu sagen: ‚Mir ist alles wurscht! Ich mach, was ich will.‘

Weg von der Angst – hin zu mehr Verantwortung.
Lasst uns gemeinsam geduldig bleiben.

Ihr/Euer
Eberhard Hadem


24. September 2020 MUT MACHEN 97

Ein Freund von mir, Theologe und Dichter, hat einmal über das Bibelwort „Der Herr gibt’s den Seinen im Schlaf“ (Ps. 127,2) nachgedacht. Über Gott nachdenken und von ihm sprechen geschieht heutzutage viel im Sitzen (theologia sedens) oder im Gebet (theologia orans). Von einer Theologie im Liegen (theologia cubans) wissen die wenigsten, obwohl wir sie in den kommenden dunkleren Monaten des Jahres gut gebrauchen könnten: ‚Wer hören will, der liege‘. Wie’s gemeint ist, davon handelt das Nachfolgende:

theologia cubans

sitzende theologie oder kniende theologie theologia sedens oder orans bei welcher vorgehensweise kommt mehr heraus darüber hat hans urs nachgedacht ist schon länger her er kam zum korrekten ergebnis knieend vor sitzend, soviel war ihm klar orans derogat sedens der ober sticht den unter herz sticht hirn geist gießt sich ein ins hörende herz doch wer sich nichts sagen lässt, phantasiert nur eingebung erhält allein der betende mensch ohne hingabe gibt’s kein beten wer sich hingibt, kniet praktisch von selbst trotzdem bleibt knien unzulänglich ermöglicht nicht volles verständnis die höchste methode ist es nicht weit besser noch ist eine andere form mit ihr wird ungetrübte einsicht erst möglich „liegende theologie“ sei sie genannt theologia cubans vom himmel hoch kommt, was gut ist so hat man’s früher noch gewusst intuitio ex caelo allein relevant ist der geist von oben gnadenhafte eingebung „anothen“ den seinen gibt’s der herr aber im schlaf das ist die biblische fundierung sofern’s die noch braucht begreife dies wort doch lesen allein nützt nichts auch denken führt noch nicht bis ans ziel man prüfe es selber nach wer’s tut, wird wissen es ist so mensch, leg’ dich hin öffne dein herz werde still hab’ geduld höre hinein und hinauf von oben kommt der geist oben ist innen glücklich, wer’s begreift die draußen hören nur geräusche doch drinnen spielt die himmlische musik geist formt sich zum klang klang wird wort wort wird sinn der diener des herrn redet nicht, was drunten ist sondern allein den sinn von droben andernfalls schweigt er um mehr zu hören und recht zu reden im sitzen wird nur der rücken krumm es fehlt an hingabe außerdem knien kostet zu viel kraft zu wenig entspannt ist die physis rätselhaft bleibt’s den einen nicht lang genug ist die andacht der anderen darum lockere körper und geist mach’ sie empfänglich gottes wort zu absorbieren deutlich und klar wer hören will, der liege

Wolfgang Müller, Bern 2020


16. September 2020 MUT MACHEN 96

Weil du mir wichtig bist

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift des Centrums für Partnerschaft, Entwicklung und Mission der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ‚Mission EineWelt‘ (30. Jg. September bis November 2020 Seite 42) fand ich einen Mut machenden Aufkleber: „Weil du mir wichtig bist“.

Man kann den Aufkleber über die E-Mailadresse spenden@mission-einewelt.de kostenlos bestellen. Und unterstützen kann man auch.

Das Bild macht deutlich, dass jede und jeder etwas tun kann. Der dazugehörige Text wird nachfolgend abgedruckt:

Aufkleber mit Maske und Text WEIL DU MIR WICHTIG BIST
Covid 19 zeigt, dass wir besser aufeinander aufpassen müssen.
Aufeinander aufpassen – jede/r benötigt ab und zu die Hilfe der Mitmenschen. Die eine kann Hilfe besser annehmen, der andere nicht so gut. Nun gibt es die Möglichkeit, etwas zu geben – nun sind wir gefragt. Lasst uns Masken tragen – sie schützen uns nicht selbst, sondern DICH. Wenn hoffentlich bald jede/r von uns eine Maske trägt, ist somit jede/r von uns geschützt. Wir können nicht viel tun, aber Hänge waschen, Abstand halten, Maske tragen sind kleine, wirksame Beiträge.
Um auf die Wichtigkeit dieses Themas hinzuweisen und ein Zeichen zu setzen, haben wir Aufkleber und Button – „WEIL DU MIR WICHTIG BIST“ – hergestellt, die Sie gerne kostenlos bei uns bestellen können unter spenden@mission-einewelt.de. Auch in unseren Partnerkirchen werden schon fleißig Masken hergestellt und getragen. In Tansania produzierten Schneiderin Grace und ihre Kolleginnen 1.100 Behelfsmasken. Diese wurden an Onkologie-Patienten und -Patientinnen am KCMC, an die Pflegekräfte der dazu gehörigen Krebs-Palliativ-Patienten und -Patientinnen sowie an das Krankenhaus Ilembula und die Streetworker/innen von MeWaiKi verteilt. Mission EineWelt finanziert dieses Projekt.
Weil du mir wichtig bist!
Pass gut auf dich auf!
Sie möchten diese Aktion und die Arbeit von Mission EineWelt unterstützen?
Dann spenden Sie an:
Mission EineWelt
Evangelische Bank eG
IBAN: DE12 5206 0410 0001 0111 11
BIC: GENODEF1EK1
Stichwort: 1410157 - Weil Du mir wichtig bist!

11. September 2020 MUT MACHEN 95

Corona-Holzwege

Es gibt kluge Gedanken in der Welt, die sich dennoch widersprechen: Wir sollen das Virus fürchten. Zugleich sollen wir niemandem Angst machen.

Vor einigen Monaten, zu Beginn des Lockdowns und auch noch währenddessen waren viele Wissenschaftler davon überzeugt, dass zum Beispiel Kinder und Senioren zu den Hochrisikogruppen gehören. Inzwischen wissen wir, dass Kinder viel weniger bedroht sind als männliche ältere Erwachsene. Noch immer gehören Ältere unter uns weiter zu einer Hochrisikogruppe – aber wir begreifen, dass wir nicht stellvertretend für sie urteilen und entscheiden können, auch nicht dann, wenn es von uns im besten Sinn gut gemeint ist. Sie müssen ein kräftiges Mitspracherecht dabei haben, ob und wie sie sich der Gefahr des Virus aussetzen und dafür ein Maß an Würde behalten können.

Als Jugendlicher habe ich viel Zeit im Wald verbracht. Bäume waren meine Freunde. Durch den Lichteinfall der Sonne verändert sich das Bild vom Wald mit jedem Baum, der sich mir in den Weg stellt oder der nicht da ist. Die Perspektive ist immer anders.

Schon sehr früh habe ich gelernt, was ein Holzweg ist. Als Sprichwort meinen wir, wenn einer auf dem Holzweg ist, sei er auf dem falschen Weg. Eigentlich ist der Holzweg ein guter Weg, denn wenn der Revierförster im Wald entscheidet, dass im Wald zu viele Bäume stehen, dann müssen die markierten Bäume umgeschlagen werden. Durch die Schneise, die dabei im Wald entsteht, werden die Bäume weggeschafft. So entsteht ein Weg, der nur in den Wald hinein und wieder auf demselben Weg wieder herausführt, der Holzweg eben.

Man kann ihn insofern auch eine Sackgasse nennen, wenn man glaubt, es sei ein normaler Waldweg, der weiterführt. Es kommt eben auf die Perspektive an: Ein Holzweg wird angelegt, um Bäume aus dem Wald herauszuschaffen. Ist alles Holz draußen und man betritt diesen Weg, erkennt man wieder die einzelnen Bäume und sieht nicht den Wald vor lauter Bäumen.

Ich spreche hiermit die Einladung, die Perspektive zu wechseln, an jene unter uns aus, die fest davon überzeugt sind, wir wären mit allen Corona-Maßnahmen auf einem Holzweg. Lasst uns nicht über ‚den Wald‘ (‚die Corona-Situation‘) reden, sondern die einzelnen Bäume (‚die einzelnen Maßnahmen‘) anschauen: Welche sind gut und welche nicht; welche erscheinen brauchbar oder nicht. Das Wissen, dass es auch andere Holzwege geben könnte, widerspricht nicht der Einsicht, dass ein Holzweg kein Irrweg, sondern ein Weg zu mehr Erkenntnis ist.

Gott befohlen
Ihr/Euer Eberhard Hadem


06. September 2020 MUT MACHEN 94

Gott und der Zweifel

In einem Gemeindebrief dieser Tage in Norddeutschland fand ich folgenden Ausschnitt eines längeren Textes von Marei Glüer, Vikarin an der evang.-lutherischen Kirchengemeinde St. Nikolai in Wismar, zum Thema ‚Gott und Corona‘:

Im Gesangbuch der Evangelisch-Methodistischen Kirche gibt es eine deutsche Übersetzung des irischen Volksliedes „Be thou my vision“. Dort heißt es:

Freund meiner Hoffnung, vollende mein Tun. Mitten im Lärm lass‘ mein Innerstes ruhn. In der Gewissheit, dass das, was zerstört, von dir geheilt und zu dir gehört.

Als das Gottesbild meiner Kindertage Riss bekam, war es dieser Liedtext, der mich weitertrug. Zwar scheint es schwer, Gott als Ursprung dessen zu glauben, was uns verzweifeln lässt. Zugleich aber scheint es mir noch viel schwerer zu sein, ihn NICHT als Ursprung dessen zu glauben. Denn das würde ja bedeuten, eine andere Macht stecke dahinter und stünde stetig mit Gott im Kampf. Ich glaube aber an EINEN Gott. Die Schöpfermacht, die Quelle des Lebens, der wir entspringen – als Menschen, die mit Gaben und Defiziten in eine Welt gestellt sind, die Sonnen- und Schattenseiten hat.

(in: Gemeindebrief der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinden Wismar, Sep-Nov 2020, Seite 5)

Mich beeindruckt sehr, dass eine junge Theologin der Frage nicht ausweicht, die viele Menschen bewegt, der sich aber kaum jemand im Raum der Kirche stellt: Wie sollen wir Gott und Corona zusammendenken? Marei Glüer folgt dabei nicht dem populären Mainstream, der nur drei Antworten auf diese Frage zulassen möchte:

  1. Das Böse ist sinnlos und zufällig.
  2. Das Böse habe gar nichts mit Gott zu tun.
  3. Nicht Gott ist böse, sondern der Mensch.

In die Versuchung der moralisierenden Zuspitzung der 3. Antwort geraten leider nicht nur Verlautbarungen aus kirchlichen Kreisen. Eine kleinere Zahl von Menschen wissen bei ihren Demonstrationen gegen die Maßnahmen der Bundesregierung sogar ganz genau, wer diese bösen Menschen (oder bösen Mächte) sind.

Marei Glüer folgt einer geistig-geistlichen Gegenbewegung. Sie wagt sich an das Gottesgeheimnis, das in Worten nicht auflösen kann, was es verbirgt: Gott als Ursprung dessen zu glauben, was uns verzweifeln lässt. Zu Ende gedacht, kann dieser Gedanke manchen Menschen einen freien Glaubensmut schenken. Aber dieser Gedanke kann auch ganz gewiss viele Menschen verzweifeln lassen. Glüer deutet ihr Glaubenswagnis an: An den einen Gott zu glauben, der mit keinen anderen Göttern oder Mächten kämpft.

Meine Frage ist: Womit kämpft Gott dann? Das zumindest möchte ich auch glauben: Dass Gott kämpft! Nur: Um was? Um seine Schöpfung? Natur wie Mensch? Und wie soll ich mir das ‚Kämpfen Gottes‘ vorstellen?

Gott befohlen
Ihr/Euer Eberhard Hadem


01. September 2020 MUT MACHEN 93

Leben ist nicht ballistisch

Jeder Wandel fängt damit an, dass Sicherheiten zerstört werden. Das erleben wir gerade. Viele wollen das nicht wahrhaben. Sie versuchen, eine Normalität zu leben, wie sie es verstehen – ohne Corona. Sie wollen die alte Sicherheit zurück. Das ist verständlich, aber für alle gefährlich, im Denken und beim Handeln.

Lasst uns an die denken, die krank sind und sterben. Unser Dank geht an diejenigen unter uns, die hier helfen und lindern. Wir denken auch an die, die auf kurze oder lange Frist in ihrer beruflichen Existenz zu den Opfern von Corona gehören.

Jede Unterstützung ist wichtig. Im Gegensatz dazu zerstört jede rückwärtsgewandte Demonstration, die die alten Sicherheiten zurück will, und jeder verächtliche oder wütende Beitrag in einer Diskussion das Vertrauen zwischen uns, das wir gerade jetzt brauchen.

Hilfe und Unterstützung ist das eine, das notwendig ist. Das andere, was es auch braucht, ist das Nachdenken über mich selbst. Auch über uns – als Betroffene und Beteiligte – wie wir die Zukunftsprobleme angehen wollen, regional, national, europäisch, global. Je vernetzter wir das Leben erleben, desto größer scheint die Verunsicherung zu sein. Alles Globale wirkt bedrohlich.

Als Jugendlicher dachte ich, das Leben sei wie ein Pfeil. Schnurgerade flöge es seine Bahn in die Zukunft. Ist ein ballistisches Leben ein gutes Leben? Ein Leben, das seine gradlinige, regelmäßige Bahn geht, ohne Brüche, ohne Ängste, ohne Übergänge?

Veränderungen machen Angst, aber ohne Angst gibt es keine Entwicklung. Übergänge zwischen alten und neuen Zuständen sind wertvolle Zwischenzeiten. Der etwas unkonventionelle Organisationspsychologe Karl Weick sagt einmal:

In diesem kurzen Zeitraum zwischen Überraschung und Streben nach Normalisierung erhalten Sie die seltene Gelegenheit, zu entdecken, was Sie nicht wissen. Es ist einer jener kostbaren Momente, in denen wir unser Wissen erheblich erweitern können.

Diesen Moment erleben wir jetzt.

Gott befohlen beim Denken und Handeln in diesen Tagen
Ihr/Euer Eberhard Hadem


28. August 2020 MUT MACHEN 92

Was Denken kann

Der römische Philosophenkaiser Marc Aurel sagt einmal:
Unser Leben ist das,
wozu unser Denken es macht.

Deutschland ist in sich uneins,
wie es in unserem Alltag weitergehen soll.
Die einen lehnen die Maskenpflicht ab, weil es in ihrem Bundesland so wenige Erkrankungen gibt. Sie handeln wie jener Dachdecker, der vom 10. Stock nach unten fällt und auf Höhe des 2. Stocks meint: ‚Bis jetzt ging‘s gut!‘

Andere machen sich große Sorgen, dass ein zweiter Lockdown katastrophale Auswirkungen auf die Wirtschaft haben wird – eine mehr als verständliche Sorge.

Mich irritiert dennoch, dass immer noch eine ganz bestimmte Vorstellung in vielen Köpfen steckt, die der einfache Mensch auf der Straße mit vielen verantwortlichen Menschen in Entscheidungspositionen und -ebenen teilt:
Die Vorstellung, dass das Corona-Virus nur die STÖRUNG des Normalzustands sei.

Am Corona-Virus ist nichts normal.
Kein Mensch wünscht sich, dass das Virus normal werden darf.
Aber zur Normalität gehört auch Ehrlichkeit und Realismus.
Was würde sich ändern, würden wir anerkennen, dass das Virus zu einer schrecklichen, aber leider ‚normalen‘ Lebens-BEDINGUNG geworden ist?

Enorm viel Kreativität – in der Ökonomie wie im Alltag von uns allen –
die wir fürs Gestalten dieser Lebensbedingung unbedingt brauchen,
geht verloren, weil wir uns darüber streiten,
ob wir noch mitten drin oder nach Corona oder
noch in der ersten oder gar schon in der zweiten Welle sind.

Es hat sich seit März 2020 nichts geändert –
der Kampf in unserem Kopf geht weiter.
Denken lässt die Welt entstehen, in der ich lebe.
Gott will, dass ich von diesem Werkzeug – meinem Verstand – Gebrauch mache.
Die Politik um einen Dispens zu bitten, geht gottseidank nicht.
Verantwortung ist nicht delegierbar.

Ein rücksichtsvoller und aufmerksamer Umgang miteinander
dazu Abstand und Maske
sind der Teil dieser Verantwortung, die ich – wie jede und jeder – erfüllen kann.

Gott befohlen beim Denken und Handeln
in diesen Tagen
Ihr/Euer Eberhard Hadem


22. August 2020 MUT MACHEN 91

Obszöne Mode

gemäß einer obszönen mode verhökert der fisch seinen fluss unbeschadet der atemwege und der augenschwäche sucht er eine neue bleibe nördlich der vernunft girlanden und solitüde in jedem eingang kauert der groschengott und wartet auf seine stunde

SAID
Deutsch-iranischer Schriftsteller und Lyriker * 27. Mai 1947 in Teheran. Er war Präsident des PEN-Clubs in Deutschland, erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Adelbert-von-Chamisso-Preis. SAID nennt die deutsche Sprache seine „Behausung“.
(Gedicht zitiert nach CiG 33/2020 S. 364)


Der Mensch ist wie der Fisch

Sein lebensnotwendiges Fluidum – alle zweckfreien Zeiten Tätigkeiten und Rituale geistigen Kräfte und Quellen ohne die er nicht atmen und leben kann –

opfert er auf dem Altar rechtschaffend gieriger ökonomischer Vernunft

Als selbstgewählter Heimatloser sucht er eine neue Bleibe, von der er glaubt, er würde sie in der Jenseits-Kühle der reinen sachlichen Vernunft finden müsse dafür nur die eigene Einsamkeit dezent schönreden und verschleiern

als könne er atemlos bleiben und sehenden Auges wegschauen wenn der Gott der monetären Macht – in jeder Angebotslücke sein obszönes Begehren verbergend – auch das letzte Stück menschliche Lebendigkeit gegen einen billigen Cent eintauscht

Eberhard Hadem


18. August 2020 MUT MACHEN 90

Wirf dich als Pilger in den Wind

lass frischen quellen ihren lauf wirf dich als pilger in den wind vertrau dem wege wie ein kind gott geht ja mit – brich ruhig auf

Aus:
Wolfgang M. Schneller
Der Weg umarmt mich wieder…
Poesie auf dem Jakobsweg
Kunstverlag Josef Zink, Lindenberg im Allgäu 2020
(Kleinschreibung: E.H.)


14. August 2020 MUT MACHEN 89

Die Realität verzeiht nichts

Eine Philosophiestudentin fragt einmal den Science-Fiction-Schriftsteller Philip K. Dick: „Was ist das überhaupt, die Realität?“

In seinen Romanen ist Philip K. Dick ein Meister im Entwerfen imaginärer Welten. Aber die Studentin besteht darauf, er solle ihr eine möglichst kurze Definition von Realität geben, mehr als ein Satz dürfe es nicht sein.

Schließlich liefert er ihr das Ergebnis seines Nachdenkens:

„Realität ist das, was nicht weggeht, auch wenn man nicht daran glaubt.“

All jenen gesagt, die immer noch glauben Corona sei gar nicht so schlimm und alle Maßnahmen seien übertrieben.

Ich werde nicht sagen können: ‚Auweia, sorry, ich habe mich geirrt – können wir bitte noch mal auf Anfang stellen? Jetzt wäre auch ich bereit, alles anders zu machen.‘

Denn es gibt keinen Entwurf von Leben, sondern immer nur das Leben selbst. Die Realität verzeiht nichts. In allem anderen hoffe ich auf das Erbarmen Gottes.

Gott befohlen
Ihr/Euer Eberhard Hadem


11. August 2020 MUT MACHEN 88

Trotzdem

Ein kleines Büchlein mit Titel „Trotzdem“ dokumentiert ein Gespräch von Ferdinand von Schirach (Jurist, Dramatiker und Schriftsteller) und Alexander Kluge (Filmemacher, Schriftsteller und Rechtsanwalt) am 30. April 2020, 19 Tage nach Ausrufung des Lockdowns. Gegen Ende des Gesprächs sagt von Schirach: (Trotzdem. Luchterhand 2020, S. 73f.)

Vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte der modernen Staaten haben wir gesehen, dass die Politik alles ermöglichen kann.

Nie wieder wird deshalb ein Politiker zu einer jungen Frau sagen können, Klimaschutzmaßnahmen seien nicht zu verwirklichen, weil sie zu teuer sind, zu kompliziert oder die Gesellschaft zu sehr einschränken.

Wir können offenbar alles, wenn Gefahr droht, das haben wir jetzt gelernt. Und warum sollten wir die Lehren nicht ins Positive wenden?

Mein Opa war pessimistischer: Der Mensch tut nichts aus Einsicht, sondern nur aus Notwendigkeit.

Ich teile da eher von Schirachs Sicht und erinnere an die jüdische Philosophin Hannah Arendt, die uns gelehrt hat, was wahre Macht ist: Macht entspricht der Fähigkeit, sich mit anderen zusammenzuschließen und im Einvernehmen mit ihnen zu handeln.

Ihr/Euer Eberhard Hadem


7. August 2020 MUT MACHEN 87

Wenn die Ruhe am 7. Tag der Schöpfung erzählen könnte

Vorankündigung:
Evangelische Morgenfeier am 9. August um 10:30 Uhr auf Bayern 1
„Muße – ein subversives Lebensmodell?“

Zur Ruhe kommen, Atem holen – die Sommerferien sind für viele Menschen eine wichtige Zeit der Erholung. Trotz oder gerade wegen Corona. Wie kann es gelingen, zur Ruhe zu kommen? In meiner Phantasie stelle ich mir vor, die Ruhe am 7. Tag der Schöpfung könnte wie eine Person handeln, denken und fühlen. Was könnte sie gedacht haben, als sie da war? Und wie würde sie von sich sprechen? Vielleicht so:

Ich bin etwas Besonderes einfach dadurch, dass es mich gibt. Doch zu mir, zur Ruhe, zu finden, ist nicht einfach. Ich kann ja nicht selber etwas dafür tun, dass mich jemand entdeckt. Was soll ich dagegen tun, dass ich nichts tun kann? Vielleicht sollte ich mich in die blauen Wellen der Ozeane auf Erden verwandeln und immer, wenn sich Menschen an den Ufern niederließen, könnte ich in den Wellen ein leises Seufzen verstecken, wenn das Wasser die Kieselsteine klickernd bewegt, so dass die Menschen die Ruhe finden könnten. Aber ich muss leider feststellen, dass die unruhige Sehnsucht der Menschen auch größer wurde angesichts der Weite der Meere. Dann habe ich gedacht, es wäre besser, ich würde zu Schneeflocken gefrieren, damit ich mich im Winter wie eine weiche Schneedecke, wie eine irdische Ruhe auf alles legen könnte, unter der das Gute wie auch das Böse auf Erden und alle trennenden Unterschiede sanft zugedeckt werden könnten. Aber leider konnte ich als Schneeflocke die Schöpfung nur oberflächlich berühren. Was soll ich tun, damit man auf mich aufmerksam wird? Ich könnte mich im Schweigen des Waldes verstecken oder im manchmal sanften, manchmal rauen Wehen der Winde auf den Bergen, oder in jenen Atem raubenden Moment, wenn die Sonne morgens aufgeht. Es gab schon Momente, da hatte ich den Eindruck, dass Menschen mich, die Ruhe, gefunden hätten. Aber schon bald danach wurden die Menschen wieder unruhig und brachen wieder auf.

In der Bibel endet der siebte Tag mit einer Besonderheit: Er ist der einzige Tag, von dem es nicht heißt: Aus Abend und Morgen ward der Tag vollendet. Ich verstehe das offene Ende so, dass die Ruhe immer schon an all den anderen Tagen der Schöpfung miterschaffen wurde. So dass sie immer schon in den anderen sechs Tagen verborgen ist! Sie ist frei und kann jederzeit und überall hinwandern und ein besonderer Ort, eine besondere Zeit werden. Die göttliche Ökonomie trennt nicht zwischen Arbeit und Ruhe, sondern beides schafft Gott als Schöpfer. Das ist die Frage, ob ich auch an Werktagen eine Zeit und einen Ort entdecke fürs Atemholen. Die Ruhe ist nur dann da, wenn sie jemand sucht und findet, wie ein verlorenes Geldstück unterm Sofa an der Wand, das darauf warten muss, gefunden zu werden. Auch im Großen ist sie nicht einfach vorhanden und zu haben. Ich kann sie nur entdecken oder auch zulassen.

Gott befohlen
Ihr/Euer Eberhard Hadem


1. August 2020 MUT MACHEN 86

Einen neuen Anfang machen

‚Wort zum Tag‘ auf Deutschlandfunk Kultur 6:20 bis 6:23 Uhr

Am Anfang war ein Garten, erzählt die Bibel auf ihren ersten Seiten. Sie gibt einen seltsam unbestimmten Ort dafür an: im Osten, in Eden liege der Garten. Im Osten von was? Manche meinen, das Paradies befinde sich dort, wo seine vier Flüsse, der Pischon und der Gihon, der Euphrat und der Tigris fließen. Deshalb wird es in dem fruchtbaren Delta im heutigen Irak vermutet. Aber sicher ist das natürlich nicht.

Die Angabe der Himmelsrichtung hat noch einen anderen Sinn. Das Paradies ist ein geistiger, symbolischer Ort, an dem Schöpfer und Geschöpfen ein Anfang gelingt. Deshalb im Osten, weil sich die Erde der Sonne und damit dem immer neuen Morgen entgegen dreht und unablässig neue Anfänge macht.

Neu anfangen kann ich als Mensch immer nur in einem Bereich, der begrenzt ist. Freiheit und Verantwortung brauchen ihre Zeit und ihren Raum. Nun haben Grenzen auf den ersten Blick wenig Gutes an sich. Sie sollen eher überwunden werden. Aber schon die biblische Schöpfungsgeschichte entwirft Bilder dafür, wie heilsam es sein kann, Grenzen zu ziehen, etwas abzutrennen: Gott trennt Licht von der Dunkelheit, festes Land vom Wasser, den Tag von der Nacht.

Jeder Gärtner, jede Gärtnerin kennt das auch. Es ist ein kluges Wissen nötig, um unterscheiden und trennen zu können. In seinem Buch „Der leidenschaftliche Gärtner“ schreibt der Dichter Rudolf Borchardt: Es muss, wo Rosen blühen, Lehm im Boden sein, und wo sie auch nur leidlich blühen sollen, Kalk. Es muss, wo Rhododendren leben sollen, ein saures Element im Boden sein, und kein Kalk. Wo Bäume im Garten stehen ist Schatten, und viele der schönsten Blumen suchen ihn. Wo aber sonnentrunkene Blumen sein wollen, dürfen keine Bäume stehen (Die Andere Bibliothek, hg. v. H.M. Enzensberger, Ernst-Klett-Verlag 1968, Seite 210).

Der Garten Eden ist kein grenzenloses Schlaraffenland, wo – wie im Märchen – gebratene Tauben umherfliegen und man faul unter dem Birnbaum liegend darauf wartet, dass einem die gebackenen Früchte in den Mund fallen. Wir Menschen neigen manchmal dazu, mit solchen und ähnlichen Wünschen den inneren Raum des Paradieses anzufüllen – und wissen dabei in der Regel, dass Glück auf Dauer darin besteht, zu bebauen und zu bewahren, was durch Grenzen umhegt und von Anfang an auf Nachhaltigkeit angelegt ist. Das griechische Wort kósmos ist mehrdeutig, es lässt sich im Deutschen als ‚Ordnung‘, aber auch als ‚Schmuck‘, ‚Glanz‘ oder ‚Ehre‘ wiedergeben. In diesem Sinn spiegelt der umgrenzte Raum des Paradieses den eigentlichen, den wirklichen Kosmos des Menschen wider. In diesem Sinn bin ich tatsächlich für meinen Kosmos verantwortlich. Und auch dafür, ab und an einen neuen Anfang zu machen.

Gott befohlen
Ihr/Euer

Eberhard Hadem


30. Juli 2020 MUT MACHEN 85

Ich bin Gottes Garten

‚Wort zum Tag‘ auf Deutschlandfunk Kultur 6:20 bis 6:23 Uhr

In der Bibel wird Menschen versprochen: Du wirst sein ein bewässerter Garten. Ein schönes poetisches Bild fürs Menschsein. Aber mit dieser Verheißung sind ganz konkrete Bedingungen verbunden, wie wahres Menschsein aussieht (Jes. 58, 9ff.): Wenn du in deiner Mitte niemand unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht übel redest, sondern den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt (…). Du sollst heißen: ‚Der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne‘.

Die Nächstenliebe klingt hier wie ein Programm und zugleich wie ein Versprechen: Lass den Hungrigen dein Herz finden, dann wird man dich nennen: ‚Der die Lücken verschließt, die Wege begehbar macht, dass man da wohnen könne‘. Das sind seltsame Namen – es sei denn, ich entdecke die Wertschätzung, mit der Gott hier spricht.

Ich darf ein Mensch werden, in dessen Nähe andere sich gerne aufhalten – die Bibel sagt wohnen können. Weil andere spüren, dass sie in meiner Nähe Freiheit erfahren, dass ich ihnen Raum gebe.

Ich darf ein Mensch werden, der nicht auf Fehler der anderen fixiert ist – die Bibel sagt: der die Lücken zumauert. Gott glaubt an mich, dass ich andere nicht mit der Nase auf ihre Schwächen und Unvollkommenheit stoße, sondern liebevoll die Lücken ihres zerzausten Lebenshauses verschließen werde.

Ich kann kaum glauben, dass ich ein solcher Mensch werden könnte! Doch Gott verspricht es mir: Du wirst einer werden, der es anderen leicht macht, zu sich selbst zurückzukehren – die Bibel sagt der die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne. Wer wünscht sich das nicht, so ein Mensch zu werden? Doch es gibt keinen Schalter im Kopf, den ich dafür einfach umlegen könnte. Ich kann mich nicht umprogrammieren.

Mir hilft das Bild des Gartens: Ich erkenne, wie Gott das mit mir macht. Er arbeitet in und an mir, wie eine Gärtnerin in einem Garten arbeitet, die ein Stück Welt ausgrenzt und sich vornimmt und dieses Stück Welt gestaltet, pflegt und bewahrt. Ich bin bereit, Gott an mir arbeiten zu lassen. Ich will sein Garten sein; der wiederum einen Gärtner braucht, der das Beste hervorbringen möchte, das in mir auf seine Entfaltung wartet.

Die kluge Mystikerin Teresa von Avila sagt einmal über Gott als Gärtner: [Es] war […] mir eine große Freude, zu bedenken, dass meine Seele ein Garten sei und der Herr in ihm spazieren ging (Therese von Avila. Das Buch meines Lebens. Vollständige Neuübertragung. Ges. Werke Bd. 1, Herder 200, Kap. 14, 9). So beginnt wahres Menschsein: Ich denke darüber nach, dass meine Seele ein Garten sei und der Herr in mir spazieren geht! Gespannt bin ich, was er mit mir machen wird.

Gott befohlen
Ihr/Euer

Eberhard Hadem


25. Juli 2020 MUT MACHEN 84

Mit dem Virus leben lernen

Deutschlandfunk 24.7.2020 um 6:35 Uhr
als ‚Gedanken zur Woche‘ im Rahmen der Morgenandachten
(‚Gedanken zur Woche‘ sind keine Andacht, sondern ein aktueller theologischer Kommentar)

Ohne Beschränkungen frei leben - das wollen nicht nur viele Menschen in der Corona-Krise, das wollten auch die Israeliten, nachdem sie endlich aus der Sklaverei in Ägypten geflohen waren. Aus ihrem "Wüstenlockdown" können wir einiges lernen. Was, das fasst Pfarrer Eberhard Hadem in seinen "Gedanken zur Woche" zusammen.

Corona ist vorbei! Sagt der eine. – Was, wie? sagt die andere: Corona ist vorbei? Seit wann? Kein Virus verschwindet einfach. Es verändert sich, es mutiert, sagen die Wissenschaftler. Es ist immer noch da. – Ja, aber ich will trotzdem so frei leben wie vor dem Lockdown! Ohne Beschränkungen, mit mehr Freiheit. Nach langer Durststrecke will der Mensch endlich wieder feiern und sich frei fühlen. Verbote sind grad sowas von out.

Das war wahrscheinlich immer schon so, auch vor ca. 3000 Jahren: Da steigt der Prophet Mose vom heiligen Berg mit den Zehn Geboten unter dem Arm. Als er unten im Tal bei den Menschen ankommt, tanzen die Familiensippen um ein selbst gewähltes ‚Goldenes Kalb‘. Denn sie haben die Schnauze voll! Aus Ägypten sind sie vor ihren Verfolgern in die Wüste geflohen. Und dieser quasi verordnete Wüstenlockdown ist kaum noch auszuhalten! Durch die Wüste zu besseren Zeiten, hatte die tröstende Auskunft von ganz oben geheißen. Doch sie irren schon lange herum. Auf dem Berg berät sich Mose mit der obersten Regierung tagelang, welche Regelungen für gutes gemeinsames Leben – auch in extremen Situationen – gelten sollen. Eigentlich wichtig, aber langwierig und im Grunde wie hinter verschlossenen Türen. Die Unruhe packt die Menschen unten im Tal und sie beginnen die früheren Zeiten zu verklären: Alles war scheinbar schöner und besser als jetzt! Die Maßregelungen von oben müssen ein Ende haben, skandieren sie. Drum lasst uns feiern und Party machen! Und sie kreieren ein ekstatisches Event um ein goldenes Kalb! Bleib bloß weg mit deinen Geboten, Mose! Lass uns in Ruhe!

Irgendwie kann ich die feierlaunigen Menschen heute genauso verstehen wie die rebellierenden Familien in der Wüste. Oben auf dem heiligen Berg sich was Kluges ausdenken, ist das Eine. Und ich meine das, ohne ‚die da oben‘ zu kritisieren. Denn so eine extreme Situation hat noch niemand erlebt, weder damals in der Wüste noch heute mit dem Virus. Natürlich passieren da auch Fehler. Man macht es sich zu leicht, diejenigen zu kritisieren, die ‚da oben‘ ihr Bestes geben, ohne dass sie wissen können, ob es richtig ist, was sie entscheiden.

Unten aber sieht die konkrete Praxis oft ganz anders aus. Klar dürfen Kinder, die erkrankt sind, nicht in den Kindergarten, denn das schützt die anderen. Gilt das aber auch dann, wenn mein Kind nur einen leichten Schnupfen hat? Was soll ich denn noch alles privat organisieren? Außerdem: Die Kinderärzte bitten händeringend, nicht in die Praxis zu kommen, auch nicht zum Testen, sondern abzuwarten. Von solchen Zwickmühlen der Realität wusste man noch nichts, als man oben auf dem Berg die beste Lösung gefunden zu haben glaubte.

Regeln ignorieren und ausbrechen verdrängt die Situation, der keiner entkommen kann – auch nicht beim Tanzen, egal, ob damals in der Wüste oder heute auf der Straße. Mag sein, dass Maske tragen und ‚social distancing‘ wie Gebote von oben wirken. Dass aber ein normales Leben mit Maske und Abstand nicht möglich ist, ist völlig überzogen. Der Punkt ist ein anderer: Verdrängen und ignorant Feiern hilft so wenig wie sich in Angst zu verkriechen. Auf beiden Seiten diktiert das Virus das Verhalten. Solange ich ständig über das nachdenke, was ich nicht haben will, beherrscht das Virus mein Denken.

Viel besser wäre, damit leben zu lernen. Womöglich können wir sogar Neues entdecken, weil wir bewusster und nachhaltiger denken. Ich will nicht mehr auf das Virus starren wie das Kaninchen auf die Schlange, aber auch nicht davor weglaufen. Ich will mit anderen die Freiheiten ausprobieren, die möglich sind, mit Kraft, Phantasie und Kreativität. Wenn im Autokino Filme und Gottesdienste möglich sind, wo sind dann die anderen guten Ideen? Auch wie wir tanzen und feiern können – und trotzdem die Gebote des Abstands achten. Gib nicht dem Ding mit C die Macht in deinem Kopf! Habe ein festes Herz, das Gott vertraut – und du wirst mehr Freiheit finden, als du glaubst.

Diskutieren Sie mit auf Facebook unter „Evangelisch im Deutschlandradio.de“.

Gott befohlen
Ihr/Euer

Eberhard Hadem

Ab Montag, dem 27. Juli, bis Samstag, dem 1. August, sind auf DLF-Kultur, dem anderen Deutschlandradio-Sender, das Wort zum Tage um 6:20 bis 6:23 Uhr mit Eberhard Hadem zu hören. Wer mag, kann sie auch auf der Webseite www.rundfunk.evangelisch.de nachhören oder nachlesen.


17. Juli 2020 MUT MACHEN 83

Gib dem Ding mit C keine Macht in deinem Kopf!

Das Virus ist nicht verschwunden. Es verschwindet nie mehr. Es mutiert nur. Deshalb gilt es zu verstehen und entsprechend zu handeln:

Erinnern wir uns, als alles begann Denn es ist nach wie vor ein Kampf gegen unsere Gewohnheiten von früher und nicht gegen ein Virus.

Ändern wir unsere Art zu sehen und zu denken. Nicht mehr: „Ich habe Angst, mich anzustecken“ Oder „Ich habe keine Angst, mich anzustecken“ Sondern: Wir sind diejenigen, die die ANDEREN schützen.

Du bist mir wichtig. Ich halte für dich Abstand. Ich wasche meine Hände – für dich. Ich verzichte – für dich.

Dass alles werden möge wie früher ist ein egoistischer Wunsch, sei er auch menschlich noch so verständlich. Solange ich so denke, beherrscht das Virus mein Denken.

Was noch zu wenig da ist, ist das Sehen und Erkennen der Chancen wie ein Leben trotz Virus aussehen kann. Gib dem Ding mit C keine Macht in deinem Kopf!

Ihr /Euer Eberhard Hadem


10. Juli 2020 MUT MACHEN 82

Sommerferienprogramm
der Evangelischen Jugend im Dekanat Schwabach
27. Juli - 7. August 2020

Dieser Sommer soll für und mit Kindern und Jugendlichen fröhlich, bunt und vielfältig sein. Er soll Abenteuer, Gemeinschaft und Abwechslung bieten. In Zeiten von Corona, besonderen Hygienevorschriften und Abstandswahrung ist dies für alle eine große Herausforderung. Die Evangelische Jugend stellt sich dieser. Corona hin oder her, es ist Sommer. Natürlich.

Eigentlich wären wir diesen Sommer zusammen in Sachsenmühle, Stockheim, Schweden oder Österreich. Doch nicht dieses Jahr. Deshalb kommen wir mit kleinen Aktionen zu euch vor Ort. Wir haben mega Lust im den Sommer gemeinsam mit euch zu erleben!
DU auch? – dann nichts wie schnell anmelden!
Anmeldung ausschließlich hier online.

Für Fragen und weitere Informationen steht das Team der Evangelischen Jugend im Dekanat Schwabach gerne Rede und Antwort:

Evangelische Jugend im Dekanat Schwabach
Wittelsbacher Str. 4
91126 Schwabach
Tel.: 09122 - 9256 410
E-Mail: ej.dekanat-schwabach@elkb.de


08. Juli 2020 MUT MACHEN 81

Vom Glück

Sucht nicht das Glück in all den Dingen Die letztlich nur vergänglich sind Es wird euch nimmermehr gelingen Nur eure Lebenszeit verrinnt Und kehrt nicht wieder, bis am Ende Beim Blick zurück die Einsicht quält Nur wer das Glück, auf dass er’s fände In Gott sucht, er’s von dort erhält

Wolfgang Müller
Nürnberg/Bern 2001/2018


02. Juli 2020 MUT MACHEN 80

Ende der Kontaktbeschränkungen – aber kein Ende von ‚Mut Machen‘

Informationen aus dem Kirchenvorstand

Zum 1. Juli 2020 sind viele Beschränkungen der letzten Monate aufgehoben worden. Alle Bürgerinnen und Bürger sind inzwischen viel mobiler geworden. In der Öffentlichkeit haben – leider – die Disziplin und die Bereitschaft sehr nachgelassen, den angemessene Abstand und die nötige Hygienemaßnahmen zu wahren.

Der Kirchenvorstand will dieses lässige Umgehen für seinen Verantwortungsbereich nicht tolerieren. Wir wollen kein neuer Hotspot werden, wo Menschen sich infizieren könnten. Deshalb hat er in seiner letzten Sitzung entschieden, das Gemeindehaus noch nicht für die Gruppen und Kreis zu öffnen. Denn die Abstands- und Hygieneregeln lassen nur eine sehr kleine Zahl an Sitzplätzen zu; alle Gemeindegruppen haben eine größere Zahl an Teilnehmenden.

Unabhängig davon wollen wir ein besonderes Treffen der Senioren im Hof des Gemeindehauses organisieren. Noch offen ist der Termin und wie es genau aussehen wird. Einladungen folgen.

In der Ottilienkirche finden lediglich kleine Gottesdienste wie Taufe mit je einer Tauffamilie statt.

Solange es möglich ist, feiern wir Open Air-Gottesdienste:

  • am 5. Juli um 10 Uhr am Friedhof, die Konfirmanden werden vorgestellt
  • am 19. Juli um 9.30 (!) Uhr mit dem Posaunenchor auf dem Parkplatz beim Gasthof Bromm in Pruppach
  • am 5. August um 10 Uhr am Bauwagen

Bei Geburtstags- und Seelsorge-Besuchen komme ich inzwischen wieder zu den Menschen ins Haus. Ich trage aber eine Mund-Nasen-Maske, um zum Schutz aller Haus- bzw. Wohnungsbewohner beizutragen. Wenn es einen Balkon oder eine Terrasse gibt und wir draußen sitzen können, kann auch ich die Maske abnehmen.

Immer wieder äußern Menschen ihr Unverständnis, dass ich nach wie vor so zurückhaltend bin. Aber ‚Corona‘ ist nicht vorbei und die Pflicht, andere durch Abstand und Maske zu schützen, besteht nach wie vor. Ganz besonders unsere älteren Gemeindeglieder. Auch ich kann als Überträger andere Menschen anstecken, ohne selber infiziert oder erkrankt zu sein. Deshalb bitte ich um Ihr/Euer Verständnis für meine Zurückhaltung.

Die Rubrik ‚Mut Machen‘ hat am 15. März begonnen, inzwischen sind es 80 Beiträge geworden, dazu die Sonntagspredigten. In der Regel haben die Beiträge täglich gewechselt. Es wird weitergehen – aber anders als bisher. Gedanken und Bilder, die ‚Mut Machen‘, wird es weiterhin zweimal pro Woche auf der Homepage geben.

Ein besonderes Dankeschön möchte ich Philipp Wendler, unserem Webmaster der Pfaffenhöfener Homepage sagen: Danke, Philipp, für deine großartige Unterstützung! Ohne dich wäre das so nicht möglich gewesen.

Für Ihr/Euer bisheriges Interesse bedanken wir uns herzlich. Schauen Sie mal wieder ins digitale Fenster der Kirchengemeinde herein! Wir freuen uns auf Sie!

Ihr/Euer Eberhard Hadem


29. Juni 2020 MUT MACHEN 79

Heute lasse ich Tilmann Kleinjung, einen Kollegen des BR München, mit dem ich im Radio gerne zusammenarbeite, mit einem kritischen Kommentar zu den Kirchen zu Wort kommen.

Klick und weg? Die Kirche nach der Corona-Krise

Durch die Pandemie hat Kirche Neuland betreten: Messen im Livestream, Seelsorge am Telefon und das Stundengebet auf Soundcloud. Doch ein Grundmuster hat sich nicht geändert, kommentiert Tilmann Kleinjung. Und das könnte – nach Corona – Folgen haben.

Dass Pflegekräfte mies bezahlt werden, wussten wir schon vor Corona. Dass die Arbeitsbedingungen von Saisonarbeitern und Erntehelfern nicht den Standards entsprechen, ebenfalls. Die Pandemie hat da die Funktion einer Lupe. Bisher Ignoriertes, Vernachlässigtes, Verdrängtes wird offensichtlich: Unsere Schulen sind noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen, unsere Arbeitswelt kommt Männern eher entgegen als Frauen. Die Mängelliste lässt sich fortsetzen und natürlich auch auf die Kirchen anwenden. Viele Gemeinden und Pfarrer haben in den letzten Monaten das Netz für sich entdeckt. Sehr gut. Doch am Grundmuster der Kommunikation hat sich wenig geändert. Austausch, echte Beteiligung findet nur selten statt. Wie auch? Die Einbahnstraße ist die erprobte und weithin akzeptierte Verkehrsrichtung. Wir werden von der digitalen Kanzel bepredigt, am liebsten von oben herab. Die Corona-Pandemie hat diesen Hang zur Hierarchie noch einmal bestärkt. In den Internetangeboten der Diözesen und Landeskirchen lernen wir die große Schar der Erzbischöfe, Landesbischöfe, Weihbischöfe kennen – nicht die Vielfalt der Kirchen in Deutschland.

Auch das wussten wir schon vorher: Es geht um Qualität. Nur weil eine Predigt via YouTube gestreamt wird, ist sie nicht automatisch ansprechend oder anrührend. Im Gegenteil: Wer in der Überfülle des digitalen und analogen Angebots gehört werden will, muss besonders gut, besonders einfallsreich sein. Alter Wein in neuen Schläuchen funktioniert nicht. Ein Klick, und wir sind weg. Für immer? So mancher wird sich nach dieser Zeit ganz grundsätzlich fragen: Warum bin ich Mitglied in dieser Kirche? Wie wichtig ist mir das alles? Da brauchen die Kirchen dann gute Argumente. Auch dabei hilft das Corona-Brennglas. Denn es vergrößert natürlich auch das, was gut ist, was funktioniert: der unermüdliche Einsatz des Seelsorgeteams im Krankenhaus, der Telefondienst in der Gemeinde und der Gottesdienst, der mich berührt – auch unter Wahrung der Hygienevorschriften.

Von Tilmann Kleinjung | 03.06.2020 www.katholisch.de

Der Autor Tilmann Kleinjung ist Leiter der Redaktion Religion und Orientierung im Bayerischen Rundfunk (BR).


26. Juni 2020 MUT MACHEN 78

Von der rechten Gelassenheit

Das Pferd macht den Mist im Stall, und obgleich der Mist einen Unflat und Stank an sich hat, so zieht dasselbe Pferd doch den Mist mit großer Mühe auf das Feld, und daraus wächst sodann schöner Weizen und der edle, süße Wein, der niemals wüchse, wäre der Mist nicht da.

Also trage deinen Mist – das sind deine Gebrechen, die du nicht abtun, ablegen noch überwinden kannst – mit Mühe und Fleiß auf den Acker des liebreichen Willens Gottes in rechter Gelassenheit deiner selbst. Es wächst ohne allen Zweifel in einer demütigen Gelassenheit köstliche, wohlschmeckende Frucht daraus.

Johannes Tauler (1300-1361)


24. Juni 2020 MUT MACHEN 77

Impressionen Kirchweih 2020 – trotz Corona!


Danke den Kerwaboum für den Kerwabaum!


In froher Erwartung auf die fast 70 Gottesdienstbesucher




Gemeinsam feiern wir jeden Open Air-Gottesdienst im Gedenken an unsere verstorbenen Müttern und Väter, Großmütter und Großväter, unsere Vorfahren. Sie sind der Boden, der uns trägt.


22. Juni 2020 MUT MACHEN 76

Zurzeit sind wir Echo – das wir schon immer waren

Zwischen der Zerstörung der ersten Kirche im 30-jährigen Krieg und dem Wiederaufbau der jetzigen Ottilienkirche im Jahr 1735 liegen 86 Jahre des Vermissens, in dem sich unsere Vorfahren üben mussten. Sie mussten Gottesdienst ohne den Schutzraum der Kirche feiern. Vom ersten Gottesdienst nach dem Brand der Kirche wird 1649 berichtet, also ein Jahr nach dem Ende des Krieges. Er fand gleich am Eingang des Kirchhofes, bei der Linde statt, so hat es der damalige Rother Stadtpfarrer notiert. Am Vorbild unserer Vorfahren können wir lernen. Zum Beispiel beim Singen in Corona-Zeiten.

Vielleicht sind wir alle gerade mehr der Wald, der das Echo zurückwirft. Wir erinnern uns daran, dass wir als Sängerinnen und Sänger ‚früher‘ – vor Corona – begeistert und mit Schwung sozusagen in den Wald hineingerufen haben. Heute dagegen klingt unser Singen eher wie ein Echo: Sanft im Ausdruck und beinahe schwach im inneren Erleben.

Das hängt auch mit den aktuellen Verordnungen der Kirche zusammen, dort heißt es, dass das Singen leise geschehen möge, ohne viel stimmlichen Druck, und vor allem keine langen Gesänge. Egal, ob mit oder ohne Mund-Nasen-Maske – beides wirkt unecht. Irgendwie deprimierend, denn Singen sollte mit Freude geschehen. Aus vollem Herzen singen – so ist Musik eigentlich. Alles andere hinterlässt ein Verlustgefühl. Wir wären so gerne Sängerinnen und Sänger, die den Wald zum Echo herausfordern. Wir wären so gerne Melodie-Träger, stimmgewaltige Tonkünstler der Musik Gottes.

Doch hier komme ich beim Denken ins Stolpern: Ist nicht Christus die Musik Gottes – und ich versuche, sein Evangelium nachzusingen? Ist nicht er die Musik – und ich der Raum, in den hinein er klingt? So wie Christus die Sonne ist – und ich nur ein Stern, ein Widerschein seines Lichts. Ist nicht er das Meer – und ich ein Rinnsal seiner Güte?

Corona macht uns bewusst: Wir waren schon immer nur ein Echo der Musik Gottes und werden es immer bleiben. Aber was heißt ‚nur‘? Gewürdigt sind wir, dass wir mit unseren Stimmen die göttliche Musik widergeben. Als Instrumente der göttlichen Gnade können wir auf diese Weise andere etwas von der Güte Gottes ahnen lassen. Nicht jedes menschliche Ohr und Herz hört die Musik Gottes. Von dem Philosophen Jürgen Habermas stammt der Satz, er halte sich für ‚religiös unmusikalisch‘.

Seit Menschheitsgedenken ist das so: Wir sind Gottes Echo. Und das ist gut so. Daran will ich denken, wenn ich in den nächsten Wochen und Monaten beim Singen bis in meinen Körper hinein spüre: Ich bin Gottes Echo. Nicht mehr, aber auch ganz gewiss nicht weniger!

Lasst uns, solange es nötig ist, ganz bewusst das Echo sein, das wir schon immer sind.

Ihr/Euer
Eberhard Hadem


20. Juni 2020 MUT MACHEN 75

Es gibt keine Feinde.
Nur Freunde, die man noch nicht kennt

(Gastbeitrag von Jost Herrmann)

Es gibt keine Feinde, nur Freunde, die man noch nicht kennt, habe ich gelernt. Feindbilder lassen sich nur so lange aufrechterhalten, so lange man sich nicht begegnet. (Gut, ‚Deppen‘, so habe ich es ebenfalls gelernt, gibt es in jeder Kultur. 5%, so hat man es offensichtlich herausgefunden). Um in Frieden mit Menschen leben, muss man demnach meist nur auf andere Leute zu gehen und sie versuchen kennenzulernen.

Selig sind die, die Frieden schaffen, sagt Jesus. Schaffen, das ist etwas Aktives, man muss etwas dafür tun. Nur dasitzen und sagen: „Ich mach dir nichts, bitte tu mir auch nichts“, ist viel, genügt auf Dauer aber nicht. Wenn man Frieden haben will, darf man keine Berührungsängste haben. Neugierig auf den Fremden sein, der mein Freund ist, den ich nur noch nicht kennen gelernt habe, ist der Schlüssel zum Frieden.

Jesus ist wahrlich auf Menschen zu gegangen. Berührungsängste hatte er nicht: Ob Nichtgläubige, Römer, Herrscher, Frauen, Kinder, Kranke, Fremde, Sünder, nie hat er einen Bogen gemacht. Er hat allen das Gefühl gegeben: Du bist mir wichtig. So wurden aus Feinden, oder zumindest aus Fremde, Freunde. So ist Friede möglich.

Zum Autor Jost Herrmann:

Jost Herrmann ist Pfarrer in Schongau, vorher in Weilheim, dort haben wir uns als Kollegen kennengelernt. Zuvor war er mit seiner Familie viele Jahre im Auslandspfarramt in Südafrika. Deutschlandweit bekannt geworden ist er als Asylpfarrer im Oberland, aber weit über Oberbayern hinaus. Seit vielen Jahren tritt er für die Rechte von Flüchtlingen ein, initiiert und unterstützt Asylhelfergruppen. Es lohnt sich, seine Studie zu der ‚Situation der ehrenamtlichen Unterstützerkreise 2013-2018‘ zu lesen, in der er viele überraschende Erkenntnisse zusammenfasst und zeigt, dass es sich lohnt, trotz Widerstände für Menschen einzutreten: www.asylimoberland.de. Wer mehr über ihn und die Kirchengemeinde Schongau erfahren möchte: www.schongau-evangelisch.de.


19. Juni 2020 MUT MACHEN 74

Wer hofft
ist jung

(Gastbeitrag von Corvin Wellner)

Wer könnte atmen ohne Hoffnung dass auch in Zukunft Rosen sich öffnen ein Liebeswort die Angst überlebt

Rose Ausländer

Die Lyrikerin Rose Ausländer wurde 1901 in Czernowitz in der Ukraine geborgen. Als eine der wenigen entging sie der Vernichtung der Juden durch die Nationalsozialisten im Ghetto, wo sie unter anderem den Schriftsteller Paul Celan kennen lernte.

Nach Emigration und Nachkriegszeit kehrte sie 1964 in den deutschen Sprachraum zurück; ab 1965 lebte sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1988 in Düsseldorf.

Wer könnte atmen ohne Hoffnung? fragt die Dichterin. Ein lateinisches Sprichwort lautet: Dum spiro, spero. Solange ich atme, hoffe ich.

Im Lateinischen nur durch einen Vokal unterschieden sind ‚atmen‘ und ‚hoffen‘ eng, fast untrennbar miteinander verbunden. Atmen ist Leben.

So lässt das Hoffen leben und überleben. Es hilft, im eigenen Ich selbst Schrecken und nahenden Tod zu überwinden.

Und es lenkt den Blick auf das, was in der Welt so oft verborgen, verschüttet und verhüllt ist: Ihre Schönheit, ihre Kraft und ihre Lebendigkeit. Und die Liebe selbst.

Zum Autor Corvin Wellner:

Corvin Wellner ist Pfarrer in der Kirchengemeinde Weilheim-Apostelkirche. Mit ihm verbindet mich das gemeinsame theologische Fragen, aber auch ein wunderbares Miteinander in den praktischen Fragen unserer Arbeit als Seelsorger und Theologen. Die Konfi- und Jugendarbeit hat uns besonders verbunden; sie ist – neben Kirchenmusik und Haus für Kinder – das Herzstück der Gemeindearbeit in Weilheim. Ich bin sehr dankbar für die gemeinsame Zeit mit ihm. Dass ich seine Kollegialität nach wie vor genießen darf, ist ein Geschenk. Wer mehr über ihn erfahren möchte: www.apostelkirche.de.


18. Juni 2020 MUT MACHEN 73

Harre aus, bis sich die Verhältnisse normalisieren

(Gastbeitrag von Elisabeth Arendt)

Die auf den Herren harren, kriegen neue Kraft,
dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler

Jesaja 40, 35

Ich erinnere mich an ein Erlebnis aus der Zeit, als meine fünf Kinder noch klein waren und oft sehr krank. Der Umzug unseres großen Haushalts lag nicht lange hinter mir. Mein Tag begann morgens um sechs und wenn ich vor Mitternacht ins Bett kam, war ich froh.

Der frühere Windsbacher Kantor Emanuel Vogt besuchte meinen Mann. Leider war dieser noch nicht zuhause. So bat ich Herrn Vogt in unsre Wohnung, bis mein Mann käme. Wir unterhielten uns eine Weile, als er auf einmal sagte, dass er mir anstelle eines Gastgeschenks gerne etwas singen würde. Ich solle ihm einen Bibelspruch sagen, er habe die Fähigkeit zum Improvisieren und würde ihn mir singen.

Etwas überrumpelt fiel mir spontan ein: Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler. Tief in mir warteten diese Worte wohl auf ihre Gelegenheit. Und dann sang Emanuel Vogt aus dem Stegreif für mich diesen Vers.

An die Melodie erinnere ich mich nicht mehr, aber ich erinnere mich genau daran, wie gut mir der Gesang getan hat. Er holte mir diesen Spruch ins volle Bewusstsein und von da an begleitete er mich als Verheißung auf neue Kraft, wenn ich keine mehr hatte.

Heute sagt mir dieser Vers: „Harre aus, bis sich die Verhältnisse normalisieren“. Das ist nicht einfach. Es braucht die Hoffnung und Zuversicht, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen (Röm. 8, 28).

Zur Autorin Elisabeth Arendt:

Elisabeth Arendt lebt mit ihrem Mann in der Nähe von Traunstein. Sie arbeitete als Erzieherin im Kindergarten und hat viele Jahre in Georgensgmünd einen kleinen mittelständischen Betrieb gemanagt, nämlich eine Pfarrfamilie mit fünf Kindern und ihrem Mann. Ich erinnere mich, wie sehr ich sie dafür bewundert habe, wie sie alles geschafft hat. Heute engagiert sie sich in der Arbeit mit Flüchtlingen im Rahmen der Kirchengemeinde.


17. Juni 2020 MUT MACHEN 72

Die Seele ist der berührte Körper

Der französische Philosoph Jean-Luc Nancy hat diesen Satz gesagt: Die Seele ist der berührte Körper. Unser abendländisches Denken ist zunächst vom Sehen geprägt. Aber – so sagt Nancy – das Sehen verbindet sich mit allen anderen Sinnen. So erzeugt zum Beispiel das Sehen das Bedürfnis nach einer taktilen Erfahrung. Eine Einkerbung der Wand sehe ich nicht nur, ich fühle sie auch. Man möchte berühren, was man sieht.

Wenn ich jemanden berühre, den ich liebe oder wenigstens mag, dann schüttet der Körper das Hormon Dopamin aus – weniger wissenschaftlich gesagt: Herzensergüsse.

Und alles kommt vom Berühren der Haut, dem größten Organ des Menschen. Ärzte, Pflegekräfte und alle mitfühlenden Menschen wissen, was einsame Menschen am allermeisten vermissen, nämlich die Berührung durch einen anderen Menschen.

Der Dichter Robert Walser spricht davon, dass die Seele eines Menschen direkt unter der Haut angebracht sei. Wenn ich starke Gefühle wie Wut, Zorn, Kränkung, Scham erlebe, dann kann es passieren, dass ich ‚aus der Haut fahre‘. Als könnte meine Seele etwas anderes sein als ein Leib. Aber in Wahrheit ist es nur der körperlich deutliche Hinweis, dass ich selbst, dass Leib und Seele überkreuz liegen. Und ich mich danach sehne, wieder mit mir selbst vereint, versöhnt zu sein.

Die Bibel des Alten Testaments weiß, dass es gar nicht möglich ist, Leib und Seele zu trennen – auch wenn sie manchmal von beiden spricht. Denn was die Seele erlebt, ist eine körperliche Erfahrung: Meine Seele liegt im Staube; erquicke mich nach deinem Wort. (Ps. 119, 25).

Wer im Staub liegt, hat keine Kraft mehr. Deshalb ist – umgekehrt – das Wort Gottes auch keine nüchterne Information von Gedanken, die ich sachlich abwäge, sondern etwas, was mich erquickt, mich lebendig macht. Das Wort geht hinein in mich, erhebt mich aus dem Staub.

Mit Corona leben, bedeutet auch, dass – in absoluten Zahlen gemessen – die menschlichen Berührungen weniger geworden sind. Woran sich aber nichts geändert hat, im Gegenteil: Wir leben mehr denn je von zärtlichen Worten, die uns unter die Haut gehen. Die biblischen Worte ebenso wie die menschlichen Regungen des Herzens, die danach drängen, ausgesprochen zu werden.

Wir trauen uns nur viel zu selten, sie auszusprechen. Dabei sind sie ein großer Schatz aller Menschen, den niemand besitzen, sondern nur verschenken kann. Darum: Ab und zu solche Worte zu sagen, ist jede Mühe wert. Das wäre schon was.

Gott befohlen
Ihr/Euer

Eberhard Hadem, Pfarrer


16. Juni 2020 MUT MACHEN 71

Gott herbeisehnen

(Gastbeitrag von Karin Ulrich-Eschemann, Erlangen)

Wo ist Gott im Leiden seiner Kreatur? Und auch im persönlichen Leiden? Gibt es nicht eine dunkle Seite Gottes, die nicht die Liebe ist? Gibt es nicht auch den fernen Gott, den wir nicht verstehen können, weil wir nicht sehen, dass er etwas tut, dass er eingreift, dass er handelt. Dass er uns fern, weit weg vorkommt. Ein Held, der nicht helfen kann? So fragt Jeremia verzweifelt.

(…) Wir müssen nichts glätten und alles in der Liebe Gottes unterbringen. Gerade auch dieser prophetische Text [des Jeremia] bietet uns die Klage an, das Herbeiklagen Gottes mit allen Mitteln.

Jeremia glättet nichts, er ruft Gott herbei. Er nimmt ihn bei seinem Wort, seiner Zusage. Jeremia klagt Gott hart an. Hört: Du bist der Trost Israels und sein Nothelfer. Warum stellst du dich, als wärest du ein Fremdling im Lande und ein Wanderer, der nur über Nacht bleibt? Warum stellst du dich wie einer, der verzagt ist, und wie ein Held, der nicht helfen kann? Du bist ja doch unter uns, Herr, und wir heißen nach deinem Namen; verlass uns nicht. (Jer. 1, 8-9)

Gott ist da bei seiner leidenden Kreatur. Darauf ist Verlass. (…) Auch Gott ist verletzlich, verwundbar, ihn geht das Leiden der Kreatur etwas an, es geht ihm zu Herzen. Doch das reicht Jeremia nicht.

Jeremia will Gott bewegen, dass er handelt, etwas tut … und Gott lässt sich bewegen. Auch wenn er weiß um die Sünde und den Ungehorsam Israels. Hört: Ach, Herr, wenn unsere Sünden uns verklagen, so hilf doch um deines Namens willen! Denn unser Ungehorsam ist groß, weil wir wieder dich gesündigt haben. Du bist der Trost Israels und sein Nothelfer. (…) Du bist ja doch unter uns, Herr, und wir heißen nach deinem Namen. Verlass uns nicht. Hilf um deines Namens willen. (Jer. 1, 7+9)

Es klingt am Schluss fast wie ein trotziges Bekenntnis, das der Bitte vorausgeht: Du bist ja doch unter uns Herr, und wir heißen nach deinem Namen… Diese Erwartung gehört zu unserem Glauben dazu, wir haben nicht einfach nur Hoffnung. Wir stehen in Erwartung, dass Gott kommt und sich zeigt. Dass er handelt, dass er eingreift. In diesem Sinne leben wir immer im Advent: Komm, Herr! Amen.

Zum Autor Karin Ulrich-Eschemann:

Karin Ulrich-Eschemann ist emeritierte Professorin für Religionspädagogik und Didaktik des evangelischen Religionsunterrichtes an der Universität Erlangen-Nürnberg. Neben ihren Lehraufträgen an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät beschäftigt sie sich mit Fragen rund um Bibel und Ethik. Gemeinsam haben wir Studientage für Schülerinnen und Schüler der Mittelschule zu biogenetischen Fragen um den Beginn des Lebens und den Schutz von Embryonen durchgeführt. Bei ihr haben die Schüler/innen haben gelernt, wie man ethische Fragen stellt und was die Bibel dazu zu sagen hat. Was sie zum Beginn (Vom Geborenwerden des Menschen; 2002) und zum Ende des Lebens geschrieben hat (leben, auch wenn wir sterben; 2008), ist ganz nahe an den Fragen der Menschen – und zugleich nahe an den Gedanken der Bibel. Ihr Text von ‚Mut Machen 71‘ ist ein Predigtausschnitt über Jeremia 14, 1-9 vom 19. Januar 2019 in der Altstädter Kirche in Erlangen.


15. Juni 2020 MUT MACHEN 70

Ent-Spannung

(Gastbeitrag von Susanne Bammessel, Nürnberg)

Heimkommen aus der Stadt, vom Einkaufen, von Erledigungen. Für mich bedeutet das momentan Aufatmen, Entspannung. Denn das, was man so in der U-Bahn, in Geschäften oder auf der Straße erlebt, ist nicht gerade besonders relaxed. Bei Regenwetter schon gleich gar nicht! Regenschirm, beschlagene Brille, Maske. Wege, die einzuhalten sind. Abstand, der gar nicht immer eingehalten werden kann…

Zuhause werde ich erst mal wieder normal. Da ist meine Familie; denen darf ich allen ins Gesicht schauen. Mit ihnen kann ich essen und unkompliziert um einen Tisch sitzen. Und trotzdem: Bin ich damit schon „entspannt“? – Obwohl ich das gerne wäre, gelingt's oft nicht so recht.

Entspannung – was ist das? Will ich das überhaupt? – „Entspannt zu sein“ hat Konjunktur. Reiseanbieter werben damit, Autohäuser, Einkaufszentren, Drogerieartikel-Hersteller. Entspannung ist ein Sehnsuchts-Wort. Weil unser Alltag vom Gegenteil bestimmt ist: Unruhe, Stress, Unsicherheiten im Umgang miteinander. Spannungen überall.

Welches Bild gehört ursprünglich dazu? Wer mit Pfeil und Bogen umgeht, weiß: Man sollte einen Bogen, wenn man ihn nicht nutzt, entspannen. Die Sehne muss herausgelöst werden. So bleibt der Bogen elastisch. Das Bild bedeutet: Spannung muss sein, sonst kann ich kein Ziel erreichen. Aber Ent-Spannung ist ebenso wichtig, sonst verliert der Bogen seine Kraft.

Ziele, die ich mir setze, will ich auch erreichen. Mit Entspannung und Spannung. Gott gibt Atem für beides.

Zum Autor Susanne Bammessel:

Susanne Bammessel ist Pfarrerin der bayerischen Landeskirche. 10 Jahre, von 2009 bis 2019 war sie für die Gäste- und Touristenseelsorge an der Lorenzkirche in Nürnberg zuständig. In dieser Arbeit habe ich sie kennengelernt, besonders in der gemeinsamen Verantwortung für die große Citykirche St. Lorenz, aber auch im kollegialen Miteinander für die vier Innenstadtkirchen St. Egidien, St. Jakob, St. Lorenz und St. Sebald. Momentan arbeitet sie als Elternzeitvertretung in Fürth. Verheiratet ist sie mit Michael Bammessel, ebenfalls Pfarrer, aktuell Präsident des DW Bayern; sie haben vier erwachsene Kinder im Alter zwischen 25 und 15 Jahren. Ich habe ihre theologische Sorgfalt im Urteil genauso geschätzt wie ihre menschliche Feinfühligkeit im Umgang mit ganz unterschiedlichen Menschen, die mit ihren eigenen Erwartungen als Gäste und Freunde die Lorenzkirche besucht haben.


14. Juni 2020 MUT MACHEN 69

Der Garten am Nachmittag

(Gastbeitrag von Wolf Schindler)

Die feierliche Ruhe des Sonntagmorgen die Lust der spätberufenen Aufsteher das Gefühl heiterer Langsamkeit von Zeitentrückung, dem Luxus eines gedehnten Frühstücks. Im Ohr verweht das ferne Läuten der Kirchturmglocken

Die Sonne verkürzt zu Mittag die Schatten den Blumen und Tieren zur Freude die Vögel verkünden eine Pause der wir gerne folgen, betäubt von den Genüssen des zu üppigen Mahls

Die Katze tut es ihnen gleich, Nichts-tun ist keine Schande, wenn man weiß, warum es ist das Wechselgeld dieser verträumten Stunden, aus denen ich unter der großen Esche langsam erwache neben mir das Buch, das der Müdigkeit nicht zu trotzen vermochte.

Nun folgt ungerufen, aber willkommen der Spaziergang in der Natur, es ist die Zeit mit Käfern, Blumen und Faltern zu reden verwundert wie immer über deren pure Schönheit, die sie verschwenden, um uns zu gefallen. Glück, in sich ruhend wie reines Gold.

Die Rabenkrähen sehen es ähnlich, rufen kra-kra-kra von der Tanne, die Spatzen überlegen, ob eine dritte Brut zu schaffen sei unter dem Himmelsdach jagen sirr-sirr-sirr die Segler akrobatisch dahin.

Zum Autor Wolf Schindler:

Wolf Schindler ist ein Maler und Dichter aus Weilheim, der seit vielen Jahren die Kunst und die Künstler im Pfaffenwinkel unterstütz und fördert. Vor einigen Jahren haben wir anlässlich des Reformationsjubiläums eine Ausstellung für 25 Künstler/innen vorbereitet, die auf ganz unterschiedliche Weise ihre „Christusbilder“ im Stadtmuseum in Weilheim gezeigt haben. Gemeinsame Lesungen mit Gedichten und Texten zu bestimmten Themen, die die Kunst und den Glauben in gleicher Weise beschäftigen, haben uns beide begeistert. Wer mehr über ihn erfahren möchte: www.wolf-schindler.de.


13. Juni 2020 MUT MACHEN 68

Der Bote

Gestirne steigen Da wird noch klarer Dein stiller Auftrag Noch wunderbarer.

Es raunen Quellen Unirdisch leise Tief will ich schlafen Auch Rast ist Reise

Es raunen Quellen unirdisch leise – Ich habe diese Worte immer so verstanden, dass der Weg Jesu in dieser Welt sich nur dem öffnet, der bereit ist, die Quellen zu hören, aus denen Jesu Evangelium sich speist. Das Evangelium ist einfach – und dennoch bedarf es einer gewissen Mühe, es zu entdecken. Denn jeder Mensch hört lauter, was ihn ablenkt: Seine eigenen Wünsche, sein Begehren, seine Sehnsüchte. Er muss erst von ihnen befreit werden, damit er auch die unirdischen Quellen wahrnehmen kann. Jene Quellen, die nicht aufhören, sich zu verströmen.

Jesus sagt: Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm eine Quelle des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt. (Joh. 4,14)

Zum Autor Hans Carossa:

Als der Dichter Hans Carossa das Dämonische im Handeln der Nazis erkannte, machte er den Versuch, sie mit seinen poetischen Mitteln zu demaskieren. Aber er geriet immer stärker in eine ‚innere Emigration‘. Trotzdem hat er in seiner Dichtung nicht aufgehört, die Welt als eine heilende Schöpfung zu sehen. Jeder Einzelne – so meinte er – könne dazu beitragen, dass sie durch seine aufopfernde Tätigkeit wieder eine geordnete Welt werde: „Raube das Licht aus dem Rachen der Schlange!“ nennt er sein Motto. Hans Carossa stirbt am 12. September 1956 in Rittsteig bei Passau, wo er seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges lebte. Auf seinem Grab im nahen Ort Heining stehen die obigen Zeilen (in Auszügen) aus seinem Gedicht ‚Der Bote‘.


12. Juni 2020 MUT MACHEN 67

Die Büchse der Pandora

(Gastbeitrag von Corvin Wellner, Weilheim)

Hoffnung ist Lebenselixier. Wer hofft, findet sich nicht ab mit dem, was ist. Hoffnung übersteigt das Bloß-Sichtbare und wendet den Blick auf die Möglichkeiten und die Weite des Lebens.

Ein bekannter griechischer Mythos erzählt tiefgründig von ihr: Pandora, Allbeschenkte, wie ihr Name sagt, wird vom Göttervater Zeus als Strafe dafür geschaffen, dass Prometheus das Feuer aus dem Himmel gestohlen hat. Aus Neugier öffnet sie auch die Büchse ihrer Gaben, die niemals geöffnet werden sollte. Mit einem Schlag entwichen alle Übel des Menschen: Angst, Krankheit, Tod. Als der Deckel der Büchse wieder geschlossen wird, verbleibt als letztes die Hoffnung.

Ist es ratsam, den Deckel der Büchse immer wieder zu öffnen? Natürlich: Hoffen bewahrt nicht vor falscher Hoffnung und Enttäuscht-Werden. Der Philosoph Friedrich Nietzsche spottete einmal über die Hoffnung: „Zeus wollte nämlich, dass der Mensch (…) doch das Leben nicht wegwerfe, sondern fortfahre, sich immer von Neuem quälen zu lassen. Dazu gibt er dem Menschen die Hoffnung: Sie ist in Wahrheit das übelste der Übel, weil sie die Qual der Menschen verlängert.“

Die Hoffnung, lehrt uns der Mythos, ist oft verborgen. Sie ist der Bodensatz, der – mitten durch alle Hoffnungslosigkeit und alles Leid – gehoben werden muss. Die Hoffnung stirbt zuletzt, sagt ein Sprichwort. Hoffen heißt für mich: Den Wunsch nach Veränderung, nach einer Wende zum Guten und der Realisierung von Träumen niemals aufzugeben.

Zum Autor Corvin Wellner:

Corvin Wellner ist Pfarrer in der Kirchengemeinde Weilheim-Apostelkirche. Mit ihm verbindet mich das gemeinsame theologische Fragen, aber auch ein wunderbares Miteinander in den praktischen Fragen unserer Arbeit als Seelsorger und Theologen. Die Konfi- und Jugendarbeit hat uns besonders verbunden; sie ist – neben Kirchenmusik und Haus für Kinder – das Herzstück der Gemeindearbeit in Weilheim. Ich bin sehr dankbar für die gemeinsame Zeit mit ihm. Dass ich seine Kollegialität nach wie vor genießen darf, ist ein Geschenk. Wer mehr über ihn erfahren möchte: www.apostelkirche.de.


11. Juni 2020 MUT MACHEN 66

Verloren (Flucht)

(Gastbeitrag von Wolf Schindler, Weilheim)

Die das Ertrinken im Meer noch vor sich haben oder ein Hilfsschiff, das sie gerade noch rettet sind in Libyen gestrandet oder in Marokko

Afrikaner auf dem Weg nach Europa das sie nicht haben will

Das anonyme, langsame Sterben in Lagern ein Platz zum Leben oder zum schnellen Tod

In Europa haben sie Angst vor dem Zorn der Besitzenden, vor dem Hunger nach Leben der Ausgestoßenen

Frauen, kleine Kinder, junge Männer Erbarmen ist nicht nur ein Wort.

Die farbige Zeichnung steht im bewussten Kontrast zum Inhalt des Gedichts. Das schöne blaue Meer wird zum Grab für viele Flüchtlinge. Wessen Blick verbirgt sich im Bild? Der Blick des Touristen? Der Blick des Flüchtlings? Was sieht er? Ist es Abschied von Afrika? Oder Ankunft in Europa?

Zum Autor Wolf Schindler:

Wolf Schindler ist ein Maler und Dichter aus Weilheim, der seit vielen Jahren die Kunst und die Künstler im Pfaffenwinkel unterstützt und fördert. Vor einigen Jahren haben wir anlässlich des Reformationsjubiläums eine Ausstellung für 25 Künstler/innen vorbereitet, die auf ganz unterschiedliche Weise ihre „Christusbilder“ im Stadtmuseum in Weilheim gezeigt haben. Gemeinsame Lesungen mit Gedichten und Texten zu bestimmten Themen, die die Kunst und den Glauben in gleicher Weise beschäftigen, begeistern uns beide. Wer mehr über ihn erfahren möchte: www.wolf-schindler.de.


9. Juni 2020 MUT MACHEN 65

Im Rückblick ist manchmal alles anders

(Gastbeitrag von Pfarrer i.R. Johannes Arendt)

Am Abend vor meinem 70. Geburtstag las ich die Losung der Herrnhuter Brüdergemeine für den nächsten Tag, den 26. Mai 2020.

Der HERR schaut vom Himmel auf die Menschenkinder, dass er sehe, ob jemand klug sei und nach Gott frage. (Psalm 14,2)

Ich vertraue darauf, dass Gott mich kennt und über mich Bescheid weiß. Er „schaut“ vom Himmel. Das heißt doch, er hat genügend Abstand, um alles in den Blick zu nehmen. Er kennt die Zusammenhänge, er übersieht keine Kleinigkeit, ihm ist nichts unwichtig.

In den letzten Wochen nutzte ich die Zeit der Ausgangsbeschränkungen, um unser Familienarchiv zu ordnen. Wochenlang sortierte ich unzählige Dokumente. Meine Eltern schrieben sich zwischen 1939 und 1945 Tausende Briefe. Ihre Ängste und Hoffnungen werden in diesen Zeitdokumenten deutlich.

Seitdem sind etwa 80 Jahre vergangen. Von heute aus betrachtet, sieht man manches deutlicher und anders, weil inzwischen viele Fakten bekannt sind, die meine Eltern nicht wissen konnten. Sie ahnten nicht, wie ihre Geschichte ausging. Wir kennen den weiteren Verlauf. Wir wissen, welche Hoffnungen sich erfüllt haben und wo das Leben einen anderen Verlauf genommen hat.

Inzwischen habe ich viele Kapitel eines Buches über die Geschichte unserer Familie geschrieben. Meine Kinder erhielten per E-Mail schon zahlreiche PDF-Dateien. Ich bin jetzt beim Jahr 1945.

Bald muss ich mit meiner eigenen Lebensgeschichte anfangen. Werde ich wahrheitsgemäß berichten? Was schreibe ich? Was wird verschwiegen?

Zum Autor Johannes Arendt:

Im Dekanat Schwabach ist Johannes Arendt ein alter Bekannter. Er war seit 1990 lange Jahre Pfarrer in Georgensgmünd. 1991 habe ich meine Arbeit als Pfarrer z.A. in Georgensgmünd begonnen. Johannes Arendt hat mich als jungen Pfarrer immer an seiner Erfahrung teilhaben lassen, mich unterstützt und mit seiner Freude und Lust am theologischen Fragen geprägt. Ich erinnere mich an viele tiefgehende theologische Gespräche. So unterschiedlich wie wir sind, hat uns der gegenseitige Respekt verbunden. Durch ihn habe ich gelernt, was kollegial sein bedeutet: ‚colligere‘ bedeutet im Lateinischen: ‚zusammen lesen‘. Der Austausch über die unterschiedlichen Lesarten macht die Kollegialität aus, die Neugier, wie die oder der andere die Welt ‚liest‘. Bis heute verbindet uns eine anregende kollegiale Freundschaft. Johannes Arendt und seine Frau Elisabeth leben in der Nähe von Traunstein. Dort hat er in der evangelischen Kirchengemeinde die Orgel für sich entdeckt und begleitet als Organist die Gemeinde im Gottesdienst mit seiner Musik, während seine Frau Elisabeth in der Arbeit mit Flüchtlingen aktiv ist.


8. Juni 2020 MUT MACHEN 64

Junitag. Im Garten.

(Gastbeitrag von Wolf Schindler)

Es war warm geworden und die Leute spazierten in luftigen Kleidern, doch schon zu Mittag kam der Regen und wollte nicht aufhören. An langen Schnüren fiel er herab, rauschte in den Blättern, die Straße hinunter mit heiterem Klang. Vom Fließen und Verschwinden.

Zur späten Abendstunde des Junitages fliegt der große Abendsegler durch den Garten, gefolgt von den schnellen, abrupten Manövern der kleinen Hufeisennase. Hell stehen die Margeriten und die Blüten des Holunder gegen die aufziehende Nacht. Ein feiner Duft von Hundsrosen und Päonien weht heran, schwebt und vergeht.

Das Spiel mit der Katze ist beendet, freudig war sie dienstbar hierhin und dorthin gesprungen, hatte mit langen Sätzen die Birke geentert, vom Dach herunter verkündet Seht was ich kann, macht´s nach, es ist ganz einfach, wenn man es kann.

Ein Glockenschlag. Eine Amsel verleiht dem Gesang ein paar letzte Triller. Lichter werden entzündet, Türen geschlossen, Kinder zu Bett gebracht. Kälte kommt von den Bergen. Nachtgedanken. Warten auf den Mond.

Zum Autor Wolf Schindler:

Wolf Schindler ist ein Maler und Dichter aus Weilheim, der seit vielen Jahren die Kunst und die Künstler im Pfaffenwinkel unterstützt und fördert. Vor einigen Jahren haben wir anlässlich des Reformationsjubiläums eine Ausstellung für 25 Künstler/innen vorbereitet, die auf ganz unterschiedliche Weise ihre „Christusbilder“ im Stadtmuseum in Weilheim gezeigt haben. Gemeinsame Lesungen mit Gedichten und Texten zu bestimmten Themen, die die Kunst und den Glauben in gleicher Weise beschäftigen, begeistern uns beide. Wer mehr über ihn erfahren möchte: www.wolf-schindler.de.


7. Juni 2020 MUT MACHEN 63

Deocarus – ein Heiliger aus Herrieden
(Gastbeitrag von Christian Schmidt)

Kennen Sie Deocarus? Nein? Dann geht es Ihnen wie sehr vielen andern auch. Und doch ist es dieser Mann – er ist heute vor 1173 Jahren gestorben – wert, dass man ihn kennt. Deocarus wurde 798 Abt des Benediktinerklosters Herrieden. Und wenn Kaiser Karl der Große gerade in unserer Gegend war, ging er zu Deocar – auf Deutsch heißt das „Gottlieb“ – zum Beichten. Damit machte der Kaiser sich und allen anderen klar: Auch der mächtigste Mann der Welt hat noch einen über sich: den, vor dem jeder Mensch eine letzte Verantwortung hat. Dieses Wissen hat den Kaiser immer wieder zur Menschlichkeit zurückgeführt und davor bewahrt, ein Tyrann zu werden.

Deocarus lebte in der Stille des Klosters ein asketisches Leben und war seinen Mönchen ein Vorbild. Bald kamen viele Menschen zu ihm, um seinen Rat zu erbitten und sich in der Beichte einen neuen Anfang schenken zu lassen. Deocarus, ihr Beichtvater, ist ganz da für sie und ganz Ohr für das, was sie Gott bekennen. Was sie bekennen, gilt Gott, doch es ist ein Geschenk, wenn man das, was Gott gilt, einem Menschen sagen darf.

Wir brauchen Menschen, denen wir sagen können, was uns bedrückt. Menschen, die uns spiegeln, wie wir mit unserem Leben und Tun vor Gott dastehen. Die uns helfen, uns an Gottes Geboten zu orientieren und uns die Vergebung Gottes zusagen. Menschen, die das, was wir ihnen anvertrauen, nicht gegen uns missbrauchen.

Im geschützten Raum der Beichte und des seelsorgerlichen Gesprächs dürfen Schuld und Versagen ans Licht kommen, kann ein Mensch sich selbst erkennen. Und muss doch nicht verzweifeln, weil der Gott ganz nah ist, der die Liebe ist. ER bringt nicht um, er bringt zurecht. ER richtet, aber so, dass er aufrichtet. Er schenkt die Kraft zu einem neuen Anfang. Deocarus war Gottes Werkzeug dazu, und er war ein gutes.

Zum Autor Christian Schmidt:

Ihn kennen viele als fränkischen Reimprediger, Christian Schmidt, der frühere Pfarrer von St. Lorenz in Nürnberg. Bis zu seinem Ruhestand war er Regionalbischof im Kirchenkreis Ansbach-Würzburg. 2012 wurde ihm für seine fränkischen Reimpredigten und Gedichte der „Frankenwürfel“, so etwas wie ein fränkischer Nobelpreis, verliehen. Vor vier Monaten war er mit seiner Faschingspredigt in der Rother Stadtkirche zu hören. Im nächsten Jahr wird er wiederkommen und voraussichtlich am Sonntag 31. Januar in der Rother Stadtkirche seine Faschingspredigt 2021 halten.


6. Juni 2020 MUT MACHEN 62

Zukunft

Die wesentlichen Dinge des Lebens kommen nicht aus uns selbst, sondern auf uns zu

Das ist einer der schönsten Sätze in unserem Gesangbuch (EG 161). Seine Quelle ist unbekannt. Aber es ist eine überaus frische Quelle. Sie macht lebendig. Sie wirft mein Ich nach vorne in die Zukunft. Nicht in unbestimmter Hoffnung, sondern in gewisser Zuversicht. Wohin ich auch gehe, Gott kommt auf mich zu. Das wünsche ich Euch / Ihnen auch.

Gott befohlen
Euer/Ihr
Eberhard Hadem

Hinweis:

In den nächsten beiden Wochen veröffentliche ich Texte, Bilder, Fotos, Gedichte von Freunden, Kollegen und Kolleginnen, die einen Gastbeitrag für MUT MACHEN schreiben.

Zu den Autoren finden Sie eine kurze Info am Ende des jeweiligen Gastbeitrags.


5. Juni 2020 MUT MACHEN 61

ratlos

wie ist es möglich, dass nach langem mühevollem lockdown die meisten glauben das virus habe sich verkrümelt

noch nie in der menschheitsgeschichte hat sich ein virus verkrümelt es hat sich nur verändert und lebt weiter

wenn wir nicht langsam lernen mit dem virus zu leben – abstand respektieren hygiene beachten –

dann erleben wir es schon noch wie das virus gut mit uns aber auch gut ohne uns weiterleben kann

Eberhard Hadem

Ich bin ratlos angesichts der Tatsache
dass Menschen jetzt so handeln
als habe es Corona nicht gegeben

Ich bin heute eher verstört
und wenig zuversichtlich

Ich denke an MM 50 vom 19. Mai


4. Juni 2020 MUT MACHEN 60

„…für mich allein einen so schönen Gottesdienst gehalten“

Pfingsten 14. Juni 1943

Nun feiern wir also auch Pfingsten noch getrennt, und es ist doch in besonderer Weise ein Fest der Gemeinschaft. Als die Glocken heute früh läuteten, hatte ich große Sehnsucht nach einem Gottesdienst, aber dann habe ich es gemacht wie Johannes auf Patmos, und für mich allein einen so schönen Gottesdienst gehalten, dass die Einsamkeit gar nicht zu spüren war, so sehr wart ihr alle, alle dabei (…)

Die seltsame Geschichte vom Sprachenwunder hat mich auch wieder sehr beschäftigt. Dass die babylonische Sprachenverwirrung, durch die die Menschen einander nicht mehr verstehen können, weil jeder seine eigene Sprache spricht, ein Ende haben und überwunden sein soll durch die Sprache Gottes, die jeder Mensch versteht und die allein die Menschen auch wieder untereinander verstehen können, und dass die Kirche der Ort sein soll, an dem das geschieht, das sind doch alles sehr große und wichtige Gedanken.

Dietrich Bonhoeffer (1906 - 1945)

Zum historischen Hintergrund:

Am 5. April 1943 wird Dietrich Bonhoeffer verhaftet und zwei Jahre später – am 9. April 1945, vor 75 Jahren – auf ausdrücklichen Befehl Adolf Hitlers als einer der letzten NS-Gegner, die mit dem Attentat vom 20. Juli 1944 in Verbindung gebracht wurden, hingerichtet. Aus dem Gefängnis schreibt er Briefe an seine Eltern, seine Verlobte und seine Freunde. Der Brief vom 14. Juni 1943 ist an seine Eltern Paula und Karl Bonhoeffer adressiert.

Zitiert nach:

Dietrich Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, hg. v. Eberhard Bethge, Evangelische Verlagsanstalt Berlin 1957, Seite 42f.


3. Juni 2020 MUT MACHEN 59

Von der Dummheit – ein Gedankenexperiment

Über die Dummheit hat der Theologe Dietrich Bonhoeffer zwischen den Jahren 1942 und 1943 geschrieben. Im Blick hatte er die Dummheit jener Mitläufer im Dritten Reich, die fest daran glaubten, dass Adolf Hitler viel Gutes für das deutsche Volk bewirken würde, und dass alles gar nicht so schlimm sei, wie andere behaupteten.

Dummheit hat viele Facetten. Machen wir doch ein Gedankenexperiment – und lassen einfach mal den historischen Hintergrund von damals weg. Stattdessen lesen wir sie mit dem Blick auf die gegenwärtige Dummheit, die ihre Siege feiert, wie z.B. in Phrasen wie „Covid 19 – das Virus, das es gar nicht gibt.“ Oder in Menschen, die ihren Leichtsinn für ihr Bürgerrecht halten und dabei den Tod anderer Menschen einfach in Kauf nehmen, weil sie Abstandsregeln ignorieren und von Staatsterror schwafeln.

Bemerkenswert an Bonhoeffers Diagnose von 1943 ist, dass seine Alternative nicht lautet: Mehr Bildung für die Dummen! Denn viele dummen Menschen sind überaus gebildet. Deshalb – so Bonhoeffer – kann man von der Dummheit nur befreit werden.

Lesen Sie selbst die Sätze Bonhoeffers (i. A.) von 1942 mit dem Fokus auf das Jahr 2020:
Von der Dummheit
Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit. Gegen das Böse lässt sich protestieren, es lässt sich bloßstellen, es lässt sich notfalls mit Gewalt verhindern, das Böse trägt immer den Keim der Selbstzersetzung in sich, indem es mindestens ein Unbehagen im Menschen zurücklässt. Gegen die Dummheit sind wir wehrlos. Weder mit Protesten noch durch Gewalt lässt sich hier etwas ausrichten; Gründe verfangen nicht; Tatsachen, die dem eigenen Vorurteil widersprechen, brauchen einfach nicht geglaubt zu werden – in solchen Fällen wird der Dumme sogar kritisch – und wenn sie unausweichlich sind, können sie einfach als nichtssagende Einzelfälle beiseitegeschoben werden. Dabei ist der Dumme im Unterschied zum Bösen restlos mit sich selbst zufrieden; ja, er wird sogar gefährlich, indem er leicht gereizt zum Angriff übergeht. Daher ist dem Dummen gegenüber mehr Vorsicht geboten als gegenüber dem Bösen. Niemals werden wir mehr versuchen, den Dummen durch Gründe zu überzeugen; es ist sinnlos und gefährlich.
Um zu wissen, wie wir der Dummheit beikommen können, müssen wir ihr Wesen zu verstehen suchen. Soviel ist sicher, dass sie nicht wesentlich ein intellektueller, sondern ein menschlicher Defekt ist. Es gibt intellektuell außerordentlich bewegliche Menschen, die dumm sind, und intellektuell sehr Schwerfällige, die alles andere als dumm sind. Diese Entdeckung machen wir zu unserer Überraschung anlässlich bestimmter Situationen. Dabei gewinnt man weniger den Eindruck, dass die Dummheit ein angeborener Defekt ist, als dass unter bestimmten Umständen die Menschen dumm gemacht werden, bzw. sich dumm machen lassen. […]
Dass der Dumme oft bockig ist, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass er nicht selbständig ist. Man spürt es geradezu im Gespräch mit ihm, dass man es gar nicht mit ihm selbst, mit ihm persönlich, sondern mit über ihn mächtig gewordenen Schlagworten, Parolen etc. zu tun hat. Er ist in einem Banne, er ist verblendet, er ist in seinem eigenen Wesen missbraucht, misshandelt. So zum willenlosen Instrument geworden, wird der Dumme auch zu allem Bösen fähig sein und zugleich unfähig, dies als Böses zu erkennen. Hier liegt die Gefahr eines diabolischen Missbrauchs. Dadurch werden Menschen für immer zugrunde gerichtet werden können.
Aber es ist gerade hier auch ganz deutlich, dass nicht ein Akt der Belehrung, sondern allein ein Akt der Befreiung die Dummheit überwinden könnte. […] Das Wort der Bibel, dass die Furcht Gottes der Anfang der Weisheit sei, sagt, dass die innere Befreiung des Menschen zum verantwortlichen Leben vor Gott die einzige wirkliche Überwindung der Dummheit ist.
Übrigens haben diese Gedanken über die Dummheit doch dies Tröstliche für sich, dass sie ganz und gar nicht zulassen, die Mehrzahl der Menschen unter allen Umständen für dumm zu halten. Es wird wirklich darauf ankommen, ob Machthaber sich mehr von der Dummheit oder von der inneren Selbständigkeit und Klugheit der Menschen versprechen.

Zum historischen Hintergrund:

Am 9. April 1945 – vor 75 Jahren – wird Dietrich Bonhoeffer im KZ Flossenbürg durch ein Standgericht zum Tode verurteilt. Zwei Jahre vorher schreibt er an seine Mitverschwörer in der ‚Deutschen Abwehr‘, General Oster und dessen Assistenten, Hans von Dohnanyi, der zugleich der Schwager Bonhoeffers ist seine Reflexionen über die letzten Jahre mit der Überschrift: „Nach zehn Jahren. Rechenschaft an der Wende zum Jahr 1943“. Und er stellt darin noch weitere ethische Fragen zur Zivilcourage, zum Erfolg, zur Menschenverachtung, zur immanenten Gerechtigkeit, zu Vertrauen, zum Qualitätsgefühl und Mitleiden.

Zitiert nach:

Dietrich Bonhoeffer, Widerstand und Ergebung. Briefe und Aufzeichnungen aus der Haft, hg. v. Eberhard Bethge, Evangelische Verlagsanstalt Berlin 1957, Seite 15f.


2. Juni 2020 MUT MACHEN 58

Pfingst-Ruf

nach der mittelalterlichen Pfingstsequenz „Veni sancte spiritus“

Hierhin, Atem, steck mich an, send aus deiner fernsten Ferne mir Wellen Lichts.

Willkommen Armeleutevater, willkommen Obermundschenk, willkommen Herzensjäger.

Bester Tränentrockner, lieber Seeleneinwohner, mein Freund, mein Schatten.

Einmal Ausruhn für Grübler und Gehetzte, für Verkrampfte, ein Aufatmen bist du.

Unmöglich schönes Licht, überström den Abgrund meines Herzens, dir so vertraut.

Gott bist du, ohne dich ist alles Nacht und Nebel, Grausamkeit, Schuld.

Aber du machst reine. Verwelkt meine Blüte – gib Wasser, salb meine Wunden

Steif steh ich da, Zugang verboten, eisig. Tau mich auf, wärm mich. Fremd geh ich, such mich.

Ich sag dir ja, tu nein. Vergilt meine Zweifel mit Freundschaft, siebenmal tausendmal.

Nichts bin ich ohne dich. Tot will ich zu dir hin. dann werd ich lachen.

Huub Oosterhuis

Übersetzung Alex Stock
Du Atem meiner Lieder. Hundert Lieder und Gesänge.
hg.v. Cornelis Kok, Herderverlag Freiburg 2009, Seite 128f.


30. Mai 2020 MUT MACHEN 57

Auch eine Art von Pfingstgedicht

Ein Mensch, der beinah mit Gewalt auf ein sehr hübsches Mädchen prallt, er stottert – stutzt und lässt den Glücksfall ungenutzt. Was frommt der Geist, der aufgespart löst ihn nicht Geistesgegenwart? Der Mensch übt nachts sich noch im Bette wie strahlend er gelächelt hätte.

Hat Eugen Roth geschrieben, ein richtig guter Dichter. Weil ich es frei zitieren kann – grad heller wird’s und lichter – so nehm ich dieses eine Mal das Recht mir frech heraus: Der Hinweis auf die Rechte – ist heute grad mal aus.

Anders gesagt:
Leben geht nicht im Konjunktiv

Ihr /Euer Eberhard Hadem


28. Mai 2020 MUT MACHEN 56

Zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten
– im Warten auf Gottes Geist

Manchmal träume ich davon dass ich nicht immer nur blühen muss sondern Zeit Ruhe habe um Kraft für neue Triebe zu sammeln.

Andrea Schwarz (EG Seite 267)

Ein ähnlicher Gedanken – nur weltlich gesprochen:

Heute nichts erlebt auch schön

Diesen Satz fand ich an einer Hauswand in Berlin
Ihr/Euer Eberhard


27. Mai 2020 MUT MACHEN 55

Verantwortung geschieht immer vis-à-vis – lokal wie global

Unsere europäischen Nachbarn waren sehr irritiert, warum ausgerechnet Deutschland so schnell und radikal die Grenzen dicht gemacht hat. Als wäre das Corona-Virus ein Problem der jeweiligen Nationalstaaten.

Wenn uns das Virus etwas Wichtiges lehren kann, dann doch wohl dies: Das Virus kennt keine Grenzen. Und damit erweitert sich unsere Verantwortung. Natürlich ist es richtig, dass ich nur für die Reichweite verantwortlich sein kann, die ich mit einer Antwort erreichen kann. Schließlich heißt es ja Ver-Antwort-ung.

Aber stimmt es wirklich, dass nur jeder nationale Staat seinen Bürgern Antwort geben kann oder ist das nicht trotzdem eine Milchmädchenrechnung?

Wenn wir auf einem riesigen Blatt Papier alle Menschen mit Bleistiftpunkten markieren würden und die Bewegung aller Punkte über die ganze Welt mit demselben Bleistift nachzeichnen würden, je nachdem, wohin Menschen fliegen oder fahren, gehen oder laufen, transportiert werden oder sich selbst hinbewegen, dann würden wir ein unfassbar dichtes schwarzes Gewimmel an Verbindungen schaffen. Selbst der einsamste Mensch ist durch kleinste Bewegung mit anderen verbunden.

Wir alle haben es erlebt: An diesen Bleistiftstrichen entlang hat sich auch das Virus von einem zum anderen fortbewegt, über die ganze Welt.

Aktuell so zu tun, als würde das Virus trotz der Lockerungen nicht mehr entlang unserer Bewegungsmuster unterwegs sein, ist ein Irrglaube, ist Verdrängung.

Wir sollten lernen, ‚mit Corona‘ zu leben – und aufhören, auf eine Zeit zu hoffen, von der es irgendwann einmal heißen wird, dass sie ‚nach Corona‘ ist. Damit wir uns sobald wie möglich auch unserer gemeinsamen europäischen Verantwortung stellen – zu der auch gehört, anderen Staaten zu helfen.

Ihr/Euer
Eberhard Hadem


26. Mai 2020 MUT MACHEN 54

„Deine Seele soll sein ein bewässerter Garten“

Wasser ist oft das Geheimnis eines üppigen Gartens. Die spanische Mystikerin und Ordensfrau Teresa von Avila (1518-1582) überträgt das Bild vom Garten und vom Wasser auf den Menschen. Für sie ist die Seele eines Menschen ein Garten, der ohne Wasser abstirbt. In ihrem ‚Gartengleichnis‘ hat sie sich Gedanken darüber gemacht, wie ein Mensch auf dem Weg des inneren Gebetes reifen und wachsen kann. Dabei vergleicht sie die Seele mit einem Garten. Und der kann nur ge­deihen, wenn er gründlich bewässert wird. Sie schreibt in ihrer Biographie (Das Buch meines Lebens. Vollständige Neuübertragung. Ges. Werke Bd.1, Herder 2001, Kap.14, 6):

Ich meine, dass man auf viererlei Weisen bewässern kann: Entweder, indem man Wasser aus einem Brunnen schöpft, was uns große Anstrengung kostet; oder mit Hilfe von Schöpfrad und Rohrleitungen, wo das Wasser mit einer Drehkurbel heraufgeholt wird; ich habe es selbst manchmal heraufgeholt: das ist weniger anstrengend als jene andere Art und fördert mehr Wasser; oder aus einem Fluss oder Bach: Damit wird viel besser bewässert, weil die Erde besser mit Wasser durchtränkt wird und man nicht so oft bewässern muss, und es ist für den Gärtner viel weniger anstrengend; oder indem es stark regnet; dann bewässert der Herr ihn ohne jede Anstrengung unsererseits, und das ist unvergleichlich viel besser als alles, was gesagt wurde.

Die vier Bewässerungsarten stehen für die kleinen und größeren Mühen, durch die ich in Gebet und Meditation die Tugenden des Geistes in mir wirken lassen kann. Gott bewässert den Garten sicher auch ohne unser Zutun. Aber es bedeutet nicht, dass ich mich innerlich zurücklehnen kann, nach dem Motto: ‚Der liebe Gott macht das schon für mich.‘ Denn wir selbst, sagt Therese von Avila, sind verantwortlich für unseren Garten, für unsere Seele, die wir nicht haben, sondern die wir sind. Damit sie, die Seele, ein bewässerter Garten (Jes. 58,11) werden kann. Das wünsche ich Ihnen/Euch auch

Ihr/Euer
Eberhard Hadem


23. Mai 2020 MUT MACHEN 53

„Der Mensch im Garten“

Evangelische Morgenfeier in Bayern 1 mit Pfarrer Eberhard Hadem

Der Garten ist für viele Menschen ihr Paradies. Zur Gartenarbeit haben manche ein eher gespaltenes Verhältnis: Die einen mögen es sehr, die anderen gar nicht, selbst wenn sie sich gerne im Garten aufhalten.

Wenn Sie erfahren möchten, warum erst die Grenze aus dem Garten ein Paradies macht; worin die Liebe dem Garten ähnlich ist oder auch umgekehrt; warum die heilige Therese von Avila davon überzeugt war, dass jeder Mensch ein Garten sein kann, in dem sogar Gott spazieren geht, dann schalten Sie morgen, Sonntag 24. Mai 2020 von 10.30 bis 11 Uhr das Radio (Bayern 1) ein.

Oder Sie können auf der Homepage des Bayerischen Rundfunks die Evangelische Morgenfeier nachlesen oder nachhören.


22. Mai 2020 MUT MACHEN 52

Feste Meinungen oder festes Herz?

Für die Wissenschaften – auch Virologie und Epidemiologie – gehören der Irrtum und der Zweifel zu den zentralen Artikeln ihres Wissens-Bekenntnisses. Der Wahrheit verpflichtet sind sie täglich darum bemüht, eigene Irrtümer und Fehleinschätzungen zu korrigieren.

Das macht ihre Zuverlässigkeit aus, dass sie stets zweifeln. Ob das, was sie bisher als richtig angesehen haben, tatsächlich zutrifft – und im besten Fall korrigiert werden muss.

Wir als Bürgerinnen und Bürger wollen von den Wissenschaften etwas anderes: Wir wollen Sicherheiten. Wir wollen eindeutige und zuverlässige Ansagen, was zu den verschiedenen Aspekten in der Corona-Krise stimmt und was nicht stimmt; was zutrifft, und was nicht zutrifft.

Weil wir diese Sicherheiten nicht bekommen, glauben manche, dass die Wissenschaftler auch nur ihre Meinungen verbreiten würden – so wie wir als Laien auch Meinungen haben.

Aber so funktioniert Wissenschaft nicht.

Weil wir an die Wissenschaften falsche Erwartungen stellen, gibt es gegenwärtig Zweifel und Misstrauen mit allerlei Verschwörungstheorien.

Wir sehen die Experten streiten, wie Kinder die Eltern streiten sehen, von unten her. Dann fangen wir an, untereinander zu streiten, schreibt der italienische Schriftsteller Paolo Giordano (In Zeiten der Ansteckung. Hamburg 2020, Seite 65).

Keine wissenschaftliche Prognose kann mir ein festes Herz schenken.
Das kann nur Gott allein.

Mit einem festen Herz kann ich mit anderen zusammenleben, ohne sie zu diffamieren oder zu bedrohen. Ein festes Herz bewahrt mich davor, Solidarität zu zerstören oder dazu aufzurufen, sie zu zerstören. Ein festes Herz hilft, die Wissenschaften ihre Arbeit machen zu lassen.

Ein festes Herz wünscht
Ihr /Euer
Eberhard Hadem

Jesaja 26,3:
Zu der Zeit wird man dies Lied singen: (…) Wer festen Herzens ist, dem bewahrst du Frieden; denn er verlässt sich auf dich, mein Gott.
Hebräerbrief 13, 9:
Es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.

21. Mai 2020 MUT MACHEN 51

Genommenes Wunder

Schon als Jugendlicher habe ich den österreichischen Dichter Erich Fried sehr geschätzt. Mit 17 Jahren konnte ich an einer Dichterlesung mit ihm teilhaben. Etwa 15 Leute waren gekommen, in meiner – eher konservativen – Heimat war das schon ein Wunder. Denn Fried gehörte in ihrer Sicht zu den ‚linken Dichtern‘, was er auch gewiss war, aber eben nicht nur das.

Er kam durch eine Seitentür herein, mit seinen beiden Krücken schleppte er sich die wenigen Meter zu seinem Stuhl, vor dem wiederum ein kleiner quadratischer Tisch stand, auf dem lose Blätter lagen. Ich hatte damals schon viel von ihm gelesen, davon, dass seine Familie im KZ umgebracht worden war, dass manche Österreicher ihn genauso wie einige Deutschen liebten und gleichzeitig hassten. Er suchte die Wahrheit, besonders die der Vergangenheit – und die war in den späten 68iger Jahren trotz der nicht nachlassenden Nachfrage von uns Jüngeren nicht gefragt. Zu frisch waren die Wunden des Krieges, so hieß es. Nur – man sprach nicht von den Wunden der Opfer. Das aber tat Erich Fried. Und ganz nebenbei war ein genialer Dichter und Shakespeare-Übersetzer.

Es dauerte etwas, bis er endlich richtig auf seinem Stuhl saß. Seine Haare fielen etwas wirr in sein Gesicht. Dann schaute er jeden einzelnen der 15 Leute in dem kleinen Gemeindesaal an, die im Abstand von grad mal 4 Metern von ihm entfernt saßen und höflich geklatscht hatten, als er auftrat. Er nahm sich Zeit für Anschauen und tat das weder freundlich noch unfreundlich. Eher so, als wolle er wahrnehmen, wer diejenigen waren, die da vor ihm saßen. Dann senkte er den Kopf über die Blätter, zog seine dicke Brille heraus und begann mit der Lesung.

Eines meiner Lieblingsgedichte von Erich Fried lautet: Genommenes Wunder

Auch das sagen wir zu selten: ‚Es nimmt mich Wunder‘. Zwar, wir wundern uns oft, aber ohne an Wunder zu glauben.

Besonders nicht an so große, die uns ganz einfach ‚nehmen‘. Darum solls uns nicht Wunder nehmen Daß unsere Sprache verarmt.

Christi Himmelfahrt ist ein Wunder – weil es ohne dieses geniale Bild von der Himmelfahrt nicht möglich gewesen wäre, dass Christus allen Menschen nahe sein kann, nicht mehr nur seinen Jüngern damals. Das nimmt mich Wunder. Nach wie vor.

Einen frohen und gesegneten Christi Himmelfahrtstag

Ihr/Euer
Eberhard Hadem

Text: Erich Fried. Unverwundenes. Liebe, Trauer, Widersprüche Wagenbach-Verlag Berlin 1988 S. 38


19. Mai 2020 MUT MACHEN 50

Aussichten

Wir stehen möglicherweise vor einer Zeit, in der zur Wiederbelebung der Wirtschaft zu Konsum aufgerufen wird, mit dem gleichen moralischen Anspruch, der vor der Krise die Verzichtsappelle zum Klimaschutz begleitete.

Philipp Tingler

Schriftsteller, Philosoph, Neue Zürcher Zeitung (NZZ)
zitiert nach: CiG 20/2020 vom 17. Mai 2020, Seite 215


15. Mai 2020 MUT MACHEN 49

Einladung zum Open-Air-Gottesdienst am 17. Mai

Seid ohne Furcht! – Gottesdienst in Pfaffenhofen

Die Kirchengemeinde Pfaffenhofen mit Pruppach feiert am 17. Mai einen kurzen Open-Air-Gottesdienst um 9.30 Uhr auf dem Friedhof bei der Ottilienkirche.

Das Gemeindefest findet nicht statt, dafür Musik zum Hören, Lesungen und Gebet, einer Kurzpredigt, deren Langfassung als Kopie mit nach Hause genommen bzw. hier heruntergeladen werden kann.

„Sich endlich wieder treffen“ – lautet das Motto. Aber wir wollen niemanden gefährden und schauen erst mal, was sich dabei bewährt. Der Gottesdienst wird so gestaltet, dass Jung und Alt – ohne Furcht sich anzustecken – daran teilnehmen können, Familien mit Kindern ebenso wie Senioren.

Eine Mund-Nase-Bedeckung ist dabei obligatorisch. Im Abstand von 1,5 bis 2 m stehen hinter der Kirche insgesamt 50 Stühle und Bänke zur Verfügung, die die Gottesdienstbesucher durch den Haupteingang des Friedhofs erreichen.

Durch das große Tor zur Wiese können alle Besucher den Friedhof nach etwa 20 Minuten wieder verlassen. Bei Regen fällt der Open-Air-Gottesdienst aus.

Wenn alles gut klappt, soll auch der Pfingstfestgottesdienst am 31. Mai als Open-Air-Gottesdienst gefeiert werden.

Bitte an die Mund-Nase-Bedeckung denken!

Gebet

Wir beten für alle Menschen, die in Panik sind. Wir beten für die, die von Angst überwältigt sind. Wir beten um inneren Frieden für uns Christen inmitten dieses Sturms, um eine klare Sicht. Sei uns allen Schutz und Schirm. Bewahre unsere Gesundheit. Gib Halt und Zuversicht.


13. Mai 2020 MUT MACHEN 48

Seid ohne Furcht

Seid ohne Furcht oder Fürchtet euch nicht sind Worte aus der Bibel. Am Schwanberg bei Kitzingen lebt die ‚Communität Casteller Ring‘ (CCR), deren Gottesdienste mir seit vielen Jahren eine geistliche Heimat sind. Eine Inschrift an der Michaelskirche der Kommunität nimmt die Gedanken der Bibel auf:

„Seid ohne Furcht, wenn eines Tages die Kraft der Atome den kreisenden Erdball zersprengen sollte, dann wird sie doch nichts sein gegen jene Gewalt, die den Stein vom Grabe hinwegwälzte. Christus hat einmal den Tod besiegt, alles Grauen währt nur bis zum dritten Tag und jede Vernichtung ist eingeschlossen in seine und unsere Auferstehung.“

In der Lorenzkirche kam einmal ein Mann zu mir und bat mich um ein Gespräch. Nach einiger Zeit des Schweigens griff er in seine Hosentasche und brachte ein Päckchen Papiere hervor, alle zerknittert, leicht zerfetzt. Sorgsam, als wären es wertvolle Briefe, blätterte er sie auseinander bis er den fand, auf dem dieser Satz aus der Michaelskirche stand, handgeschrieben. Er las ihn vor, nickte dann und sagte: „Ohne den wüsste ich nicht, wie ich leben sollte.“

Ich in meinem bürgerlichen Denken habe damals geglaubt, er komme um mich um Hilfe zu bitten, weil er wieder anders leben wolle. Doch sein Leben auf der Straße war seine Art, sich einem schrecklichen Erlebnis zu verweigern, das er erlebt hatte. Und das zerknitterte Blatt Papier mit dem Text „Seid ohne Furcht…“ half ihm, es damit auszuhalten, wie es ist. Manchmal ist das schon viel. Sein Wunsch an mich war ein Gebet und ein Segen. Danach ging er wieder.

Ich habe in diesem Moment gelernt, dass das Leben nicht immer und für jeden eine Jesuskurve nimmt, wie ich sie mir denke. Wann und wie für einen Menschen der dritte Tag der Auferstehung beginnt, ist eine Sache zwischen Gott und ihm selbst. Bis dahin begleitet uns alle das Wort Jesu: Seid ohne Furcht!


12. Mai 2020 MUT MACHEN 47

Pippi Langstrumpf und die Corona-Protestler

Ich bin immer wieder erstaunt, wie rücksichtslos manche Menschen über die politischen Maßnahmen sprechen, als würden wir in einer Diktatur leben.

Dabei ist doch die Tatsache der Lockerung das beste Beispiel dafür, dass alle Maßnahmen temporär sind – darin liegt ihr demokratische Legitimation begründet.

Ich verstehe, dass Menschen bangen um ihren Arbeitsplatz, ihr Geschäft, ihre wirtschaftliche oder berufliche Zukunft.

Den grade beginnenden Sturmlauf der unsolidarischen Menschen dagegen verstehe ich nicht.

Aber schon Pippi Langstrumpf ist sturmerprobt: Tommy und Annika sagen: „Der Sturm wird stärker! Pippi antwortet: „Macht nichts! Ich auch!“

Also: Seid ohne Furcht!


08. Mai 2020 MUT MACHEN 46

Warum der liebe Gott ein Franke sein muss…

Ein Franke geht spazieren am Rothsee. Trifft er den lieben Gott. Sagt der Franke zum lieben Gott: „Was machsddn du dou?“ Sagt Gott: „Home Office.“


07. Mai 2020 MUT MACHEN 45

Warum Kinder und Senioren wichtiger sind als Fußball

In einem lesenswerten Interview mit den ‚Nürnberger Nachrichten‘ (veröffentlicht am Montag dem 4. Mai auf Seite 17) beantwortet der Erlanger Theologieprofessor Peter Dabrock die Frage nach der Fortsetzung der Bundesliga. Und er ist da sehr präzise und verständlich in dem, was er sagt. Ich habe ihn zwei Jahre in seinem Oberseminar erleben dürfen. Mich hat beeindruckt, wie er im Streit um die verschiedenen Sichtweisen bei einem ethischen Problem zu einem Urteil kommt. So wie er im Interview spricht, so ist er auch selber: In der Sache klar, in der Sprache freundlich und zugewandt. Und als Fußballfan teile ich dennoch, was er sagt: Solange es beispielsweise bei Kitas keinen Fahrplan gibt, erscheint die Besorgnis um die Bundesliga überspannt. Und er – ein Fan mit Dauerkarte in der Südtribüne des BVB – stellt am Schluss einen angemessenen Vergleich auf:

„…Ich vermisse den Fußball ja auch, und ich verstehe jeden, der die geliebte Zerstreuung wieder haben will. Auf der anderen Seite dürfen unzählige Menschen seit Wochen Alten- und Pflegeheim nicht mehr verlassen. Die Frage lautet: Was ist eher verzichtbar? Wo soll als erstes die geballte gesellschaftliche Anstrengung hinein, wohin knappe Güter wie die wichtigen Tests?“

Gott befohlen
Ihr/Euer Eberhard Hadem

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06. Mai 2020 MUT MACHEN 44

Die Maske, mein Atmen und ich

In einem Psalm (103, 1) heißt es: „Lobe den Herrn, meine Seele“. Eigentlich sollte man das letzte Wort nicht mit „Seele“ übersetzen. Das hebräische Wort an dieser Stelle heißt ‚nefesch’ und meint wörtlich die ‚Kehle’ des Menschen, durch die der Lebensatem fließt. „Lobe den Herrn, meine Kehle“ – das klingt zwar komisch, macht aber Sinn: Durch die Kehle geht der Lebensatem hinein und wieder heraus, bilden sich Töne und Stimmungen, dringt Gutes, aber auch manches Schlechte nach außen. Ohne Lebensatem durch unsere Kehle wäre kein Leben in uns. Die Seele des Menschen ist also kein Etwas in ihm drin, sondern jeder Mensch ist ganz und gar eine Seele, mit allen Sinnen, Leib, Gemüt und Verstand. Wir haben keine Seele, wir sind eine Seele.

Vielleicht haben wir auch deshalb in der Corona-Krise unsere Probleme mit einer Maske, die Mund und Nase bedeckt. Als würden wir durch sie daran gehindert, wir selbst zu sein. Ich spüre meinen eigenen Widerwillen und weiß, dass es anderen auch so geht. Und es gibt alle möglichen guten Ratschläge, dass eine Maske nicht zu lange getragen werden soll – was aber den Arbeitenden in den Geschäften und Betrieben keine Wahlmöglichkeit lässt! Ja, das ist so, dass das Atmen mit Maske schwerer fällt.

ABER lassen wir die Kirche doch mal im Dorf: Noch immer atme ich, noch immer geht Leben durch mich hindurch, macht mich lebendig – auch dann, wenn ich eine Maske trage. Ich kann mit kleinen Einschränkungen alles mit der Maske machen, was ich auch ohne Maske mache. Vielleicht muss ich einfach meinen Verstand einschalten und mich selber daran erinnern, dass keine Maske der Welt mich daran hindert, ich selbst zu sein! Deshalb kann ich diese ganze Anti-Masken-Hysterie nicht so richtig nachvollziehen.

Ich finde es einen Akt der Nächstenliebe, eine Maske zu tragen, denn ich trage sie vor allem, um den anderen vor mir zu schützen – umso mehr, wenn es Lockerungen geben wird. Brauche ich wirklich noch mehr Begründung, warum ich eine Maske tragen soll? Genügt es nicht, dass ich selber bereit bin zu tun, was ich mir von anderen auch wünschen würde? Dass ihnen etwas daran liegt, mich nicht zu infizieren!

Als Gott den Menschen schuf, blies er seinen göttlichen Atem in ihn, erzählt das Schöpfungslied in der Genesis. So ist jeder Atemzug, den wir machen, ein Hinweis darauf, dass Gott selbst, der Himmel und Erde gemacht hat, auch in uns lebt. So ist auch bis zum letzten Atemzug jeder und jede eine Mitarbeiterin, ein Mitarbeiter Gottes auf Erden. Jedes Gebet, das zu Gott kommt, jede gute Hand, die anderen hilft, jedes Wort, das Mut macht, wäre nicht möglich ohne die nefesch, die Seele, durch die Gottes Atem fließt und uns bewegt. Nicht einmal eine Maske kann das ändern.

Gott befohlen
Ihr/Euer Eberhard Hadem


03. Mai 2020 MUT MACHEN 43

Warum Helga Witt-Kronshage lieber sterben will als eingeschlossen zu sein

Das Schlimmste, sagt Helga Witt-Kronshage, ist gar nicht die Einsamkeit. Es ist nicht das Verbot, mit dem Rollstuhl in den Garten zu fahren, wo die Frühlingssonne scheint. Es ist nicht die Stille und nicht die Menschenleere auf den Fluren und schon gar nicht die Angst vor dieser vermaledeiten Seuche. Es ist die Tatsache, dass niemand sie gefragt hat.

Mit diesen Worten beginnt ein lesenswerter Artikel über eine Preußin in Berlin-Wilhermsdorf, die über das Leben während der Coronakrise im Pflegeheim sagt: Wenn dieses Leben der Preis dafür ist, nicht an Corona zu sterben, dann möchte ich gar nicht geschützt werden. Was viele von uns in Deutschland wie auch Angela Merkel ‚Fürsorge‘ nennen, empfindet sie nicht als Schutz, sondern als Qual.

Mit Recht darf gestritten werden, ob im Handel eine 800 qm-Größe das Kriterium sein darf, das darüber mitentscheidet, ob ein Geschäft, ein Unternehmen weiter existieren darf oder in die Insolvenz gehen muss.

Aber bei den Senioren handelt es sich um Menschen und ihre Würde. Meines Wissens hat es keine Befragung derjenigen Senioren gegeben, die antworten hätten können, welchen Schutz sie wollen. Wir haben über sie hinweg fürsorglich entschieden, obwohl wir sie als Betroffene auch hätten beteiligen können.

Wenn ein Gerichtsurteil die Regierung dazu bringt, ihre Politik für die Geschäftswelt zu ändern – wie viel dringender steht ein Politikwechsel mit Senioren und für Senioren an?

Zum Weiterlesen


02. Mai 2020 MUT MACHEN 42

Meine Großmutter hat mir mal diesen Tipp gegeben: Wenn die Zeiten schwierig sind, gehe in kleinen Schritten weiter. Tu, was du tun musst, aber tue es langsam. Denk nicht an die Zukunft oder was morgen passieren kann. Reinige das Geschirr. Wisch den Staub ab. Schreibe einen Brief. Koch Suppe. Siehst du das? Du gehst vorwärts, Schritt für Schritt. Mach einen Schritt und dann Pause. Ruh dich aus. Schätze dich selbst. Mach den nächsten Schritt. Dann noch einen. Du wirst es kaum merken, aber deine Schritte werden länger werden bis es soweit ist, wo du wieder an die Zukunft denken kannst ohne zu weinen.

Elena Mikhalkova
Der Raum der alten Schlüssel


30. April 2020 MUT MACHEN 41

Schön, dass es dich gibt

Ein christlicher Verlag für Bücher, Kalender, Musik und Geschenke in Hessen hat eine richtig gute Idee. Dort kann man relativ günstig Mund-Nasen-Masken in etwas höherer Qualität als die Alltagsmasken kaufen. Das Besondere dabei: Jede und jeder kann einen persönlichen Aufdruck gestalten lassen. Der Lieblingstext in vielen Design-Varianten lautet: „Schön, dass es dich gibt!“

Eine Maske dient eigentlich dazu, sich selbst vor den anderen Menschen zu schützen. Sie steht also für eine Art Selbstisolation. Maske und Handschuhe in der Öffentlichkeit senden eine Botschaft: „Steckst du mich nicht an – steck ich dich nicht an!“

Da wird der Andere schnell zum verdächtigen Subjekt, das mich bedrohen könnte. Da bin ich vorsichtiger, weil ich vom Anderen nur noch die Augen sehe. Da fällt es mir schwer, mir ein freundliches Lachen hinter der Maske vorzustellen. Weil man es einfach nicht sieht.

Wunderbar, dass die Maske dazu benutzt werden kann, um mit anderen Menschen zu kommunizieren. Noch dazu mit der positiven Verstärkung: „Schön, dass es dich gibt!“

Im Vis à vis, im Gegenüber bleiben, das ist in Zeiten der Corona-Krise nicht ganz einfach – aber so unendlich wichtig. Sich trotz Maske immer noch sehen, wahrnehmen, achten, ehren, bestärken, ermutigen – darauf kommt es an. „Schön, dass es dich gibt!“

Die Bibel erinnert uns an diese zeitlose Botschaft. Sie meint, was sie in einer schönen Sprache voller Liebe sagt: „Du bist der Schönste unter den Menschenkindern, voller Huld sind deine Lippen“ (Psalm 45,3). Wer so über andere denkt und spricht, der stärkt auch ihr Immunsystem.

Gott befohlen, ihr Schönen in Pfaffenhofen und Pruppach!

Ihr/Euer
Eberhard Hadem


29. April 2020 MUT MACHEN 40

Über die dringende Verschwendung von Zärtlichkeit

„Bitte nicht ins Gesicht fassen“ – ist ein wiederholter Hinweis in diesen Tagen, damit man sich nicht mit eventuellen Viren, die sich an den Fingern und Händen ablagern, ansteckt, die so den Weg zu den empfindlichen Schleimhäuten finden.

Anfassen, tasten, berühren – wie sehr uns das fehlen kann, erfahren Menschen in der Corona-Krise überdeutlich. Nicht nur in den Pflege- und Seniorenheimen, den Krankenhäusern, sondern auch in den Wohnungen. Und wie gut es mir tut, wenn jemand da ist, der mich anfasst. Zärtlichkeit ist ein Gottesgeschenk. Doch dieses Geschenk ist bedroht.

Der Mensch besitzt 750 bis 900 Millionen ‚tastsensible Rezeptoren‘ in seinem Körper, z.B. in Haut, Muskeln, Sehnen und Haaren. Von Kopf bis Fuß ist er von einem Netz von Sensoren durchzogen. Das Haptik-Forschungslabor Leipzig hat festgestellt, dass die Tastsinnleistungen von jungen Studentinnen und Studenten in den letzten Jahrzehnten geringer geworden sind, weil der Mensch immer reizärmer lebt: Überwiegend in Räumen, an Rechnern und weniger im Freien, in der Natur.

Der Mensch fasst sich unbewusst etwa vierhundert bis achthundert Mal am Tag ins Gesicht. Warum macht er das? – Er frischt auf diese Weise sein Kurzzeitgedächtnis auf oder er beruhigt hochfahrende Emotionen. Schön ein Fötus im Mutterleib reagiert schon mit solcher Geste auf Stress, um sich unbewusst damit auseinanderzusetzen. Oder um sich zu beruhigen. Offenbar hilft uns die Selbstberührung, uns in kritischen Lebenssituationen in Balance zu halten.

Von dem Theologen und später ermordeten Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer haben seine Studenten an der Berliner Universität erzählt, dass er die Angewohnheit hatte, sich mit den Fingern der Hand leicht über die Stirn zu streichen, wenn es um schwierige Fragen ging. Diese Erkenntnis hatte sich unter den Theologiestudentinnen und -studenten verbreitet. Wenn Bonhoeffer das tat, dann wussten sie: Jetzt kommt etwas Wichtiges! Dann versuchte er die Dinge auf den Punkt zu bringen, und sein Tastsinn sollte ihm helfen, sich zu erinnern, was ‚jetzt dran war‘, was er jetzt zu sagen hatte.

Wenn um Entscheidendes und Wichtiges geht, spricht die Bibel vom Finger Gottes. Dieser habe die Zehn Gebote geschrieben (2. Mose 31,18). Auch Erde und Himmel sind Gottes, „seiner Finger Werk“ (Ps. 8, 4).

Durch Berührung geschieht Gewaltiges. Da steckt Schöpferkraft drin! Deshalb – ihr Menschen in den Wohnungen und Häusern von Pfaffenhofen und Pruppach: Spart nicht an Zärtlichkeiten füreinander! Seid verschwenderisch in euren Familien! Verschenkt euch!


28. April 2020 MUT MACHEN 39

Herr mein Gott Ich danke dir dass du diesen Tag zu Ende gebracht hast Ich danke dir dass du Leib und Seele zur Ruhe kommen lässt Deine Hand war über mir und hat mich behütet und bewahrt Vergib allen Kleinglauben und alles Unrecht dieses Tages und hilf dass ich allen vergebe die mir Unrecht getan haben Lass mich in Frieden unter deinem Schutz schlafen und bewahre mich vor den Anfechtungen der Finsternis Ich befehle dir die Meinen ich befehle dir dieses Haus ich befehle dir meinen Leib und meine Seele Gott dein heiliger Name sei gelobt Amen

Abendgebet von Dietrich Bonhoeffer


27. April 2020 MUT MACHEN 38

Aufbrechen

Hände hoch dies ist ein Überfall Wir sind gekommen Sie zu befreien Alle Ängste auf den Boden Gesicht zum Himmel Raus aus ihrem Gefängnis Alle Schulden sind bezahlt Sie können gehen

Gott

aus:
Susanne Niemeyer
Damit wir klug werden
100 Experimente mit Gott
Freiburg im Breisgau 2015, S. 22
Abdruck mit Erlaubnis der Autorin und des Verlags Herder


24. April 2020 MUT MACHEN 37

Geteiltes Leid, geteilte Freude

Es gibt ein uraltes griechisches Wort für geteiltes Leid, das jeder kennt: συνπαϑος. Verbindet man die beiden griechischen Worte syn (dt. zusammen) und pathos (dt. Leid) miteinander, dann wird daraus sympathos, auf Deutsch: geteiltes Leid. Wir haben es in unseren Wortschatz übernommen und verwenden das deutsche Wort ‚Sympathie‘ eher wie einen Ausdruck der Zuneigung: ‚Der oder die ist mir sympathisch‘.

Doch wörtlich heißt es: ‚mit-leiden‘, also geteiltes Leid, zusammen Leid tragen. Man könnte im weitesten Sinne sagen: ‚Wer bereit ist, mit mir zu leiden, hat meine Sympathie.‘

Leid tragen ist auf jeden Fall kein Soloprojekt. So wie das Sprichwort sagt: ‚Geteiltes Leid ist halbes Leid‘.

Für den Gegensatz zum Mit-Leiden gilt das genauso: Sich nur für sich selbst zu freuen, kennt die Bibel kaum. Sie spricht vor allem von συγχάρoς, von der ‚geteilten Freude‘. Verbindet man die beiden griechischen Worte syn (dt. zusammen) und charis (dt. Freude), dann wird daraus syncharos, auf Deutsch: geteilte Freude), sich zusammen freuen. Das griechische Wort kennt im Deutschen aber leider kaum jemand. Deshalb sagt selten jemand: ‚Geteilte Freude ist doppelte Freude‘.

Diese Freude teilen in der jetzigen Osterzeit die, die an Jesu Auferstehung glauben. Als Solist daran zu glauben, ist schwer. Gemeinsam verbunden wird ein starkes Band geflochten, in das jeder sich einbinden lassen kann, um beides zu teilen: Leid und Freude.

Gott befohlen
Ihr/Euer Eberhard Hadem

Geteilte Freude (gr. syncharos) – ein Gemeinschaftsprojekt im Neuen Testament:

Am bekanntesten ist, was der Apostel Paulus (1. Kor. 12, 26) über Gemeinschaft sagt: Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied sich freut, so freuen sich alle Glieder mit. Das ist der Grund, warum wir Gemeinde-Glieder und nicht Mitglieder im ‚Verein Kirche‘ sind.

Wenn der Evangelist Lukas erzählt, dass Elisabeth schwanger wird mit Johannes, dem späteren Täufer, dann freuen sich Nachbarn und Verwandte mit ihr (Luk. 1, 58).

Wenn Jesus in den Gleichnissen vom verlorenen Schaf und vom verlorenen Groschen von der Freude des Wiederfindens spricht, heißt es an alle gerichtet: Freut euch mit mir… (Luk . 15, 6 und 9)

Wenn der Apostel die Philipper zur geteilten Freude auffordert, dann wird daraus sogar ein doppeltes und gegenseitiges Gemeinschaftsprojekt: So freue ich mich und freue mich mit euch allen. Darüber sollt ihr euch auch freuen und sollt euch mit mir freuen. (Phil. 2,17f.)


23. April 2020 MUT MACHEN 36

Die Predigt für den kommenden Sonntag, 26. April, liegt ab sofort in der Ottilienkirche aus und kann hier direkt heruntergeladen werden.

Der Prediger, Prädikant Gerhard Wendler, schreibt dazu:

Diese Predigt für den 26. April entstand früher als gewöhnlich, weil sie von einer Lektorin vorgetragen werden sollte. Es war die Zeit vor und am Anfang der Corona-Pandemie und sie ist geprägt von der Hoffnung, dass die Beschränkungen bis zum Predigttermin wieder aufgehoben sein werden. Dies hat sich nicht erfüllt. Aber es bleibt die Erkenntnis: Es gibt auch noch andere Themen.

Diese Information bitte auch mündlich weitergeben – Danke!

Gott befohlen
Euer Eberhard Hadem, Pfarrer


22. April 2020 MUT MACHEN 35

Wer die Osterbotschaft gehört hat der kann nicht mehr mit tragischem Gesicht umherlaufen und die humorlose Existenz eines Menschen führen der keine Hoffnung hat

Karl Barth


21. April 2020 MUT MACHEN 34

Vor 10 Tagen, am Sonntag dem 12. April, war das Osterfest
nach dem gregorianischen (Sonnen-)Kalender für die evangelischen und katholischen Christen.

Am vergangenen Sonntag, dem 19. April, war das Osterfest
nach dem julianischen (Mond-)Kalender für die orthodoxen Christen.

Christus ist auferstanden!

Im Jahr 2017 haben alle Christen Ostern an demselben Tag gefeiert
– damals am 16. April 2017

2025 werden alle Christen wieder gemeinsam Ostern feiern
– am 20. April 2025

Ich bin oft gefragt worden, wie ich mir das Auferstehen vorstelle. Ich stelle es mir nicht in theologisch-dogmatisch bestimmten Bildern vor. Aber in Träumen erhalte ich Belehrung darüber. Der Kern ist immer der gleiche. Ich werde getötet, erschrecke einen Augenblick und falle in eine dunkle Tiefe, werde aber plötzlich von etwas Unsichtbarem aufgefangen und finde mich in einem Licht, das ich vorher nie sah.

Luise Rinser
Evangelisches Gesangbuch
Seite 220


20. April 2020 MUT MACHEN 33

Die einen sagen Haltet Einkehr bei euch selbst dort werdet ihr Ruhe finden Und das ist nicht wahr

Die anderen sagen Wendet euch nach außen sucht das Glück indem ihr euch zerstreut Und das ist nicht wahr

Das Glück ist weder außer uns noch in uns Es ist in Gott

Blaise Pascal


19. April 2020 MUT MACHEN 32

Eine Künstlerin hat mir diese Plastik geschenkt als ich ein junger Vikar war: Sonntag ist’s! Irgendwo zwischen Kitsch und Gemüt erinnert sie mich daran, was das Schönste am Sonntag ist: Singen!

Figur mit singender Person und Aufschrift Sonntag ist's

Ich bin an den Sonntag gebunden wie an eine Melodie, ich hab‘ keine andre gefunden, ich glaube nicht, aber ich knie‘.

Martin Walser
Heilige Brocken.
Aufsätze – Prosa – Gedichte
Frankfurt 1988, Seite 74


18. April 2020 MUT MACHEN 31

Führen und Leiten

Im Übrigen meine ich möge uns der Herr weiterhin zu den Brunnen des Erbarmens führen zu den Gärten der Geduld und uns mit Großzügigkeitsgirlanden schmücken

Er möge uns weiterhin lehren das Kreuz als Krone zu tragen und darin nicht unsicher zu werden soll doch seine Liebe unsere Liebe sein

Er möge wie es auskommt in unser Herz eindringen um uns mit seinen Gedankengängen zu erfrischen uns auf Wege zu führen die wir bisher nicht betreten haben aus Angst und Unwissenheit darüber dass der Herr uns nämlich aufrechten Ganges fröhlich sehen will weil wir es dürfen und nicht nur dürfen sondern auch müssen

Wir müssen endlich damit anfangen das Zaghafte und Unterwürfige abzuschütteln denn wir sind Kinder Gottes: Gottes Kinder! Und jeder soll es sehen oder ganz erstaunt sein dass Gottes Kinder so leicht und fröhlich sein können und sagen: Donnerwetter

Jeder soll es sehen und jeder soll nach Hause laufen und sagen: er habe Gottes Kinder gesehen und die seien ungebrochen freundlich und heiter gewesen

Weil die Zukunft Jesus heiße und weil die Liebe alles überwindet und Himmel und Erde eins wären und Leben und Tod sich vermählen und der Mensch ein neuer Mensch werde durch Jesus Christus.

Hanns Dieter Hüsch
www.hüsch.org


17. April 2020 MUT MACHEN 30

du herr mein gott hineni – hier bin ich du kennst mich beim namen dir bin ich nicht egal

wenn ich jetzt vor dir mit meinem ganzen leben stehe in deinem sohn jesus christus hast du es bereits umarmt

und doch geschehen dinge um mich herum die ich mit deinem namen nicht zusammenbringen kann

nimm an was meine möglichkeiten und meinen verstand übersteigt wer kann retten wenn nicht du

sende deinen geist in dunkle räume des todes und der sünde, um deines namens willen

das bitte ich dich durch jesus christus deinen lieben sohn der mit dir und dem heiligen geist lebt und regiert von ewigkeit zu ewigkeit

amen

‚Hineni‘ ist ein hebräisches Wort und bedeutet ‚Hier bin ich.‘ Nach jüdischer Überlieferung ist es das erste Wort, dass die ersten Eltern ihrem ersten Kind gesagt haben. Es ist in der hebräischen Sprache der mächtigste Ausdruck für menschliche Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, eine Aufgabe mit eindeutiger Verpflichtung und Präsenz.
Es ist eben nicht:
‚Sicher, ich werde mein Bestes tun.‘
Oder: ‚Mein Büro wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen.‘
Es ist:
‚Hineni! Ich bin hier,
jetzt, mit Leib und Seele,
um die Aufgabe zu erfüllen.‘


15. April 2020 MUT MACHEN 29

Von der Raupe zum Schmetterling

Geduld ist eine ihrer größten Stärken. Von klein auf ist das schon so gewesen. Mehrere Wochen lang hat die 12-jährige Maria Sibylla Merian die Seidenraupen in ihrer selbstgebauten Papierschachtel beobachtet. Der 30-jährige Krieg ist gerade eben vorbei, da nimmt man kleine und schöne Dinge anders wahr. Die kleine Merian beobachtet ganz genau, wie sich die graue Raupe zu einem Kokon einspinnt, mit einem hauchdünnen Seidenfaden, den sie mehrere Tausend Mal um sich selber schlingt. Wenn sie sich eingesponnen hat in ihren Kokon, löst sie sich auf – mit allem, was sie einmal als Raupe ausgemacht hat. Nichts bleibt erhalten, sondern wird eine suppige weiche Masse ohne irgendeine Struktur. In dieser Suppe befinden sich sogenannte Imago-Zellen, die das Bild des vollständigen Schmetterlings in sich tragen. Also Gen-Informationen, die dem künftigen Leben seine neue Gestalt geben. Nach ihnen formt sich nach und nach der komplette Körper eines luftigen Schmetterlings, der so gar nichts mit dem früheren Erdenwesen gemeinsam hat, das er vorher gewesen ist.

Ich habe mich gefragt, was sich bei uns zum Positiven ändern könnte, wenn wir in der Corona-Krise in unserer Wohnung die Lebensform der Verpuppung üben würden. Die Wohnung als Kokon, in dem vieles nicht möglich ist, was wir vorher gemacht haben. Viele Sicherheiten und Selbstverständlichkeiten lösen sich auf. Wir halten das kaum aus. Jede und jeder für sich, in einer Lebensform, die wir alle mit Abstand voneinander teilen. Wie die Raupen in ihren Kokons. Natürlich macht es einen gewaltigen Unterschied, ob ich als Eltern mit drei Kindern auf wenigen Quadratmeter lebe oder ob ich alleine in einer Wohnung derselben Größe lebe. Doch manche Ängste bleiben dieselben: Die Angst um den Arbeitsplatz oder dass die Kinder leiden, die Schulden über den Kopf wachsen u.a.m.

Weggesperrt fühlen sich viele, das stimmt. Sehen wir aber auch die Chancen, dass die eigene Wohnung ein schützender Kokon sein könnte? In dem ich die Zeit nutze, mich innerlich zu prüfen: Was brauche ich wirklich zum Leben? Wie viel brauche ich, um ein zufriedener Mensch zu sein? Oder besser: Wie wenig brauche ich dafür? Was lerne ich in dieser Zeit über mich? Wie war es möglich, dass ich so wenig über meine Nachbarn wissen konnte – oder gar nicht wissen wollte?

In der christlichen Bildersprache, der Ikonografie, wird die Verwandlung der unansehnlichen Raupe in den strahlenden Schmetterling zum Ostersymbol der Auferstehung: Der gekreuzigte Jesus wird im dunklen Grab zum Auferstandenen verwandelt, im Licht des Ostermorgens.

Der Schmetterling ist aber viel mehr als nur ein Symbol dieses Übergangs. In ihm verbindet sich die Verwandlung mit der Freude, wie es am Ende ausgehen kann. Ich glaube, das ist auch der Grund, warum wir Schmetterlinge so mögen. Sie sehen wie ein Versprechen, wie eine Verheißung aus, dass das Schwere hinter und das Leichte vor einem liegt. Die Freude auf das Kommende beflügelt im besten Sinne des Wortes. Christus ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden!

Lasst uns im Glauben geduldig bleiben, wie Maria Sibylla Merian. Denn: Auch aus grauen Raupen werden schöne Schmetterlinge. Frohe und gesegnete Ostern, Gott befohlen!


14. April 2020 MUT MACHEN 28

Ostermorgen

Mir ist ein Stein vom Herzen genommen: meine Hoffnung die ich begrub ist auferstanden wie er gesagt hat er lebt er lebt er geht mir voraus!

Ich fragte: Wer wird mir den Stein wegwälzen von dem Grab meiner Hoffnung den Stein von meinem Herzen diesen schweren Stein?

Mir ist ein Stein vom Herzen genommen meine Hoffnung die ich begrub ist auferstanden wie er gesagt hat er lebt er lebt er geht mir voraus!

Lothar Zenetti


13. April 2020 MUT MACHEN 27

Am Ostersonntagmorgen haben Birgit und Katrin Bachinger mit ihrer Mutter Doris die von der Jungschar gestaltete neue Osterkerze auf den Friedhof an der Ottilienkirche getragen. Die Posaunen haben Osterchoräle gespielt, während die Gebete der Hausandacht gesprochen und die Glocken der Kirche wieder geläutet haben.

Kerzen können auch heute noch an der Osterkerze entzündet
und auf die Gräber der Verstorbenen gestellt werden
– Zeichen der Auferstehung.



Osterlob

wird beim Hereintragen der Osterkerze in die Kirche gesungen

Frohlocket nun, ihr Engel und himmlischen Scharen, frohlocket, ihr Wunderwerke Gottes. Die Posaune des Heils erschalle und preise den Sieg des ewigen Königs.

Es freue sich auch die Erde, erhellt vom strahlenden Lichte, und – vom Glanz des ewigen Königs erleuchtet – erkenne sie, wie auf der ganzen Welt die Finsternis ist gewichen.

Es freue sich auch die Kirche im herrlichen Glanze solchen Lichtes und der Lobgesang seines Volkes erfülle das Haus unseres Gottes.

Darum, liebe Schwestern und Brüder Ihr Zeugen des Osterlichts, ruft mit mir an die Barmherzigkeit des allmächtigen Gottes, dass er – der uns zu der Schar seiner Kinder hinzu gezählt hat – uns mit der Klarheit seines Lichtes erfülle und unser Loblied bekräftige.

Durch Jesus Christus, seinen Sohn, unseren Herrn, der mit ihm und dem Heiligen Geist lebt und regieret von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.


Die Osterpredigt finden Sie auf der Seite zur Hausandacht an Ostern.


11. April 2020 MUT MACHEN 26

Aufgewachsen im evangelisch-reformierten Bekenntnis konnte ich mit dem Karsamstag, diesem leeren Tag, wenig anfangen. Da passierte nichts. Da fand auch in der Kirche nichts statt. Der trockene Glaube des nördlichen Rheinlands und meines Westfalens hatte dafür eben keine Worte. Wir hielten einfach nur still. Ob es ein Warten war? Nicht wirklich.

Heute – wenn mich die Ostergrüße der Menschen schon am Gründonnerstag oder gar am Karfreitag ereilen, als könne niemand erwarten, dass Ostern wird – wäre ich dankbar für ein stilles Aushalten dieses gewöhnlichen und zugleich ungewöhnlichen Tages der Heiligen Woche – ein Tag ohne … ja ohne was?

Zumindest ein Tag, der sich nicht irgendwie füllen lässt – und wenn doch, dann mit der Leere und dem Aushalten dessen, was keiner von uns aushalten kann, sowenig, wie es die Jüngerinnen und Jünger Jesu aushalten konnten: Nämlich, dass nur der Tod gelten soll und nichts anderes.

Es gibt Menschen,
die das für die einzige Wahrheit halten können,
die das Leben zu bieten habe.

Ich kann es nicht.

Eberhard Hadem

Karsamstagsgebet

Jesus Christus

Dein Kreuz Zeichen der Not Zeichen des Unrechts Zeichen der Vernichtung

Und doch ist es nicht das Ende deines Weges Mache es uns zum Zeichen des Lebens und der Hoffnung

Der du lebst und wirkst in Ewigkeit Amen


10. April 2020 MUT MACHEN 25

Karfreitagsgebet

Herr Jesus Christus, Gottes Sohn Du hättest Freude haben mögen Aber hast erduldet das Kreuz Und hast die Schande nicht geachtet Du warst arm um unseretwillen In Versuchung gleich wie wir Du warst dahingegeben In der Sünder Hände Hast des Todes Bitterkeit geschmeckt Und auch die tiefste Not der Gottverlassenheit Du warst gehorsam in deinem Leiden Bis zum Tod am Kreuz Du Lamm Gottes das der Welt Sünde trägt Erbarme dich unser und errette uns Und diese ganze Erde von allem Bösen Und gib uns deinen Frieden Amen

Die heutige Predigt finden Sie auf der Seite zum Karfreitag.


08. April 2020 MUT MACHEN 24

‚GESUNDHEIT ist das wichtigste‘ sagte man bevor corona zur epidemie wurde ist das immer noch so? niemand möchte krank sein schon gar nicht am virus erkranken

aber wenn gesundheit das wichtigste wäre dann gäbe es kein ‚nach corona‘ nicht am 20. april nicht später auch nicht im herbst auch nicht 2021 auch nicht viel später

weil wir dann immer noch erkranken können wir müssten dann solange in unseren häusern und wohnungen allein sitzen bleiben bis die gefahr vorüber ist

aber: wann wird das sein? wenn wir alle einsam pleite arbeitslos nutzlos kraftlos geworden sind?

wir werden in der kommenden zeit lernen müssen abzuwägen zwischen schutz und freiheit

und das mein schutz und meine freiheit ihre grenze dort finden wo der schutz und die freiheit des anderen beginnt

das war schon immer so aber es wird ‚nach corona‘ (über)lebensnotwendig werden

wir werden (noch) nicht wissen was das ‚nach corona‘ bedeutet und es wird sehr schwierig werden beim abwägen eigene und gemeinsame antworten zu finden

das kann kein staat stellvertretend für uns tun sondern wird die aufgabe von jedem einzelnen werden und von uns allen

der staat hat einen guten job gemacht denn er hat uns als individuen einer gesellschaft durch seine rigorosen maßnahmen daran erinnert, dass GEMEINSCHAFT das wichtigste ist

gemeinschaft kann kein staat selber herstellen jetzt kommt es auf jeden von uns an

Eberhard Hadem


Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.

Ernst-Wolfgang Böckenförde 1964
Rechtsphilosoph und Staatsrechtler


07. April 2020 MUT MACHEN 23

Die Wohnung

Auf diese werden wir beschränkt Das Nötigste im Freien ist verhängt Bayern ging voran andere werden folgen dann Doch was passiert wenn es nur noch die eigenen vier Wände gibt Es wird eng die Decke drückt Lasst uns besinnen auf das Eigentliche unser Lebensglück haltet zusammen es helfe jeder wo er kann Und denkt daran auch Jesus ging voran Er hat über alles gesiegt somit uns auch Corona nicht unterkriegt Nächstenliebe fängt damit an sich zu besinnen wie man selber helfen kann Und bleibt man diese Tage zuhaus Hilft dies dem Nächsten vielleicht schon über den Tod hinaus Spendet Gedanken Trost und Licht und bedenkt Gott verlässt uns nicht

Christian Güttler, Pfaffenhofen
20. März 2020

geschrieben
fünf Tage nach Verkündung des Katastrophenfalls

abgedruckt
in der Karwoche: „…auch Jesus ging voran“


06. April 2020 MUT MACHEN 22

Irgendwann wird die Frage zu stellen sein, warum zwar gut besuchte Wochenmärkte zur Daseinsvorsorge gehören, Gottesdienste, in denen Menschen gestärkt, getröstet und aufgebaut werden, aber nicht.

Frieder Jehnes, Pfarrer


Das ist die verstörendste Lektion, die die anhaltende Virus-Epidemie für uns bereithält: Der Mensch ist viel weniger souverän, als er denkt.

Slavoj Žižek, Philosoph


05. April 2020 MUT MACHEN 21

Wochengebet für den 6. Sonntag der Passionszeit – Palmsonntag

Wir halten dir unsere Herzen hin, Jesus Christus, wir strecken dir unsere Hände entgegen. Wir wollten dir entgegengehen, wir wollten mit dir laufen und hineinziehen in deine Stadt. Aber wir können nur mit unseren Herzen zu dir kommen. Nur unsere Sehnsucht ist auf dem Weg zu dir. Nur unsere Gebete. Sie sind alles, was wir haben. So beten wir für die Kranken für die, denen keine Medizin mehr helfen kann, für die, die einsam sterben, für die, die unter der Last dieser Tage zusammenbrechen. Komm zu ihnen mit deiner Liebe und heile sie. Höre uns. So beten wir für die Menschen, die in Krankenhäuser und Pflegeheimen arbeiten, in Feuerwachen und Apotheken, in Kitas und Supermärkten, in Laboren und in Ställen, in Ämtern und Gemeinden. Komm zu ihnen mit deiner Freundlichkeit und behüte sie. Höre uns. So beten wir für die Menschen, die in der Sorge dieser Tage in Vergessenheit geraten, die Flüchtlinge, die Opfer von häuslicher Gewalt, die Verwirrten und Missbrauchten, die Hungernden, die Einsamen. Komm zu ihnen und rette sie. Höre uns. Wir halten dir unsere Herzen hin und danken dir für den Glauben. Wir danken dir dass wir zu dir und zueinander gehören. Wir danken dir für die Zeichen der Liebe und Verbundenheit, für die freundlichen Worte, für die Musik. Wir danken dir für dein Wort und deine weltweite Kirche. Wir wollten dir entgegengehen und hineinziehen in deine Stadt. Und wir erleben es: Du gehst mit uns durch diese Zeit Heute, in diesen Tagen der Passion, und jeden neuen Tag. Amen.


04. April 2020 MUT MACHEN 20

Meine Angst macht das Virus stark Vertrauen und Hoffnung machen mich stark Gott sei Dank

Eberhard Hadem


03. April 2020 MUT MACHEN 19

Gebet am Abend

Himmlischer Vater Du unser Gott Für uns siehst du Dinge vor die uns zum Besten dienen Mit dem was wir nicht wissen mit dem was wir befürchten mit dem was uns über den Kopf wächst vertrauen wir uns dir an Wandle unsere Angst und unsere Ungewissheit in Vertrauen durch Jesus Christus der mit dir und dem Heiligen Geist lebt und regiert in Ewigkeit Amen

Jochen Teuffel, Vöhringen


02. April 2020 MUT MACHEN 18

Bergamo ist eine Stadt in Italien, nordöstlich von Mailand, die besonders unter dem Corona-Virus leidet. Die Zahl der Kranken und der Toten in dieser Gegend ist unverhältnismäßig groß, selbst für den Norden Italiens.

Im Jahr 1630 hat Bergamo schon einmal eine schreckliche Zeit erleben müssen, als die Pest die Stadt in ihren Klauen hatte. Der dänische Schriftsteller Jens Peter Jacobsen hat darüber 250 Jahre später eine Novelle geschrieben ‚Die Pest in Bergamo‘. Eine Geschichte mit einem schrecklichen Ende, wo es am Schluss heißt: „Und das Kreuz stand leer, und das große Werk der Versöhnung ward nie vollbracht.“ Was Jacobsen da erzählt, geht beim Lesen an die Nieren, weil er alles in Frage stellt, wofür der Glaube steht. Er war davon überzeugt, dass Versöhnung mit Gott und auch das Miteinander von einer Seele mit der anderen nie stattfinden werde. Im Gegenteil, das alles sei „eine Lüge“. In Wahrheit, davon ist er überzeugt, ist „eine Seele stets allein.“

Ich erlebe es in den letzten Tagen anders, wenn ich mit Menschen am Telefon spreche oder im Mailkontakt bin. Ja, viele kämpfen mit dem Alleinsein. Manche kämpfen auch damit, dass in der Familie viele auf einem Haufen beieinander sind, aber dennoch jeder für sich ist.

In jedem Gespräch kommt irgendwann der Moment, wo es ums Beten geht, um Fürbitte. Manche erzählen mir, für wen sie beten. Oder sie bitten mich, für sie zu beten. Manche erzählen auch, worüber sie mit Gott sprechen, wie dankbar sie sind, wenn es jemanden an ihrer Seite gibt, der an sie denkt. Sie erkennen, was ihnen trotz allem geschenkt ist.

Wie froh sie sind, dass sie im Garten, im Treibhaus selber etwas anbauen können. Wie sie andere versorgen, ihnen Gemüse an den Gartenzaun stellen. Und wenn sie später wieder hinschauen, dann hat einer mit Sand ein ‚Danke‘ geschrieben. Eine andere mit Blumen dasselbe ‚Danke‘ zu einem Wort gelegt. Der Wind geht darüber, aber im Herzen bleibt es geschrieben: Danke. Danke, dass eine Seele sich mit einer anderen Seele verbindet.

Diese Hoffnung trägt auch mich. In der Bibel (Hebr. 11) heißt es: Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht. (…) Es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade (…) Der Gott des Friedens (…) mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus.

Gott befohlen
Ihr/Euer
Eberhard Hadem


01. April 2020 MUT MACHEN 17

Warum unsere Panik das Virus stärker macht

Neulich sagt jemand am Telefon zu mir: „Wissens, Herr Pfarrer, wir werden uns ja wahrscheinlich nicht wiedersehen, deshalb vielen Dank für alles.“

Und ich habe u.a. geantwortet: Je mehr Panik wir schieben, je mehr wir unseren Blick nach unten wenden – desto stärker machen wir das Virus. Weil es ihm dann leichter fällt, in unsere Körperzellen einzudringen. Der Geist ist stärker als das Fleisch, stärker als Materie – vergessen Sie das nicht!

Ein Bakterium ist intelligent, es kann sich teilen und wird immer überleben, wenn es nicht von einem Antibiotikum abgetötet wird.

Ein Virus – auch das Corona-Virus – ist dagegen strunzdumm, alleine kann es nicht überleben. Es hat nur eine unvollständige RNA, d.h. es braucht Wirtszellen, denn nur die können ihm helfen zu überleben.

Der Wirt – in diesem Fall der Mensch – kann es dem Virus leicht machen, wenn er raucht, Alkohol trinkt, Drogen nimmt und vieles andere mehr. Aber auch ohne das alles bleibt noch ein großes Einfallstor für das Virus, nämlich – Stress!

Die größten Stress-Macher sind Sorgen, Kummer, Angst, Überforderung u.a.m. Bei der Stressvermeidung kommt es auf den richtigen Umgang an. Nicht von allem kann ich mich distanzieren.

Deshalb bin ich aber nicht hilflos. Ich kann und soll etwas ganz Anderes tun, um den Stress abzubauen, nämlich Sport, Entspannung und – Musik. Und da am besten die Musik, die ich selber mache. Aber auch gehörte Musik hilft.

Der König Saul wusste um die heilende Kraft der Musik, deshalb sollte der junge David die Leier spielen. Die Musik ist eine Gabe und ein Geschenk Gottes; sie vertreibt den Teufel und macht die Menschen fröhlich, so hat Martin Luther die Bedeutung der Musik für Glaube und Gemüt beschrieben.

Also – raus an die frische Luft, egal, ob mit oder ohne Mundschutz, egal, ob selbst genäht oder aus der Apotheke! Entspannen beim Spazierengehen! Und morgens oder abends ein Lied singen, egal, ob mit anderen oder allein. Und auf jeden Fall Musik hören – richtig bewusst hören und genießen!

Gott befohlen
Ihr/Euer
Eberhard Hadem


31. März 2020 MUT MACHEN 16

ein spätes postkyrie zum sonntag judika

ich vermisse den gottesdienst vermisse die lieder die gebete die stille das hören das tun deines wortes gott wenn es sich gehör verschafft zwischen uns ich entbehre die gesichter der gottesdienstmenschen deren wesen mir verborgen ist und ich nicht weiß was sie denken und glauben in jener stunde der gemeinschaft sie fehlen mir herr denn ich erinnere mich wie sie an den worten ziehen an deinen worten herr die gut tun oder rätselhaft sind sehe sie murmeln und kauen und ich mit ihnen an deinen worten herr der du allein die herzen regierst und niemand sonst es ist die nähe und die gesichter und die zugewandten körper und seelen die ich vermisse an sonntagen und in ihnen dich kyrie eleison – herr erbarme dich


30. März 2020 MUT MACHEN 15

Rezept

Jage die Ängste fort Und die Angst vor den Ängsten. Für die paar Jahre Wird wohl alles noch reichen. Das Brot im Kasten Und der Anzug im Schrank. Sage nicht mein. Es ist dir alles geliehen. Lebe auf Zeit und sieh, Wie wenig du brauchst. Richte dich ein. Und halte den Koffer bereit. Es ist wahr, was sie sagen: Was kommen muss, kommt. Geh dem Leid nicht entgegen. Und ist es da, Sieh ihm still ins Gesicht. Es ist vergänglich wie Glück. Erwarte nichts. Und hüte besorgt dein Geheimnis. Auch der Bruder verrät, Geht es um dich oder ihn. Den eignen Schatten nimm Zum Weggefährten. Feg deine Stube wohl. Und tausche den Gruß mit dem Nachbarn. Flicke heiter den Zaun Und auch die Glocke am Tor. Die Wunde in dir halte wach Unter dem Dach im Einstweilen. Zerreiß deine Pläne. Sei klug Und halte dich an Wunder. Sie sind lang schon verzeichnet Im großen Plan. Jage die Ängste fort Und die Angst vor den Ängsten.

Mascha Kaléko (1907 - 1975)

Die Dichterin Mascha Kaléko ist etwa 60 Jahre alt, als sie das Gedicht ‚Rezept‘ schreibt. 1967 wird es zuerst in einer Zeitung veröffentlicht. Im Oktober 1968 wurde es in ihren Gedichtband Das himmelgraue Poesiealbum aufgenommen. Nur wenige Monate zuvor war ihr einziger Sohn Steven ganz plötzlich an einer schweren Krankheit verstorben.

aus: Mascha Kaléko. Sei klug und halte dich an Wunder. Gedanken über das Leben
hg. v. Gisela Zoch-Westphal und Eva-Maria Prokop
7. Auflage 2017 dtv München © 2013 (1975) C.H.Beck, Nördlingen, Seite 7f.


29. März 2020 MUT MACHEN 14

Am heutigen 5. Passionssonntag hätte – ohne Corona – Pfarrer Thomas Hellfritsch aus Hilpoltstein den Gottesdienst mit der Gemeinde in der Ottilienkirche gefeiert. Als kleinen Sonntagsgruß veröffentlichen wir hier seine Gedanken zum Wochenspruch der kommenden Woche:

„Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele.“ (Matthäus 20, 28)

Der Wochenspruch für die Woche vor uns ist ein Hinweis auf Ostern. Jesus sagt damit: „Ich bin für euch da, ich stehe zu euch!“ Wie ein Windhauch die einzelnen Samen des Löwenzahns fortträgt, damit sie an verschiedensten Orten keimen und wachsen, so stelle ich mir dieses „Leben geben“ vor, von dem Jesus spricht.

Ostern ist nahe, nur noch zwei Wochen – aber gefühlsmäßig für viele von uns weit weg. Vorgestern habe ich einer Seniorin zugehört. Sie ist in die Kirche gekommen, um eine Kerze anzuzünden und hat erzählt, wie einsam es für sie gerade ist, allein, isoliert in ihrer Wohnung.

Vielleicht ist ja jetzt die Zeit, diese Worte Jesu wieder ganz neu zu entdecken, sie für das eigene Leben fruchtbar zu machen. Vielleicht jemanden anzurufen, den sonst keiner anruft, für jemanden einzukaufen, für den es sonst keiner tut. Einfach Löwenzahnsame sein, irgendwo hinfliegen, fruchtbar sein.

Es sind ja nur noch zwei Wochen bis Ostern.

Ihr Thomas Hellfritsch, Pfarrer

Pusteblume

28. März 2020 MUT MACHEN 13

Ich empfinde diese Tage im Ausnahmezustand so, als würden wir gemeinsam zurückgeworfen auf dieses Grundmoment des Lebens: Bedürftig und abhängig zu sein. Man möchte das ja nicht fühlen als erwachsener Mensch. Schwachheit, angewiesen sein auf Hilfe. Autonomie ist doch die Errungenschaft meines Lebens. Und dass wir Lösungen finden für alle Krisen, das ist der Stolz unserer modernen Gesellschaft. Jetzt ist es aber nicht so leicht. Und sie finden sich sicher – in den Laboren wird auch Hochtouren gearbeitet an der Entwicklung eines Impfstoffes. Wir sind gut informiert, was wir tun können, um uns und andere zu schützen. Im Grunde aber muss jede und jeder akzeptieren: So ist das Leben, so bin auch ich geschaffen. Abhängig, bedürftig. Es gibt kein Ausweichen. Das Bild des Kindes, das an der Mutterbrust saugt, bestimmt unseren Anfang und zeigt zugleich: Das wird nie aufhören. Du wirst immer wieder so bedürftig und gefährdet sein wie am Anfang. Angewiesen darauf, dass dir gegeben wird, was du dir nicht geben kannst.

Melitta Müller-Hansen, Evang. Morgenfeier in Bayern 1 am 22. März 2020
(in ähnlichen Worten im Fernsehgottesdienst im BR am 22. März 2020)


27. März 2020 MUT MACHEN 12

Ein Wort für Sie!

Evangelische Kirche in Rundfunk, Fernsehen und im Internet

Übersicht zu Kirche in Fernsehen, Radio und Internet

öffentlich-rechtliche Radiosender
private Radiosender
Fernsehen

Ein Ohr für Sie!

Einen Menschen am Telefon erreichen

Ab sofort gibt es ein Sorgen- und Hilfe-Telefon, an dem sich bekannte Gemeindeglieder beteiligen – und Sie entscheiden, wen Sie anrufen möchten:

Vorwahl: 09171 -
Heidemarie Bächertäglich12 – 14 UhrTel. 5798
Stefan Erlbachertäglich18 – 19 UhrTel. 899 469
Eberhard HademtäglichTel. 971415
Susanne HammerDi/Mi16 – 18 UhrTel. 88963
Walter KanisMo/Di15 – 17 UhrTel. 70875
Helga und Hans Trautnertäglich10 – 12 UhrTel. 60808
Johanna und Hartmut Vogeltäglich19 – 21 UhrTel. 892186

Wer lieber mit einem unbekannten, aber dennoch vertrauenswürdigen Menschen telefonieren möchte, kann auch die Telefonseelsorge anrufen:
Telefonnummer 0800 111 0 111 (kostenfrei)
Die Telefonseelsorge steht jeden Tag rund um die Uhr für Gespräche zur Verfügung

Gott befohlen
Ihr /Euer
Eberhard Hadem, Pfarrer


26. März 2020 MUT MACHEN 11

Aus Martin Luthers Gutachten von 1527 zu der Frage:
Ob man vorm Sterben fliehen möge

Wohlan der Feind hat uns durch Gottes Verhängnis Gift und tödliche Krankheit herein geschickt, so will ich zu Gott bitten, dass er uns gnädig sei und wehre. Danach will ich auch räuchern, die Luft reinigen helfen, Arznei geben und nehmen, Orte und Personen meiden, da man meiner nicht bedarf, auf dass ich mich selbst nicht verwahrlose und dazu durch mich vielleicht andere vergiften und anstecken und ihnen so durch meine Nachlässigkeit Ursache des Todes sein möchte. Will mich indes mein Gott haben, so wird er mich wohl finden, so habe ich doch getan, was er mir zu tun gegeben hat, und bin weder an meinem eigenen noch an anderer Menschen Tode schuldig. Wo aber mein Nächster mein bedarf, will ich weder Orte noch Personen meiden, sondern frei zu ihm gehen und helfen, wie oben gesagt ist. Siehe, das ist ein rechter gottesfürchtiger Glaube, der nicht dummkühn noch frech ist und auch Gott nicht versucht.

Der Pfarrer zu Breslau, Johannes Heß, hatte Martin Luther um ein Gutachten gebeten, ob man bei herrschenden Seuchen fliehen dürfe. Denn von August bis November 1527 wütete in Wittenberg die Pest. Martin Luther bejahte diese Frage, ja, man dürfe fliehen. Er selbst blieb aber mit einigen anderen Pfarrern in Wittenberg (Quelle: WA Bd. 23, 365-366).


24. März 2020 MUT MACHEN 10

Nachtsegen

gute nacht ihr mutigen und ängstlichen gestressten und gelangweilten ihr witzigen und verliebten kranken und neugeborenen ihr lesenden und unleserlichen ihr fernen und nahen der abend bricht herein die stille kammer da wir des tages jammer vergessen und verschlafen können in wunderbaren warmen betten das ist doch schon was und die kerze in der küche um 19 uhr entzündet mit dem vaterunser (oder dem mutterunser) besonders für ihn und alle… gehen wir in den kommende nacht und in den morgigen tag mutig und auf abstand mit nahem herzen und einer riesigen hoffnung

gabriele herbst magdeburg


23. März 2020 MUT MACHEN 9

Wie eine Mutter einen Mann, ihren Sohn tröstet, so will ich euch trösten
Bibeltext des 4. Passionssonntag 22. März 2020 – Jesaja 66,13

Solidarität ist so etwas wie mütterlicher Trost für Erwachsene
Melitta Müller-Hansen, Fernseh- und Radiopredigerin

In einem gemeinsamen Wort der katholischen, evangelischen und orthodoxen Kirchen in Deutschland „Beistand, Trost und Hoffnung“ heißt es u.a.:

Wie alle unverschuldete Not, die über die menschliche Gemeinschaft kommt, so kennt auch diese Krise keine Gerechtigkeit. Sie trifft die einen nur ganz am Rande, die anderen, oft genug die Schwachen, aber mit aller Härte. Deshalb, aber auch wegen der notwendigen Isolation der Menschen, sind das Füreinander-Dasein und die Solidarität in dieser Zeit so unabdingbar, um das humane Angesicht unserer Gesellschaft nicht zu entstellen oder gar zu zerstören. (…) Gerade weil in diesen Tagen viele Grenzen und Barrieren zwischen Menschen errichtet werden müssen, dürfen die Grenzen nicht in den Herzen hochgezogen werden. (…)

Als Christen sind wir der festen Überzeugung: Krankheit ist keine Strafe Gottes – weder für Einzelne, noch für ganze Gesellschaften, Nationen, Kontinente oder gar die ganze Menschheit. Krankheiten gehören zu unserer menschlichen Natur als verwundbare und zerbrechliche Wesen. Dennoch können Krankheiten und Krisen sehr wohl den Glauben an die Weisheit und Güte Gottes (…) erschüttern. Krankheiten und Krisen stellen uns Menschen vor Fragen, über die wir nicht leicht hinweggehen können. Auch wir Christen sind mit diesen Fragen nach dem Sinn menschlichen Leids konfrontiert und haben keine einfachen Antworten darauf. Die biblische Botschaft und der christliche Erlösungsglaube sagen uns Menschen jedenfalls zu: Gott ist ein Freund des Lebens. Er liebt uns Menschen und leidet mit uns. Gott will das Unheil nicht. Nicht das Unheil hat darum das letzte Wort, sondern das Heil, das uns von Gott verheißen ist. (…)

In diesen Zeiten der Verunsicherung begleiten Sie alle unsere Gebete und Segenswünsche! Bleiben Sie behütet an Leib und Seele. Gott segne Sie!

Bonn und Hannover, den 20. März 2020

Bischof Dr. Georg Bätzing
Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Landesbischof Dr. Heinrich-Bedford-Strohm
Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)

Metropolit Augoustinos
Vorsitzender der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland


22. März 2020 MUT MACHEN 8

Geh hin mein Volk in deine Kammer und schließ die Tür hinter dir zu Verbirg dich einen kleinen Augenblick bis der Zorn vorübergehe

Spruch des Propheten Jesaja

Die heutige Morgenfeier des bayrischen Rundfunks finden Sie hier zum nachlesen oder anhören.


21. März 2020 MUT MACHEN 7

Liebe Gemeindeglieder,
Gemeinsame Gottesdienste in der Ottilienkirche sind für uns leider nicht möglich, auch nicht in der kommenden Woche am 29. März, wo wir uns normalerweise versammelt hätten.

Aber der Bayerische Rundfunk verstärkt deshalb ab sofort seine Angebote.

Kirchenrätin und Pfarrerin Melitta Müller-Hansen, die Beauftragte der ELKB für Hörfunk und Fernsehen in München können Sie am morgigen Sonntag 22. März im Radio und Fernsehen gleichzeitig erleben:

Im BR Hörfunk gibt es – wie jeden Sonntag – im Programm Bayern 1 von 10.05 bis 11.00 Uhr eine Evangelische und eine Katholische Morgenfeier: Pfarrerin Melitta Müller-Hansen spricht über „Mütterlicher Trost für Erwachsene“ und Pfarrer Christoph Seidl aus Regensburg über „Die Heilung eines Blindgeborenen“.

Im BR Fernsehen wird ebenfalls morgen, 22. März, von 10.15 bis 11.00 Uhr aus der Markuskirche in München ein nicht-öffentlicher evangelischer Gottesdienst mit Pfarrerin Melitta Müller-Hansen übertragen.

Und wer wissen will, was es sonst noch in Bayerischen Rundfunk zu religiösen Fragen zu hören und zu sehen gibt, findet hier viele Hinweise aus der Redaktion ‚Religion und Orientierung‘.

Der Leiter der Redaktion schreibt dazu: Die notwendige Minimierung aller sozialen Kontakte darf nicht dazu führen, dass wir uns aus den Augen verlieren. Wir brauchen Zuversicht und Hoffnung statt Depression und Mutlosigkeit. Gottesdienstfeiern auch ohne Publikum können dazu beitragen. Bleiben Sie Viren-frei! Ihr Wolfgang Küpper

Gott befohlen, auch am 4. Sonntag der Passionszeit mit dem lateinischen Namen ‚Lätare‘ – auf Deutsch: Freut euch! Bleibt fröhlich in eurer Hoffnung auf Gott, auch an diesem ersten Sonntag der Ausgangsbeschränkung.

Ihr/Euer
Eberhard Hadem, Pfarrer


20. März 2020 MUT MACHEN 6

Guter Gott Ich bitte dich drum dass mich keine Furcht überkommt Lass mich besonnen und mit klarem Blick erkennen was ich hier und heute tun kann Lass mich gut für mich und meine Lieben sorgen Guter Gott zeige mir wie ich anderen Menschen helfen kann.


19. März 2020 MUT MACHEN 5

Ein Kollege von mir schreibt: „Viele gute Ideen in diesen Zeiten, aber es wird inflationär! Ich soll ein weißes Tuch ins Fenster hängen, ich soll eine Kerze ins Fenster stellen, ich soll um 17.10 Uhr die Glocken läuten, ich soll um 19 Uhr auf dem Balkon ‚Der Mond ist aufgegangen‘ singen, ich soll um 21 Uhr Glocken für 5 Minuten läuten, am Sonntag soll ich wie alle anderen (…) um 10 Uhr die Glocken für 7 Minuten läuten (Solidarität!), möchte sie aber auch um 9.30 Uhr läuten, weil das unsere eigentliche Gottesdienstzeit ist… ICH HOFFE, ICH VERGESS NIX!” Ach ja, und alles bitte live streamen!

Ich bin am Tag 4 im Katastrophenfall innerlich noch nicht dazu bereit, am Balkon das Lied vom Mond zu singen. Waren die Italiener mit ihren Hymnen vor einiger Zeit auch noch nicht.

Aber wer weiß, wie es sein wird am Tag 71 oder Tag 163 nach einer womöglich ausgerufenen Ausgangsperre? Vielleicht will ich dann unbedingt hinaus auf den Balkon, um laut diesen wunderbaren Song zu schmettern! Und möchte ihn als Echo von der nächsten Terrasse hören.

Und ja, auch dann werde ich singen, weil ich meine eigene Angst bekämpfe. Aber dann singe ich zuerst(!) für den ganz realen Nachbarn neben mir, der inzwischen tatsächlich erkrankt ist. ‚Und lass' uns ruhig schlafen und unsern kranken Nachbarn auch‘, so hat Matthias Claudius zu Gott gebetet. Und wenn dabei meine eigene Angst etwas kleiner würde, wäre das schön.

Ich will keine einzige der genannten Aktionen kritisieren, die vermutlich auch Menschen berührt haben. Aber lasst uns nicht in einen Aktionismus verfallen, der öffentlich schön aussieht. Sondern lasst uns aktiv Andere in den Blick nehmen, die leicht übersehen werden – dass wir sie sehen, mitnehmen und nicht alleine lassen.

Zum Beispiel sehen Sie rechts oben auf dieser Webseite einen lila Button. Wenn Sie dort draufklicken, erfahren Sie in LEICHTER SPRACHE alles, was es zum Corona-Virus zu wissen gibt, auf gut verständliche Weise erklärt auf der Webseite des Kulturreferats der Stadt Nürnberg. Denn nicht jeder versteht Politikdeutsch oder Wissenschaftsdeutsch. Viel Freude beim Lesen! Und teilen Sie den Link!

Ihr/ Euer
Eberhard Hadem, Pfarrer


18. März 2020 MUT MACHEN 4

Seit heute Mittwoch, 18. März 2020, ist die Ottilienkirche bis auf weiteres

täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet
für Stille, Gebet und das Entzünden einer Kerze

Kerzen stehen zur Verfügung.
Wenn Sie etwas spenden möchten, legen Sie es in die Spendenkirche beim Ausgang.

Bitte halten Sie Abstand, wenn Ihnen Menschen in der Kirche begegnen.
Jede und jeder freut sich über einen freundlichen und achtsamen Umgang miteinander.

Gott befohlen

Eberhard Hadem, Pfarrer
für den Kirchenvorstand der Kirchengemeinde Pfaffenhofen mit Pruppach



Kerzen laden ein zu Gebet und Stille in der Ottilienkirche -
den ganzen Tag von Morgen bis frühen Abend

17. März 2020 MUT MACHEN 3

Die derzeitige Situation in Deutschland ist auch für Kirchengemeinden beispiellos und ohne Vergleich in der Vergangenheit. Uns fehlt jede Erfahrung damit. Wir suchen nach Wegen, wie wir damit umgehen können. Wir brauchen Mitchristen, die uns dabei unterstützen.

In Pfaffenhofen hat gestern der Kirchenvorstand weitreichende Beschlüsse für unser gemeindliches Leben in den nächsten Wochen gefasst:
  • Alle Gottesdienste sind bis auf weiteres abgesagt. Auch am Karfreitag und Ostersonntag finden keine Gottesdienste statt, dafür wird es besondere Zeiten und Orte der Verbundenheit geben (s.u.).
  • Alle Taufen und Trauungen werden verschoben.
  • Beerdigungen finden in veränderter Form statt (s.u.).
  • Die Konfirmation ist auf den 18. Oktober verschoben worden. Wir wollen nicht ‚klein‘, sondern ‚groß‘ und ohne Einschränkungen feiern: Mit allen Familien, der ganzen Gemeinde und den Jubelkonfirmanden.
  • Das Gemeindehaus bleibt vorerst geschlossen. Für alle Gruppen und Kreise gilt: Ab sofort finden keine Veranstaltungen im Gemeindehaus statt.
  • Alle Chorproben und Chorauftritte sind abgesagt. Gerade Chormitglieder sind aufgrund der Nähe beim Musizieren besonders gefährdet.
  • Dies gilt auch bei Beerdigungen: Es findet kein Gottesdienst in der Kirche statt. Wir gehen von der Leichenhalle mit dem Sarg oder der Urne der Verstorbenen zum Grab; dort findet eine kurze und würdige Feier statt.

    Zur Vorbereitung der Beerdigung findet das Trauergespräch im Gemeindehaus statt. Wir werden keine Beschränkungen der Zahl der Teilnehmenden festlegen wie in anderen Gemeinden – darum die dringende Bitte an alle auf dem Friedhof: Bitte halten sie liebevoll einen Abstand von 1 bis 2m ein, reichen Sie einander nicht die Hand, bedrängen Sie niemanden in Ihrer Zuwendung und gehen Sie freundlich miteinander um. Ein Blick, ein Nicken, ein Wort sind jetzt angemessener als alle körperlichen Zeichen des Trostes.

    Alle Familien, Freunde und Nachbarn, die einen Angehörigen in den nächsten Wochen begraben müssen, werden zu einem gemeinsamen Trauer- und Gedenkgottesdienst in die Ottilienkirche eingeladen, wenn die Corona-Krise vorbei ist.


Gegen diesen ‚Katalog der Traurigkeit‘ in den nächsten Wochen verbinden wir uns an gemeinsamen ‚Zeiten der Hoffnung‘:
  • Ab Mittwoch, 18. März, ist die Ottilienkirche bis auf weiteres von 9-18 Uhr geöffnet für Stille, Gebet und das Entzünden einer Kerze. Kerzen stehen zur Verfügung. Bitte halten Sie Abstand – auch in der Kirche. Bleiben sie freundlich und achtsam mit anderen Kirchenbesuchern.
  • Jeden Tag um 19 Uhr läuten die Abendglocken der Ottilienkirche und laden ein zum Gebet. Jeder ist eingeladen, innezuhalten, das Vaterunser zu beten und um den Segen des dreieinigen Gottes zu bitten: „Ich bitte dich, Vater, Sohn und Heiliger Geist um deinen Segen.“ (In den nächsten Tagen werden wir weitere Gebete und Segensworte hier einstellen.)
  • Am Karfreitag, dem 10. April, läuten kurz vor 15 Uhr im Gedenken an die Todesstunde Jesu die Glocken. Sie laden ein zum Gebet in unseren Häusern und Wohnungen.
    Ab 15 Uhr schweigen dann die Glocken – bis zum Ruf der Auferstehung im Gottesdienst am Ostersonntagmorgen 12. April. (Weitere Einzelheiten dazu werden in der Karwoche vor Ostern hier veröffentlicht.)
  • Am Ostersonntag sind Sie in der Zeit zwischen 10 und 12 Uhr eingeladen, auf den Friedhof an der Ottilienkirche zu kommen, eine Kerze an der Osterkerze zu entzünden und diese aufs Grab ihrer Angehörigen zu stellen oder sie mit nach Hause zu nehmen. Menschen, deren Angehörige woanders beerdigt sind, können ihre Kerzen zu einem besonderen Auferstehungs-Ort auf dem Friedhof bringen. (Weitere Einzelheiten folgen in der Karwoche vor Ostern.)
  • Die Geburtstagsgrüße der Kirchengemeinde werden derzeit nur per Post bzw. durch persönlichen Einwurf in den Briefkasten verteilt.
  • Die Information über die Beschlüsse des Kirchenvorstands wird in den Tageszeitungen und auf dieser Homepage veröffentlicht.
  • In der Regel erscheinen täglich Gedanken und Informationen in MUT MACHEN auf dieser Homepage.

Ich bitte Sie/Dich im Namen des Kirchenvorstands um kreative Ideen und guten Rat an meine Mailadresse: Wie können wir als Christen in Pfaffenhofen unsere Verbundenheit im Katastrophenfall stärken? Oder sprechen Sie die Kirchenvorsteherinnen und Kirchenvorsteher an.

16. März 2020
Eberhard Hadem, Pfarrer
im Namen des Kirchenvorstand der Kirchengemeinde Pfaffenhofen mit Pruppach


16. März 2020 MUT MACHEN 2

Die Bayerische Staatsregierung unter Führung von Ministerpräsident Dr. Markus Söder hat heute (16. März 2020) aufgrund der Corona-Pandemie ab sofort den Katastrophenfall für ganz Bayern ausgerufen.

Was das bedeuten wird, können wir alle noch gar nicht einschätzen. Niemand weiß, wie sich das Corona-Virus noch entwickeln wird und welchen exponentiellen Verlauf die Krankheitszahlen nehmen werden.

Der Kirchenvorstand Pfaffenhofen wird in den nächsten Tagen bekanntgeben, was er im Einzelnen für das Gemeindeleben beschlossen hat.
Wichtig ist uns:
Wir werden vieles einschränken müssen.
Wir wollen dennoch so viel Freude und Gottvertrauen wie möglich bewahren.

Wir suchen kreative Lösungen, wie wir unsere Verbundenheit stärken, auch wenn es in den nächsten Wochen eher wenige persönliche Kontakte geben wird. ‚Hand in Hand‘ denken, glauben und leben – das kann auch bedeuten: Einig im Geist Gottes sein, sich verbunden sehen und füreinander zu sorgen.

Und ich freue mich schon jetzt auf die Zeit, wo ich Ihnen und Dir ohne Bedenken wieder die Hand reichen kann!
Wenn wir uns bis dahin weiter fröhlich anlächeln und auch über 1 bis 2 Meter hinweg grüßen – das könnte eine Kultur werden, die uns in solchen Zeiten helfen kann, unsere Verbundenheit als Christen und Bürger/innen in Pfaffenhofen und den Dörfern bewusster wahrzunehmen.

Gott befohlen
Ihr
Eberhard Hadem


13. März 2020 MUT MACHEN 1

Liebe Gemeindeglieder und Bürger in Pfaffenhofen mit Pruppach und den Dörfern,

Auf dieser Webseite wird ab heute i.d.R. jeden Tag eine Botschaft erscheinen, die MUT MACHEN soll. Ermutigende Gedanken und Worte finden hier ihren Platz. Aber auch die neusten Meldungen zum Umgang mit dem Corona-Virus in den Kirchengemeinden werden weitergegeben.

Die aktuellste Pressemeldung unseres Landesbischofs Heinrich Bedford-Strohm ist von heute Sonntagnachmittag 17.00 Uhr:

Der Landeskirchenrat empfiehlt nach seiner heutigen Beratung allen bayerischen Kirchengemeinden dringend, bis auf weiteres auf alle Gottesdienste zu verzichten. Das gilt auch für Konfirmationen, Trauungen und Taufen, mit Ausnahme von Bestattungen.

Diese sehr weitgehende Bitte sowie andere Aufgaben und Herausforderungen wird unser Kirchenvorstand in den nächsten Tagen beraten und beschließen.

Die Kanzelabkündigung heute schließt mit den Worten aus 2. Tim. 1,7: Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.

Ihr/Euer
Eberhard Hadem, Pfarrer